Kammerspiele-Premiere

Labiches „Affäre“- eine stockende Fahrt zur Hölle!

Kritik
12.01.2025 08:57

Eugène Labiches „Affäre Rue de Lourcine“ gelingt den Wiener Kammerspielen trotz glänzender Schauspieler und Elfriede Jelineks Übersetzung nur halb.

(Bild: kmm)

Ein Bürger in seiner Besitzstandsglorie weicht den einen, verhängnisvollen Schritt vom Pfad der Tugend ab, und der Sog des Abgrunds erfasst ihn in immer rasenderem Tempo. Jeder Versuch, sich zu befreien, setzt die nächste Katastrophe in Gang. Wenn am Ende alles zugedeckt ist, kehren die Personen scheinbar unbeschädigt in ihre Existenzen zurück. Aber sie sind sauber gehäckselt und wie ein Puzzle wieder zusammengesetzt, so wie zuletzt Max und Moritz.

Zahllose Schwänke, von Nestroy bis Arnold und Bach, wurden über diesem Muster errichtet. Aber keiner hat es beherrscht wie die Franzosen – Feydeau, Courteline, im gegenständlichen Fall Labiche. Welch eine Geschichte! Zwei Schwerbezechte erwachen im Ehebett des einen und meinen, im Vollrausch eine junge Arbeiterin totgeprügelt zu haben. Sich mit Entsetzen über das Begangene aufzuhalten, bleibt keine Zeit, denn es geht ans Vertuschen.

Melanie Hackl (Justine) (Bild: Theater in der Josefstadt/Moritz Schell)
Melanie Hackl (Justine)
Michael Dangl (Lenglumé), Marcus Bluhm (Mistingue) (Bild: Theater in der Josefstadt/Moritz Schell)
Michael Dangl (Lenglumé), Marcus Bluhm (Mistingue)

Elfriede Jelinek hat das Werk einst im Auftrag des Regiegiganten Klaus Michael Grüber übersetzt, und die rasierklingenscharfe Weltskepsis ihrer Sprache ist das ideale Medium für das Genre. Was hätte dem starken Ensemble und der erprobten Regisseurin Alexandra Liedtke da misslingen sollen? Doch einiges, leider. Möglicherweise aus Beklommenheit vor der Nobelpreisträgerin wurde versäumt, einfach in Höchstpräzision den Railjet zur Hölle anzuwerfen. Statt dessen wird ein mit Gesang und Pantomime überladenes Stück absurden Theaters versucht, das die knapp eineinhalb Stunden Spieldauer erstaunlich schwer und bemüht erscheinen lässt.

Melanie Hackl (Justine), Kimberly Rydell (Norine), Michael Dangl (Lenglumé), Marcus Bluhm (Mistingue) (Bild: Theater in der Josefstadt/Moritz Schell)
Melanie Hackl (Justine), Kimberly Rydell (Norine), Michael Dangl (Lenglumé), Marcus Bluhm (Mistingue)
Michael Dangl (Lenglumé), Robert Joseph Bartl (Potard), Marcus Bluhm (Mistingue) (Bild: Theater in der Josefstadt/Moritz Schell)
Michael Dangl (Lenglumé), Robert Joseph Bartl (Potard), Marcus Bluhm (Mistingue)

Michael Dangl und Marcus Bluhm spielen sich die Seelen aus dem Leib, auch Robert Joseph Bartl, Melanie Hackl und Kimberley Rydell lassen nichts anbrennen, ausgenommen den Schuh des vermeintlichen Mordopfers. Ansehbares Theater insgesamt, von dem man aber mehr erwartet hat.

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