ÖVP in Bedrängnis

Vor Wahl: Anonyme Anzeige, verschenkte Grundstücke

Niederösterreich
21.01.2025 06:00

Vor den niederösterreichischen Gemeinderatswahlen ist die Stimmung angesichts der allgemeinen politischen Lage angespannt. Dass da gerade die ÖVP mit ihren 448 Bürgermeistern in 573 Gemeinden vor dem Urnengang am 26. Jänner zittert, ist logisch. Umso mehr, wenn sich Bürgermeister das Leben selbst schwer machen ...

67,80 Prozent der Wählerstimmen, elf von 15 Mandaten – die ÖVP sicherte bei den Gemeinderatswahlen 2020 die absolute Mehrheit souverän ab. Neben der SPÖ und FPÖ (jeweils zwei Mandate) trat keine weitere Partei an. Das Regieren in der Folge? Ein Alleingang der Volkspartei. Eine One-Man-Show mit Bürgermeister Andreas Neuwirth in der Hauptrolle.

Fünf Jahre später wird wieder abgestimmt. „Erstmals macht sich die Bevölkerung bei den Wahlen ernsthaft Gedanken“, fühlt FPÖ-Spitzenkandidat Gunther Lenzatti in die Stimmung seiner Mitbürger hinein. Es bewegt sich was in Droß. Es rumort. Gründe dafür gibt es viele. Die meisten davon sind von der ÖVP hausgemacht. Das jahrelange Drüberfahren über andere Meinungen und das Herrschen ohne Rücksicht auf politische Mitbewerber hat die Droßer aufgeweckt. Spätestens die Gründung der neuen Partei „Zukunft Droß“ bietet für alle Unzufriedenen eine Alternative.

Vom Vize zum Konkurrenten
Das Besondere: Spitzenkandidat ist Ex-Vizebürgermeister Christoph Kitzler. Er erlebte die Regentschaft von Bürgermeister Neuwirth aus nächster Nähe mit. „Es gehört endlich Transparenz her, ein Kassensturz ist das erste, das nötig ist“, so Kitzler, der von Neuwirth knapp vor den Wahlen von der Parteiliste gestrichen wurde. Weil er nicht nur „Ja“ und „Amen“ sagte. „Ich bin daher zurückgetreten und habe meine eigene Partei gegründet. Unsere Gemeinde braucht für die Zukunft eine Politik, die nahe am Menschen ist und die Anliegen der Droßerinnen und Droßer mit Respekt und auf Augenhöhe behandelt – fair und ernsthaft – unabhängig von Geschlecht, Herkunft, politischer Gesinnung, Alter oder Bildungsgrad.“

Christoph Kitzler und Dietmar Kirschbaum wollen mit ihrer neuen Partei Zukunft Droß Transparent in den politischen Alltag bringen. (Bild: Harald Dworak)
Christoph Kitzler und Dietmar Kirschbaum wollen mit ihrer neuen Partei Zukunft Droß Transparent in den politischen Alltag bringen.

Denn Probleme gibt es in der Gemeinde genug. An vorderster Front stehen die finanziellen Sorgen. 2,5 Millionen Euro beträgt der Schuldenstand, Kredite werden vom Land nur noch für wichtige Infrastrukturprojekte genehmigt. Sportplätze zählen nicht dazu. Daher starb auch das erhoffte Kabinenprojekt. „Wir haben dem Vereinsobmann eine Alternative angeboten. Der will mit uns vor der Wahl aber nicht darüber sprechen“, so Zukunft-Droß-Obmann Dietmar Kirschbaum. Dabei hätte er bereits eine halbe Million Euro durch Sponsoren aufgestellt.

500.000 Euro Sponsoring abgelehnt
Eine Stellungnahme des Fußball-Funktionärs blieb bisher aus. Laut Bürgermeister sei das Land am Scheitern des Neubaus Schuld. Dass die eigenen Finanzen dem Projekt einen Riegel vorschoben, wird nicht deutlich kommuniziert. Dabei hat auch schon das Land Niederösterreich ein Auge auf Droß geworfen. Auf „Krone“-Anfrage heißt es: „Die finanzielle Lage der Gemeinde bietet zwar keine Freiräume, ist aber nicht als ernst zu bezeichnen.“ Dass für die Planung des Neubaus bereits 22.000 Euro Kosten anfielen, gefällt Kirschbaum naturgemäß nicht.

„Die Gemeinde Droß agiert im Rahmen eines verantwortungsvoll erstellten Budgets und achtet auf eine nachhaltige Finanzpolitik. Die Entscheidungen wurden im Gemeinderat diskutiert, mehrheitlich beschlossen und sind im Sinne der Gemeinde und ihrer Bürgerinnen und Bürger“, gesteht Neuwirth die Verantwortung für den hohen Schuldenstand. 

