Es sind kleine Abfallklumpen, die Uran und Radium enthalten: In Asphalt eingebettet, bilden sie kleine, aber umso intensivere radioaktive Bereiche. An Bruchstellen tritt zusätzlich giftiges Gas aus. Kommissar Zufall brachte einen Niederösterreicher auf die Spur – die „Krone“ hat die Story und seine Forschungsbeweise.
Das Abfallprodukt der Düngererzeugung wird dem Asphalt beigemischt, um Kosten zu sparen. Anders formuliert: Das mit strahlendem Radium versetzte Restmaterial wurde von einer Firma im Rahmen einer Straßensanierung offenbar mit wenig Aufwand günstig „entsorgt“.
Plötzlich schlug das Dosimeter aus – mitten in der Stadt. Großer Aufruhr: Was ist es, das aus dem Untergrund eine gefährliche Dosis radioaktiver Strahlen nach oben schickt? Die Intensität war so hoch, dass das Rathaus Bleiplatten auf den geheimnisvollen Strahlungspunkt legen ließ. Nach Abgraben der Stelle dann die Überraschung: Die Radioaktivität ging von einem einzigen mittelgroßen Korn aus – Phosphorgips, der offenbar durch die Zerkleinerungsmaschine gerutscht war und volle Strahlkraft hatte.
Silvesterspaziergang war Ursache für Knalleffekt am Neujahrstag
Passiert ist das vor vier Jahren im deutschen Thüringen, dann wuchs Gras über den Asphalt-Vorfall. Das Baumaterial wird schließlich von finanzkräftigen Erzeugerkonzernen hergestellt, die Nachfrage ist groß, es wird viel geforscht und Neues wenig hinterfragt.
Wir gingen der rätselhaften Sache mit einem geeichten Messgerät nochmals nach – quer durch die Stadt. Der Geigerzähler schlug mehrfach aus: Den Höchstwert haben wir sogar nahe des Volksschuleinganges gemessen.
Der Göllersdorfer „Krone“-Leser – er ist vierfacher Vater
Hierzulande waren Verunreinigungen trotz ihrer hohen Strahlkraft noch kein Thema. Bis zu dem Tag, als der Zufall einen Niederösterreicher nach der Silvesternacht den gefährlichen Molekülverfall im Asphalt ans Tageslicht bringen ließ.
Der Gast eine Feierrunde in Göllersdorf im Bezirk Hollabrunn bemerkte, dass er das Dosimeter seiner Firma versehentlich noch bei sich trug. Nach einer Dorfrunde zwecks Feuerwerk-Schauen folgte der Ernüchterung des lustigen Jahreswechsels ein Knalleffekt: In der Speicherauswertung des Geigerzählers schossen an zwei Zeitpunkten die Strahlungswerte wie eine Rakete in die Höhe.
„Wir konnten uns das nicht erklären. Also kontrollierten wir nach und entdeckten auch an anderen Stellen erhöhte Messwerte. Vor allem dort, wo nach Schäden neuer Asphalt war“, bekräftigt der Mann Zweifel. Nachdem die „Krone“ den ähnlichen Vorfall in Thüringen eruierte, erhärtete sich die Vermutung, dass auch hier Phosphorgips im Asphalt „verschwinden“ könnte.
Asphalterzeuger halten Mischanteile ihrer Produkte geheim
Fakt ist jedenfalls: Offiziell werden 70.000 Tonnen Phosphorgips jährlich importiert. Auch ein Blick in ein Online-Verzeichnis der Abnehmerfirmen führt nicht zu den Endverbrauchern.
Klumpenbildung verstärkt Strahlung sehr, im Gegenteil zu Stellungnahmen
Selbiges bei zuständigen Landesstellen, Spartensprechern der Wirtschaft oder Straßenbau-Experten: Man verwies auf die ausführenden Unternehmen – diese wiederum auf ihre Zulieferer. Detaillierte „Asphaltrezepte“ sind als Ergebnis von zahlreichen Forschungen interne Verschlusssache.
Keine Bedenken jenseits des großen Teiches: Florida lässt mischen
Angesichts der in Österreich steigenden Asphaltmischproduktion von etwa sieben Millionen Tonnen jährlich fürchtet der Göllersdorfer Bürger, dass irgendwann „amerikanische Verhältnisse“ über den Atlantik schwappen: Denn in Florida wurde trotz zahlreicher Bürgerproteste die Beimischung von Chlorgips im vergangenen April für den ganzen Bundesstaat genehmigt.
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