72 Prozent der Jugendlichen würden gern mehr über sexuelle und reproduktive Gesundheit lernen, wie aus einem Bericht des Gesundheitsministeriums am Montag hervorgeht. Es gebe Bedarf an flächendeckender sexueller Bildung „in jedem Alter“, betonte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne).
Im österreichischen Gesundheitssystem ist sexuelle Gesundheit nicht ausreichend verankert, was eine erhebliche Lücke in einem zentralen Gesundheitsbereich darstellt, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht aus dem Gesundheitsministerium.
Ungleichheit in der sexuellen Gesundheitsversorgung
Aufgrund gesellschaftlicher Strukturen und eines historisch geprägten Gesundheitssystems erhält die sexuelle und reproduktive Gesundheit noch immer zu wenig Aufmerksamkeit, hieß weiter. Der von der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) erstellte Bericht widme sich nun auch sozialen, kulturellen und sozioökonomischen Aspekten, die die sexuelle und reproduktive Gesundheit beeinflussen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte bereits im August vorigen Jahres davor, dass beispielsweise der Gebrauch von Kondomen unter sexuell aktiven Heranwachsenden seit 2014 deutlich zurückgegangen sei, während die Rate an ungeschütztem Sex besorgniserregend hoch ist.
Versorgungslücken schließen, Barrieren abbauen
Zudem erfordert das Gesundheitssystem insbesondere für marginalisierte Gruppen eine Modernisierung und Anpassung, die einen chancengerechten Zugang sicherstellt. Vulnerable Gruppen wie Frauen, geschlechtliche Minderheiten, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen sind stark von Versorgungslücken betroffen, die durch gesellschaftliche und strukturelle Barrieren verstärkt werden. Internationale Beispiele wie Frankreich, Irland oder die Niederlande zeigen, dass eine Strategie in Zusammenarbeit mit relevanten Interessengruppen den Zugang zu sexuellen Gesundheitsleistungen verbessern kann.
Sexuelle und reproduktive Gesundheit betrifft alle Personen in jeder Lebensphase. Jede Zielgruppe hat andere Bedürfnisse, die sich nach Geschlecht, sozialem Status, Bildung, Beruf und Herkunft verändern.
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne)
Bild: APA/EVA MANHART
„Ein wesentliches Ergebnis dieses Berichts und gleichzeitig auch strategische Handlungsempfehlung ist die Notwendigkeit der Etablierung eines abgestimmten Bildes, wie zukünftig sexuelle Gesundheit umfassend und qualitätsgesichert innerhalb und außerhalb des Gesundheitssystems integriert werden kann“, sagte Sylvia Gaiswinkler, Studienautorin der GÖG.
Neues E-Learning-Tool für Gesundheitspersonal
Die WHO bietet hierfür einen geeigneten Rahmen. Ein gendersensibler, integrativer Ansatz könnte nicht nur Lücken schließen, sondern auch sexuelle Selbstbestimmung und das Wohlbefinden der Bevölkerung fördern. „Als ersten Schritt haben wir ein umfassendes E-Learning-Tool entwickelt, um Gesundheitspersonal im sensiblen Umgang mit genderdiversen Personen zu schulen“, erklärte Rauch.
Der Bericht verdeutlicht, dass es in Österreich bisher keine einheitliche Regelung gibt, wie sexuelle und reproduktive Gesundheit in der Gesundheitsförderung, Prävention und Versorgung integriert wird. Zudem variieren die Zugänge zu Informationen und Beratungsangeboten je nach Bundesland erheblich.
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