Anonyme Anzeige eingelangt
Richtig ernst wird es, wenn Anzeigen gegen den Bürgermeister ins Haus flattern. Dies teilte das Dorf-Oberhaupt in einer schriftlichen Einladung zu einer Informationsveranstaltung mit: „Wir distanzieren uns von jenen Menschen, die die gute Stimmung in unserer Gemeinde durch anonyme Anzeigen gegen den Bürgermeister vergiften.“

Anzeigen gegen den Bürgermeister? Die Landespolizeidirektion weiß davon nichts. „Der Polizei in NÖ liegt keine anonyme Anzeige gegen den Bürgermeister vor“, so der Chefinspektor in einer schriftlichen Stellungnahme. „Es gibt eine anonyme Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft, nicht bei der Polizei, was in der Einladung zum Informationsabend korrekt angegeben wurde“, so Neuwirth. Eben nicht, wie (im Bild) nachzulesen ist.

Dass die Anzeige nicht bei der Polizei, sondern bei der BH einging, wird nicht wie behauptet erwähnt. (Bild: Gemeinde Droß)
Dass die Anzeige nicht bei der Polizei, sondern bei der BH einging, wird nicht wie behauptet erwähnt.

Fakt ist: Vielen Personen würden Gründe für eine Anzeige einfallen. FPÖ-Gemeinderat Lenzatti sieht zum Beispiel im Falle verschenkter Grundstücke Erklärungsbedarf. Im Gemeinderat wurde am 19. Dezember des Vorjahres beschlossen, zwei kleine Grundstücke – die nicht öffentlich zugänglich sind – den Besitzern umliegender Grundstücke eben diese zu schenken. „Prinzipiell ist es schon heikel, öffentliches Gut zu verschenken“, so Lenzatti. Dass die Gemeinde auch noch die Notarkosten, die auf Anfrage Lenzattis vor der Abstimmung nicht beziffert werden konnten, übernahm, ist angesichts der finanziellen Lage ein Hohn. Und tatsächlich ging bei der Bezirkshauptmannschaft genau zu diesem Thema eine Anzeige ein. „Da es sich um eine finanzielle Angelegenheit handelt, ist das Land dafür zuständig“, so die BH gegenüber der „Krone“.

„Die Gemeinde hat keinen Nutzen von diesen Flächen, zudem fehlt eine Zufahrt über öffentliches Gut“, begründet Neuwirth den Schritt. „Nach Gesprächen mit den betroffenen Familien, die sich bereits seit Jahren ehrenamtlich um die Pflege der Grundstücke kümmern, und einer Diskussion im Gemeinderat wurde beschlossen, die Grundstücke kostenlos zu übergeben, da der Aufwand für die Gemeinde über die Jahre höher wäre als die Grundstücke abzugeben.“ Diese Ansicht vertritt nicht jeder, wie die anonyme Anzeige bestätigt.

Keine Abnahme durch Gemeinde
Ein weiterer Grund für eine Anzeige sind illegal aufgehängte Plakate auf Gemeindegrund. Unmittelbar gegenüber des Gemeindeamtes thront nämlich folgendes Transparent ohne erkennbaren Absender:

(Bild: Harald Dworak)

Dabei geht es um die Renovierung des bereits stark verfallenen Schlosses im Ort. Eine Investmentgruppe würde wie berichtet das Schloss renovieren, ein großes Hotel samt Neubau eröffnen. Seitens der Gemeinde, die gegen das Projekt ist, will man vom Urheber nichts wissen. „Der Gemeindesekretär hat mir bestätigt, dass er nicht weiß, wer das Plakat aufgehängt hat“, so Lenzatti. Auch der Bürgermeister bestätigt, dass die Gemeinde nichts mit dem Plakat zu tun hat. Dass auf einem Acker unweit entfernt ein ähnliches Plakat mit selber Schrift und Farbe auf dem von ÖVP-Vize-Bürgermeister und Gemeindemitarbeiter Erhart Lintner gepachteten Grund steht, lässt nur Vermutungen über den Urheber zu. „Lintner wurde sogar gesehen, wie er das Plakat auf seinem Acker montiert hat“, berichten Anrainer der „Krone“. 

Dass jemand auf Gemeindegrund ohne Genehmigung politische Botschaften montiert, stört Neuwirth überraschenderweise nicht: „Da keine Verkehrsbehinderung vorliegt, ist eine Entfernung nicht zwingend vorgeschrieben und gerade vor Wahlen werden Plakatabnahmen oft kontrovers diskutiert, weshalb die Gemeinde in solchen Fällen bewusst zurückhaltend agiert.“ Wohl auch, weil die Botschaft im Sinne des Bürgermeisters ist.

Noch ein Wort zum Schlossprojekt: Während der Bürgermeister mit allen Mitteln das Hotelprojekt verhindern will, lieferte er bei der oben genannten Informationsveranstaltung ein weiteres Schmankerl. Dabei präsentierte Neuwirth dem Publikum ein Projekt seines Freundes Martin Endredy. „Tatsächlich hat Endredy mir am gleichen Abend der ÖVP/SPÖ-Veranstaltung im persönlichen Gespräch versichert, dass er keinerlei Interesse und Absichten hat, das Schloss zu erwerben. Er betonte, dass er an der Veranstaltung auf Bitten des Bürgermeisters mitgewirkt habe, um ihm entgegenzukommen“, so Franz Haubenberger, Teil der Besitzerfamilie des Schosses.

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