Die FPÖ und ÖVP laden um 10 Uhr im Auditorium im Parlament zu einem Pressestatement über die Koalitionsgespräche. Seit Freitag verhandelt eine Expertengruppe, wie das stark angeschlagene heimische Budget saniert werden soll. Wie die „Krone“ bereits vorab erfuhr, wurde eine Einigung erzielt.
Blau-Schwarz macht Ernst: FPÖ-Chef Herbert Kickl, ÖVP-Chef Christian Stocker, FPÖ-Nationalratsabgeordneter Arnold Schiefer sowie ÖVP-Klubobmann August Wöginger sprechen am Montag bei der ersten gemeinsamen Pressekonferenz über „erste Ergebnisse zum budgetären Fahrplan“. Konkret dürfte man sich auf einen siebenjährigen Sanierungspfad ohne EU-Defizitverfahren verständigt haben. Maßnahmen wie der Klimabonus dürften gestrichen werden. Zum Vergleich: Die Verhandler der Zuckerl-Koalition benötigten für eine Entscheidung zum Budget rund zwei Monate, Blau-Schwarz nur drei Tage.
Geht es nach ÖVP-Chef Christian Stocker, sind diese Verhandlungen sehr gut verlaufen. Jedoch müssten er und seine Partei nun daran arbeiten, die eigene Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.
Bereits am Wochenende hatte Stocker in mehreren Interviews zugegeben, seine Reputation hätte unter der Kehrtwende hin zur FPÖ gelitten. Galt Stocker im Wahlkampf noch als einer von Kickls schärfsten Kritikern, verhandelt er seit dem Scheitern der Gespräche mit SPÖ und NEOS mit dem FPÖ-Chef eine neue Regierung. Seine Haltung dem blauen Parteichef gegenüber habe sich aber nicht geändert: „Ich weiß, was ich gesagt habe, und ich stehe zu dem, was ich gesagt habe. Und ich weiß auch, dass ich jetzt etwas mache, was ich vorher gesagt habe, dass ich es nicht tun werde“, erklärte Stocker in der neuen ORF-Sendung „Das Gespräch“. Einmal mehr gab er am Platzen der Gespräche zu dritt der SPÖ, allen voran Parteichef Andreas Babler, die Schuld.
Ich weiß was ich gesagt habe, und ich stehe zu dem was ich gesagt habe. Und ich weiß auch, dass ich jetzt etwas mache, was ich vorher gesagt habe, das ich nicht tun werde.
ÖVP-Chef Christian Stocker
Bild: Copyright by Gerhard Deutsch
Das Budget ist das drängendste Problem
Inhaltliche Verhandlungen hätten bisher noch nicht stattgefunden. Zuerst soll der größte Brocken, die Sanierung des stark belasteten Budgets, geklärt werden. Dafür tagt seit Freitag „in Permanenz“ eine Expertengruppe. Diese würden gut verlaufen, konkreter wurde der ÖVP-Chef am Wochenende aber noch nicht: „Ich gehe davon aus, dass das, was wir nach Brüssel melden müssen, auch nach Brüssel melden können“.
Bis zum 21. Jänner muss Österreich bekannt geben, wie das Budget konsolidiert werden soll. Neue Steuern hatte die ÖVP bisher immer ausgeschlossen, etwas anderes sei es, „bei bestehenden da und dort zu erhöhen“, so Stocker.
Sicherheitsbedenken wegen blauem Kanzler
„Vernommen“ habe er die Bedenken internationaler Sicherheitspolitiker und -Experten gegenüber einem blauen Kanzler und was das für den österreichischen Geheimdienst bedeute. Es gehe darum, „ein Verhandlungsergebnis zu erzielen, damit diese Bedenken auch wieder zerstreut werden“. Konkreter wollte Stocker aber auf Nachfrage auch hier nicht werden.
Wenn wir in dieser Sekunde CO2-neutral wären, hätten wir das Klima nicht gerettet, aber die Wirtschaft wäre wahrscheinlich ruiniert.
ÖVP-Chef Christian Stocker
Bild: Jöchl Martin
Die Gefahr, dass Kickl in Brüssel, etwa bei Fragen zur Unterstützung der Ukraine, anders abstimme als abgesprochen, bestehe, man könne aber nicht alles regeln, so Stocker, der diese Situation mit dem Alleingang Leonore Gewesslers (Grüne) beim EU-Renaturierungspakt verglich. Generell will er die Wettbewerbsfähigkeit nicht dem Klimaschutz „unterordnen“. „Wenn wir in dieser Sekunde CO2-neutral wären, hätten wir das Klima nicht gerettet, aber die Wirtschaft wäre wahrscheinlich ruiniert.“
Einmal mehr betonte Stocker auch, dass, nur weil man derzeit Verhandlungen führe, eine blau-schwarze Koalition noch nicht in Stein gemeißelt sei. Sollte es dazu kommen, obliege die Personalverantwortung jeder Partei für sich, meinte er, auf die Nähe der FPÖ zu den vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Identitären angesprochen. Ob er, sollten die Gespräche scheitern, als Spitzenkandidat in eine Neuwahl gehen würde, ließ er offen: „Gehen wir über die Brücke, wenn wir dort angelangt sind“.
Ex-Kanzlersprecherin: ÖVP hat ihre „DNA“ aufgegeben
Mit Stocker diskutierten im neuen TV-Format nicht nur die Journalistin Susanne Schnabl, sondern auch die ehemalige Nationalratsabgeordnete Irmgard Griss (NEOS) sowie die Strategieberaterin und ehemalige Kanzlersprecherin von Wolfgang Schüssel (ÖVP), Heidi Glück. Erstere findet die Aussicht auf Herbert Kickl als Kanzler „jedenfalls nicht beruhigend“. Zweitere ging mit Stocker und der ÖVP hart ins Gericht. Aus strategischen Gründen sei es von Anfang an falsch gewesen, Kickl als Sicherheitsrisiko zu titulieren. Damit habe man sich selbst den Spielraum in den Verhandlungen genommen. Die Volkspartei sei aber bereits in den vergangenen Jahren „relativ profillos“ geworden und habe ihre „DNA“ - etwa bei den Themen Wirtschaft oder EU – aufgegeben.
Mit der ersten Ausgabe von „Das Gespräch“ hat der ORF den Polittalk „Im Zentrum“ abgelöst, der fast 18 Jahre lang für gute Quoten sorgte, aber zuletzt durch ein „starres Konzept“ und „selten überraschende Gäste“ zusehends Kritik auf sich zog, wie ORF-Sendungsteams-Chefredakteur Johannes Bruckenberger bei der Präsentation von „Das Gespräch“ im Dezember erklärte. Die neue Sendung solle dagegen mit „größtmöglicher Flexibilität“ – auch mit Blick auf die Anzahl der Gäste – punkten. Studio und Farbgebung wurden erneuert. Diskutiert wird unter der Moderation von Susanne Schnabl an einem Holztisch.
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