Sehr starke TV-Quote

„Das Gespräch“: Politische Lage als Premierenglück

Unterhaltung
13.01.2025 14:19

Sonntagabend debütierte auf ORF 2 der „Im Zentrum“-Nachfolger „Das Gespräch“ mit Moderatorin Susanne Schnabl, einem neuen Studio und drei Gästen, die zur aktuellen Polit-Landschaft diskutierten. Eine gelungene Premiere mit einer starken Quote, die aber noch Raum für Verbesserungen lässt.

Knapp acht Jahre lang moderierte Claudia Reiterer auf ORF 2 das Sonntagabend-Polittalkformat „Im Zentrum“, bevor sie von den Verantwortlichen mit Jahresende ins Aus gedrängt wurde. Für die Sendung war nach 17,5 Jahren bzw. 654 Ausgaben Schluss, das Ende der 56-jährigen Moderatorin kam für viele überraschend – sie moderierte selbst nicht weniger 274 Sendungen des in der Öffentlichkeit stets viel diskutierten Polit-Talks. Rund 20.000 Hassmails habe Reiterer im Laufe der Jahre bekommen, ein dickes Fell ist für den Posten somit unabdingbar. Seitdem die ORF-Chefredaktion den Sendungs- und Moderationswandel beschlossen hat, war von Reiterer selbst nichts mehr zu hören. Auf „Krone“-Nachfrage beim ORF wurde zu Gegenwart und Zukunft von Claudia Reiterer bislang noch kein Kommentar abgegeben.

Politisches Donnerwetter als Glücksfall
Als neues Diskussions-Flaggschiff wurde kurz vor Weihnachten „Das Gespräch“ vorgestellt. Der Nachfolger von „Im Zentrum“ feierte am Sonntag, 12. Jänner, um 22.10 Uhr seine Premiere und will sich mit einigen Neuerungen beweisen. Statt Reiterer moderiert die Infotainment-erfahrene Susanne Schnabl, das neue Studio soll mit warmen Farben Analoges und Digitales verbinden, die Anzahl der Gäste wird hinkünftig nicht mehr starr, sondern flexibel erfolgen. Das innenpolitische Donnerwetter, das Österreich seit Jahresbeginn erlebt, ist für die Sendungsverantwortlichen ein Glücksfall. Unter dem Banner „Blau-Schwarze Zeitenwende?“ begrüßt die gebürtige Kärntnerin Schnabl den designierten ÖVP-Bundesparteiobmann Christian Stocker, Kommunikations- und Strategieberaterin Heidi Glück, die einst Pressesprecherin im Kabinett Wolfgang Schüssel war und Ex-Bundespräsidentschaftskandidatin Irmgard Griss, die zwischenzeitlich mit den NEOS kokettierte.

Mit 558.000 Zusehern im Schnitt überflügelte „Das Gespräch“ den Vorgänger „Im Zentrum“ deutlich. (Bild: ORF)
Mit 558.000 Zusehern im Schnitt überflügelte „Das Gespräch“ den Vorgänger „Im Zentrum“ deutlich.

Frei nach dem Motto „Vom Gegner zum Partner?“ geht die ganz in rot gekleidete Diskussionsleiterin früh in die Vollen. Stocker wird sofort mit der fehlenden Glaubwürdigkeit seiner Partei, dem Steigbügelhaltertum für FPÖ-Chef Herbert Kickl und der unklaren Positionierung seiner eigenen Partei konfrontiert und laviert sich mit Stehsätzen durch die ersten Minuten. Die Moderatorin, die im selben Studio bis Weihnachten jahrelang den „Report“ führte, kommt zu Beginn nur einmal kurz aus dem Tritt, als sie Glück unabsichtlich mit „Frau Schüssel“ anspricht und dem sehr ernsten Abend einen unfreiwilligen, aber willkommenen Schuss Situationskomik beschert. Der Gesprächstisch hat bei einer Aufnahme von oben fast die Umrisse eines Sargs - hoffentlich kein Omen für die Zukunft des Landes.

Professionelles Gesprächsniveau
Stocker sitzt auf seiner Seite allein und wird von den drei Damen nicht mit Samthandschuhen angefasst. Schnabl ist sehr bestimmt in ihren Fragen, lässt den Bundesparteiobmann aber zu oft in den Wortschwall verfallen und verpasst zwischendurch die Möglichkeit, relevante Zwischenfragen zu brisanten Themen wie Klimaschutz, Koalitionsverhandlungen oder der EU zu stellen. Auch wenn Stocker von allen Seiten attackiert zu werden scheint, bleibt das Gesprächsniveau auf einem professionellen Level. Als Stocker den Enzyklopädien-starken Band des ÖVP-„Österreich-Plans“ herausholt, entwickelt sich ein amüsantes Wortgefecht mit Griss, die sich nicht vorstellen kann, dass die Bürger ihn lesen würden. Man habe den Leuten die Inhalte aber auch erklärt, entgegnet Stocker.

Zum Auftakt des neuen ORF-Polittalks lud Susanne Schnabl drei Gäste in die Sendung. (Bild: ORF)
Zum Auftakt des neuen ORF-Polittalks lud Susanne Schnabl drei Gäste in die Sendung.

Schnabl lässt sich von den Monologen nicht beeindrucken. „Es ist nicht das erste Mal, dass die ÖVP einen Salto rückwärts macht. Warum sollte man ihr noch glauben?“ stochert sie in offene Wunden, die auch in den Regierungsverhandlungen mitentscheidend sein werden. Dazwischen werden Stimmen von Bürgern aus Wien, Klagenfurt und Innsbruck eingeblendet, die sich zumeist ÖVP-kritisch, vor allem aber verunsichert ob der Zukunft des Landes zeigen. Mit zunehmender Fortdauer verzettelt sich das Gespräch bei den Themen Umweltschutz, Technologieoffensive oder Verfassungsschutz ins Kleinteilige, so als müsste man noch um die Stimmen der Wähler buhlen. Schnabl lässt auch am Ende nicht locker. Würde Stocker auch bei Neuwahlen ÖVP-Spitzenkandidat bleiben? Und steht Sebastian Kurz tatsächlich wieder ante portas? Beides wird weder bestätigt noch dementiert.

Starke Quoten
Die Premiere von „Das Gespräch“ hat Schnabls Diskussionsqualitäten gezeigt, aber auch ein bisschen Verbesserungspotenzial in der Sendungsführung aufgezeigt. Zufrieden zeigen kann sich der ORF auch mit der Quote der 50-minütigen Premiere. Mit bis 613.000 und im Schnitt 558.000 Zusehern überflügelte Schnabls Premiere „Im Zentrum“ deutlich. Dort schalteten 2024 im Durchschnitt 339.000 Zuseher ein. Es wird sich zeigen, wie viel Gegenwind Schnabl künftig von außen bekommen wird und wo sie die Schrauben für weitere Sendungen ansetzt, die vielleicht nicht mit so brisanten Inhalten wie dem aktuellen aufwarten können. Ein erster Etappenerfolg gegenüber „Im Zentrum“ ist einmal geschafft.

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