Schlimme Vorwürfe gegen einen Altbauern, seine Tochter und deren Lebensgefährten vorgebracht: Die Schweine des Hofes hätten teilweise in prekären Zuständen gelebt, sich gegenseitig angeknabbert und seien nicht medizinisch behandelt worden. Ein Urteil fiel nicht, der 250 Seiten starke Akt muss ein andermal ausverhandelt werden.
Kranke Schweine in einem unpassenden Stall, ohne tierärztliche Behandlung, vorgeschriebene Krankenbuchten, trockene Liegeflächen und ohne Maßnahmen, um Kannibalismus unter den Masttieren zu verhindern. Schlimme Zustände, die sogar zu Nottötungen geführt haben sollen, sollen auf einem Bauernhof in Sippbachzell geherrscht haben, so lässt es zumindest die Anklage glauben.
Hof war negativ bekannt
Drei Personen mussten sich deshalb am Mittwoch am Landesgericht Wels verantworten – der pensionierte Altbauer (61), seine Tochter (32) und deren Lebensgefährte (31). Letzterer ließ sich krankheitsbedingt entschuldigen. Das Paar hat den Hof im vergangenen Februar übernommen. Kein allzu einfaches Unterfangen: Der Vater hatte schon seit 2022 öfters Probleme mit der Bezirkshauptmannschaft wegen Zuständen in der Schweinehaltung gehabt. Daher waren regelmäßige Kontrollen an der Tagesordnung, zuletzt war auch ein mehrmals angedrohtes Tierhaltungsverbot ausgesprochen worden – noch nicht rechtskräftig.
„Ich war noch nie im Stall“
Obwohl die Tochter am Papier die Geschäftsführerin des Hofbetriebs ist, gibt es eine klare Arbeitsteilung: „Ich war für das Geschäftliche, die Felder und für die anderen Tiere, also Rotwild, Schafe, Ziegen, Hühner und Hasen zuständig“, so die Angeklagte. „Mein Vater und Lebensgefährte waren für die Schweine zuständig, mein Vater hat aber dann aufgehört. Ich habe ihnen beiden immer vertraut. Ich kenne mich mit Schweinen überhaupt nicht aus!“
Keine Probleme von 1977 bis 2022
Vater und Tochter bekannten sich am Mittwoch beide nicht schuldig. Der Vater sieht die Probleme bei der neuen Amtsärztin: „Ich bin seit 1977 im Stall gewesen, und es gab nie Probleme mit ihren Vorgängerinnen und Vorgängern“, so der Altbauer. „Der Kannibalismus damals hat Höfe im ganzen Land betroffen und sich quasi über Nacht entwickelt, das hängt von Umwelteinflüssen ab. Ich kann doch nicht bei den Schweinen schlafen!“ Die Arbeitsteilung bestätigt er: „Meine Tochter wollte nie in den Stall, das hab‘ ich akzeptiert. Sie hat damit gar nix zu tun, sie ist unschuldig! Ich habe kranke Tiere von den damals 400 Mast- und 70 Zuchtschweinen ausgesondert, und mein Schwiegersohn hat sie betreut.“
„Für Kannibalismus kann kein Bauer etwas“
Eine Zeugin, die als Juristin für die zuständige Bezirkshauptmannschaft bei den Kontrollen dabei war, sah guten Willen: „Der Drittangeklagte macht einen sehr bemühten Eindruck, er will die Schweinemast und -Zucht anders führen als sein Schwiegervater. Auch den Kannibalismus kann man keinem Landwirten vorwerfen, solange rechtzeitig etwas dagegen unternommen wird“, so die Juristin.
Auch „Kümmerer“ gefunden
Dass aber die entdeckten Kannibalismus-Verletzungen während nur einer Nacht zugefügt worden seien, das bezweifelte die Zeugin. Bei der letzten Kontrolle sei man sehr kulant gewesen, da der Betrieb erst so kurz in neuen Händen gewesen war, aber aufgrund eines „Kümmerers“, eines zurückgebliebenen Ferkels habe man ein Verfahren einleiten müssen.
Amtstierärztin war erschüttert
Die Amtstierärztin war deutlich kritischer. Besonders den Altbauern bezichtigt sie, Beanstandungen nur minimal, oder gar nicht behoben zu haben. „Es gab dort über Jahre immer wieder dieselben gravierenden Mängel“, betont sie. „Auch der betreuende Tierarzt, der Vater des Drittangeklagten, war von den Zuständen bei der Kontrolle im Mai erschüttert. Ich kann auch nicht ausschließen, dass manche Tiere ohne tierärztliche Beglaubigung notgetötet worden sind. Die Situation dort war selbst für mich als erfahrene Tierärztin demotivierend, besonders, dass sich nichts verbessert hat.“
Prozess ohne Ende
Jener Tierarzt wurde noch als dritter Zeuge gehört. Auf ein Urteil wartete man am Montag vergebens: Der 250 Seiten starke Akt wird an einem neuen Termin weiter verhandelt.
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