Wo sind Hospizgelder?

Krebsdiagnose führt zu Armut und Arbeitslosigkeit

Gesund
14.01.2025 15:11

Die Krebsdiagnose in jüngeren Jahren – 40 Prozent der Patienten sind zwischen 15 und 65 Jahre alt – führt immer öfter in die Armutsfalle und die Arbeitslosigkeit. Zudem ist derzeit nicht klar, wo die 108 Millionen Euro für das Hospiz- und Palliativwesen geblieben sind, die seit 2022 an die Länder ausgeschüttet wurden.

Die Präsentation des aktuellen Österreichischen Krebsreportes 2024 in Wien durch die Krebshilfe hat es in sich: Nachdem erstmals Zahlen zur sozialen Lage betroffener Patienten verknüpft wurden, stellt sich heraus, dass eine Vielzahl nicht oder nur teilweise in den Beruf zurückkehren kann, obwohl sie das gerne wollen. Damit einhergehen nicht nur finanzielle Einbußen bis an die Armutsgrenze, darüber hinaus wird auch der Krankheitsverlauf durch die psychosoziale Notlage negativ beeinflusst und bisweilen leiden ganze Familien. Dazu kommt noch die Belastung für das Gesundheits- und Sozialsystem.

Beispiel: Eine selbstständige Friseurin mit 52, die nach Nervenschädigungen an den Fingern durch Chemotherapie keine Haare mehr schneiden kann und keine Stelle mehr bekommt, aber auch keine neue Ausbildung mehr absolvieren kann. Sowieso gibt es für sie kaum oder keine Beschäftigungsmöglichkeit auf dem Arbeitsmarkt.

Oder die junge alleinerziehende Mutter im fortgeschrittenen Tumorstadium, die ihren Job verliert und sich nichts sehnlicher wünscht, als ihren beiden Söhnen die Matura zu ermöglichen.

Leben gerettet, Job weg
8500 Menschen erhalten jährlich während aufrechter Berufstätigkeit die Diagnose Krebs. Was wenig klingen mag, summiert sich aber schon nach 10 Jahren auf 85.000 Betroffene. Da die Therapiemöglichkeiten immer besser werden, erhöhen sich auch die Langzeitüberlebensraten. Mittlerweile werden ca. 60 Prozent der Patienten wieder gesund und könnten weiterarbeiten. Schon aus dieser Perspektive macht ein Kündigungsschutz während der Erkrankung Sinn.

„Die Wahrscheinlichkeit, nach einer Krebsdiagnose erwerbstätig zu bleiben oder wieder ins Berufsleben zurückzukehren, ist stark vom Erkrankungsalter abhängig. Besonders für Krebserkrankte ab dem 50. Lebensjahr ist eine Pensionierung innerhalb von zwei Jahren deutlich wahrscheinlicher als für Personen ohne Krebserkrankung. Das geht aus einer Analyse hervor, für die wir erstmals Daten des Nationalen Krebsregisters mit Arbeitsmarktdaten zusammengeführt und ausgewertet haben“, so Mag. Dr. Monika Hackl, Leiterin des österreichischen nationalen Krebsregisters von Statistik Austria bei einer Pressekonferenz in Wien.

Optimale Versorgung der Patienten gewährleisten
 Was einleuchtend klingt, aber noch nie davor detailliert erhoben wurde! Krebshilfepräsident Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda fordert daher von der neuen Bundesregierung die optimale Versorgung von Krebspatienten zu gewährleisten und die psychosozialen Auswirkungen abzufedern. Nicht nur aus menschlicher und medizinischer Sicht, sondern auch aus volkswirtschaftlicher.

Erstmals wurden vorhandene Daten zum Thema Krebs und Berufstätigkeit verknüpft. (Bild: Krone KREATIV/stock.adobe)
Erstmals wurden vorhandene Daten zum Thema Krebs und Berufstätigkeit verknüpft.

Hauptforderungen:

  • Aufnahme der psychoonkologischen Betreuung in die Regelfinanzierung
  • Effektiver Kündigungsschutz im Krankenstand für Krebspatienten
  • Eine für die Dienstgeber verpflichtende Wiedereingliederungsteilzeit
  • Ausbau des Angebotes für Onkologische Rehabilitation
  • Rascher Einsatz der vorhandenen Mittel für den Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung
  • Implementierung von „Cancer Nurses“ durch die Krankenanstaltenträger
  • Strukturierte Erhebung von krebsbezogenen Daten 

Angst ums Überleben
Sevelda weiter: „Wir erleben täglich in den Krebshilfe-Beratungsstellen, wie enorm die Herausforderungen für Betroffene und Angehörige sind, dazu gehören neben der verständlichen Angst um das Leben zunehmend auch Sorgen um den Beruf und durch die Krankheit verursachte finanzielle Belastungen. Seit Einführung des Soforthilfe-Fonds war es zum Beispiel notwendig, rund 4000 Krebspatienten finanziell zu unterstützen, da sie durch die Erkrankung unverschuldet in Not geraten sind. Dafür mussten rund vier Millione Euro von der Österreichischen Krebshilfe aufgewendet werden. Die Gelder stammen allesamt aus Spenden, ansonsten wäre das gar nicht möglich.“

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Die Angst von Krebspatienten um Beruf und finanzielle Belastungen nimmt zu.

(Bild: privat, Krone KREATIV)

Univ.Prof. Dr. 

Was besonders schockiert, ist der landesweit fehlende Informationsaustausch in Bezug auf das im März 2022 vom Nationalrat und Bundesrat verabschiedete Hospiz- und Palliativfondsgesetz, um den flächendeckenden Aus- und Aufbau einer spezialisierten und qualitativ hochwertigen Hospiz- und Palliativversorgung sicherzustellen. Der Fonds wurde mit 108 Millionen Euro ausgestattet. Gemäß diesem Gesetz wurden zweckgebundene Zuschüsse an die Länder verteilt.

Verwendung der Mittel für Hospiz- und Palliativversorgung intransparent
Die Präsidenten der Österreichische Krebshilfe, der Österreichischen Palliativgesellschaft und der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie sandten bereits im April 2024 eine Anfrage an alle Gesundheitslandesräte aus (das Schreiben liegt der Redaktion vor), um zu erfahren, wo diese Gelder gelandet sind.

Fazit: Sechs Bundesländer haben vage, Wien, Salzburg und die Steiermark gar nicht geantwortet. Laut Krebsreport lassen die rückgemeldeten Informationen keinen Rückschluss auf die genaue Verwendung der Mittel zu. So appelliert die Krebshilfe einmal mehr für Transparenz. Dennoch zeigt sich aber ein kontinuierlicher Ausbau der entsprechenden Versorgung.

Auch, wenn das Thema Betreuung am Lebensende kein besonders attraktives ist, geht es uns doch alle an. Nicht nur im Krankheitsfall.  „Hospiz- und Palliativversorgung ist mehr als nur medizinische Betreuung – sie ist ein Zeichen der menschlichen Solidarität und ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft. In der letzten Lebensphase braucht jeder Mensch nicht nur medizinische Hilfe, sondern vor allem auch menschliche Nähe, Trost und Würde. Dafür müssen wir gemeinsam sorgen“, so Univ.-Prof. DDr. Eva K. Masel, Vorstandsmitglied der Österreichischen Palliativgesellschaft (OPG) und der Österreichischen Krebshilfe. 

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