Bittere Debatte

Was bringt eine Zuckersteuer und was nicht?

Innenpolitik
13.01.2025 06:00

Als zu teuer und wirkungslos kanzeln Ärzte die wegen dringend benötigter Staatseinnahmen auch diskutierte Abgabe auf süße Getränke ab.

Außer Frage steht für Experten, dass Übergewicht und Adipositas ein globales Problem darstellen. Kürzlich veröffentlichte Daten einer im Fachmagazin „Lancet“ erschienenen Studie zeigen, dass heute weltweit jeder achte Mensch von diesen Leiden betroffen ist. Seit 1990 hat sich die Adipositasprävalenz bei Erwachsenen mehr als verdoppelt, bei Kindern und Jugendlichen sogar vervierfacht. Wesentlicher Faktor, der mit dieser verheerenden Entwicklung in Verbindung gebracht wird: der zügellose Konsum von gesüßten Speisen und Getränken in jeder Form. „Ergebnisse großer globaler Querschnittsuntersuchungen zeigen diese Gesundheitsrisiken mit all ihren Folgeerkrankungen wie Diabetes, Schlaganfällen oder Herzinfarkten bei fast allen Altersgruppen“, schlägt Prof. Dr. Markus Metka, Anti-Aging-Mediziner der ersten Stunde und angesehener Ernährungswissenschafter, Alarm.

Die Steuer soll den übermäßigen Konsum von gesüßten Getränken und Speisen – und damit auch die Zahl von Übergewichtigen – reduzieren. (Bild: APA/ZB/Sebastian Kahnert)
Die Steuer soll den übermäßigen Konsum von gesüßten Getränken und Speisen – und damit auch die Zahl von Übergewichtigen – reduzieren.

Angeblicher Ausweg aus der Misere: Verschiedene Länder wie zum Beispiel Frankreich, Mexiko, Norwegen, Chile oder Großbritannien setzen im Kampf gegen diese Entwicklung auf eine Zuckersteuer speziell für picksüße Getränke und Softdrinks. Das soll einen gesünderen Lebensstil herbeiführen, indem die Bevölkerung dazu animiert wird, weniger süße Saftln zu konsumieren. Angepeiltes diagnostisches Ziel: Diese Maßnahmen sollen in einer merkbar reduzierten Zuckeraufnahme münden, die sich wiederum in niedrigeren Übergewichts- beziehungsweise Adipositaszahlen widerspiegelt.

Süßes würde sich für die Konsumenten verteuern
„Das Beispiel Großbritanniens zeigt, dass keine wirklich relevanten Einnahmen zu erwarten sind, weil die Getränkeindustrie völlig auf künstliche Süßstoffe setzt, um die Steuer zu vermeiden“, dämpft Univ.-Lektor Mag. Dr. Manuel Schätzer vom heimischen SIPCAN-Institut fiskalische Hoffnungen. Was – laut penibler Studie der Situation im Vereinigten Königreich – noch viel schwerer wiegt: Die Bevölkerung ist durch die Zuckersteuer dennoch deutlich übergewichtiger geworden. Zur Ausgangslage: Im Vereinigten Königreich ist die Höhe der Steuer abhängig vom Zuckergehalt. Erfrischungsgetränke, die 5 bis 8 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthalten, werden mit umgerechnet 0,21 Euro pro Liter, solche mit mehr als 8 g pro 100 ml mit umgerechnet 0,28 Euro besteuert. Angedacht war, dass die Industrie im Königreich diese Abgaben schlucken sollte, doch die Erhöhung wurde in den betroffenen Ländern sehr wohl an Konsumenten weiterverrechnet.

Künstliche Süßstoffe als Schlupflöcher
Schätzer kritisiert vor allem, dass eine heimische Zuckersteuer die intensiven und erfolgreichen Bemühungen, die Bevölkerung an eine schrittweise geringere Süße zu gewöhnen, Löffel für Löffel zunichtemachen könnte. Ohnehin ist er davon überzeugt, dass keine wirklich relevanten Einnahmen zu erwarten sind, „weil die Getränkeindustrie massiv auf künstliche Süßstoffe setzt, um die doch recht bittere Steuer zu vermeiden“. Ironie der Debatte: Für die Gesundheit der Bevölkerung hätte die Steuer – so der einhellige Medizinertenor – den gegenteiligen Effekt. Die Bevölkerung würde messbar und deutlich dicker werden, weil auch die Überflutung mit Süßstoffen nicht schlank macht. Vielmehr wecken die diversen künstlichen Mittel erst recht – durch Täuschung des Körpers – Heißhunger auf „echtes“ Süßes. Österreichs rund 600.000 Diabetiker kennen das aus eigener leidvoller Erfahrung.

Eine Diabetikerin bei der Messung des Blutzuckerspiegels (Bild: Peter Maszlen/stock.adobe.com)
Eine Diabetikerin bei der Messung des Blutzuckerspiegels

Tabak und Alkohol sollen stärker besteuert werden
Die Gesundheitskosten würden für den Staat – wie auch auf den Britischen Inseln – also langfristig unweigerlich steigen. Weiters auch immer wieder in der Diskussion: eine Erhöhung der Tabak- und Alkoholsteuer, wie sie etwa IHS-Chef Holger Bonin zuletzt gefordert hat. Im vergangenen Jahr stiegen die Einnahmen des Staates durch heimische Raucherinnen und Raucher auf 2,14 Milliarden Euro an.

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