Der Traum vom „historischen Fund“ ist ausgeträumt: Aus dem Boden nahe dem Nationalpark Kalkalpen wird vorerst kein Erdgas entnommen – weil es offenbar gar keines gibt. Viel Lärm um nichts also? Ein Lokalaugenschein.
„Welchau-1“ steht auf dem einen Schild, „Betreten der Baustelle verboten“ auf dem anderen. Was das anbelangt, hat sich zum 17. März 2024 nicht viel verändert. Das war jener Tag, an dem in Molln Gas gefunden wurde. Doch jetzt sind die Container und Bagger weg, die Betonfundamente des Bohrkellers aber noch sichtbar und die Sperrzone im Jaidhaus immer noch umzäunt.
Anfang Dezember 2024 hatte das Unternehmen ADX die Bohrungen nahe dem Naturschutzgebiet vorerst eingestellt – bei dem Fund handle es sich doch nicht um Gas, sondern um leichtes Erdöl. Zuletzt stellte sich noch dazu heraus, dass die Bohrungen laut Höchstgericht verfassungswidrig waren.
Wie es weitergeht, auch für die Mollner Bevölkerung, steht in den Sternen. „Ich bin im Zwiespalt: Einerseits war ich Gegnerin der Bohrungen, weil ich die Natur schützen will, andererseits haben wir eine Gasheizung zu Hause. Ich weiß, dass es ganz ohne Gas nicht geht“, sagt Helga Strohschneider, Mitarbeiterin eines Lebensmittelgeschäfts. Dass die Bohrungen rechtswidrig waren, findet sie „schlimm“.
„Gas aus Russland hat mit Klimaschutz nichts zu tun“
Am Wirtshaustisch gleich gegenüber sieht man die Situation gelassen. „Das Tamtam der Umweltschützer finde ich übertrieben. Man hat es versuchen müssen, denn wenn ich Gas von Russland reinbringe, hat das auch mit Klimaschutz nichts zu tun“, meint Fritz Klein.
Wolfgang Überwimmer geht noch weiter: „Wenn die (Klimaministerin Leonore, Anm.) Gewessler nach Saudi-Arabien fliegt und schaut, ob wir von dort Gas bekommen könnten, ergibt das keinen Sinn. Man muss schauen, ob es daheim Gas gibt, und dazu braucht es diese Probebohrungen. Die Leute jammern, dass alles teurer wird, und dann fahren die Politiker betteln, dass wir irgendwo Gas herbekommen. Und ob diese Bohrungen rechtswidrig waren oder nicht, interessiert mich nicht im Geringsten.“
Einige Meter weiter treffen wir Bürgermeister Andreas Rußmann: „Für mich geht’s darum, dass sich am Wirtshaustisch die Gegner und Befürworter nicht die Köpfe einschlagen. Dass ADX die Lizenzen erworben hat, ist legitim. Im Rahmen des Feldzinses hat das Unternehmen der Gemeinde Ende des Jahres 31.000 Euro gespendet.“ Ja, die erste Bohrung sei nicht so erfolgreich gewesen wie erhofft, eine erweiterte Bohrung sei beantragt und per Naturschutzbescheid genehmigt worden. „Die Frage ist, wie das nun vor dem Hintergrund dieser Bescheidbeschwerde hält. Wahrscheinlich wird sich vom Zeitverlauf her einiges verzögern“, so Rußmann. „Es ist ja nicht so, dass der Verfassungsgerichtshof jeden Tag eine naturschutzrechtliche Geschichte vom Land Oberösterreich aufhebt.“
Umweltschutzgesetz soll jetzt angepasst werden
Die Kritik der Umweltschützer kann Rußmann nachvollziehen. „Der Platz ist nicht der beste, aber solange wir fossile Energieträger für Industrie und Wirtschaft brauchen und selbst vor Ort haben, halte ich es für die beste Lösung.“
Die rechtliche Folge der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) ist weniger kompliziert, als sie klingt. Üblicherweise kann man gegen einen positiven Bescheid eine begründete Beschwerde einlegen. Diese muss erst von einem Gericht abgelehnt werden, bevor die Arbeiten beginnen dürfen, hat also eine „aufschiebende Wirkung“.
Der vom VfGH aufgehobene OÖ-Paragraf besagte, dass Beschwerden, abgesehen von wenigen Ausnahmen, den Arbeitsbeginn grundsätzlich nicht aufschieben können. Nun aber wird jene „aufschiebende Wirkung“ allen begründeten Beschwerden zuerkannt – zumindest so lange, bis das Umweltschutzgesetz angepasst wird. Genau das kündigte LH-Vize und Naturschutzreferent Manfred Haimbuchner (FPÖ), wie berichtet, am Freitag an: Man werde die Passage unter die Lupe nehmen.
ADX ist nicht überrascht
Das Urteil zur Kenntnis nehmen muss auch ADX. „Wir sind weder beunruhigt noch überrascht. Es wird wohl auf eine weitere Unterbrechung der Testarbeiten hinauslaufen“, ließ Sprecher Wilfried Seywald durchblicken, bevor das Unternehmen am Montag ein offizielles Statement veröffentlicht.
Jetzt liegt der Fall des Bohrbescheides wieder beim Landesverwaltungsgericht. „Spannend ist, wie man dort mit dieser heißen Kartoffel umgeht“, so Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbands. „In der Zwischenzeit ist die Politik gefordert, diesem Treiben ein Ende zu setzen!“
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