Bald 51. US-Staat?

Kanadier empört über Trumps Eingliederungspläne

Ausland
15.01.2025 17:06

Die Haltung der Kanadier zu Donald Trumps Idee, ihr Land in die Vereinigten Staaten einzugliedern, ist eindeutig. Die Drohung des Republikaners mit „wirtschaftlicher Gewalt“ und Strafzöllen bewirkt das Gegenteil: Der kanadische Nationalstolz wächst und die Menschen betonen die Unterschiede zum übermächtigen Nachbarn im Süden.

„Es gibt nicht den Hauch einer Chance, dass Kanada Teil der Vereinigten Staaten wird“, erteilte der scheidende Premierminister Justin Trudeau Trump eine klare Absage und sprach damit vielen Kanadiern aus dem Herzen. Der Vorstoß des künftigen US-Präsidenten beschäftigt und beunruhigt die Menschen. 90 Prozent lehnen die Forderung des künftigen US-Präsidenten ab, Kanada zum 51. US-Staat zu machen, wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Angus Reid ergab.

„Wir sind eine souveräne Nation“
„Wir sind eine souveräne Nation mit einer einzigartigen Identität und Kultur, die Respekt verdient“, sagt der Geschichtsstudent Michael Connolly aus Alberta im Westen des Landes. „Die Regierung muss sich gegen den amerikanischen Imperialismus wehren.“

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Wir mögen unbekümmert und sanftmütig erscheinen. Aber täuschen Sie sich nicht, wir haben Rückgrat und sind zäh.

Jean Chrétien

Im Internet wird über die Expansionspläne mitunter gewitzelt: Werden die Sterne auf der US-Flagge durch ein Ahornblatt ersetzt, wenn Trump Kanada annektiert? Und wer bringt dem britischen König Charles III., der zugleich Kanadas Staatsoberhaupt ist, bei, dass das Commonwealth schrumpft?

Es gibt zahlreiche Unterschiede
Kommentare in den Online-Netzwerken verweisen zudem auf die Unterschiede zu den USA: Die andere Aussprache und zum Teil verschiedene Schreibweise im Englischen. Dass Temperaturen in Celsius und nicht in Fahrenheit gemessen werden, oder dass Patienten nicht für einen Arztbesuch bezahlen müssen.

US-Präsident Donald Trump mit dem scheidenden Premierminister Kanadas Justin Trudeau (Bild: APA/AFP/Nicholas Kamm)
US-Präsident Donald Trump mit dem scheidenden Premierminister Kanadas Justin Trudeau

Selbst Bewunderern Trumps geht seine fixe Idee einer Vereinigung der beiden Länder zu weit. „Ich bin sehr stolz darauf, Kanadier zu sein. Ich liebe es, in die Vereinigten Staaten zu reisen. Ich mache gerne Geschäfte in den USA, aber Kanada ist meine Heimat“, sagt Paul Koidis, ein Fan des designierten US-Präsidenten aus Toronto. Die Menschen in den USA und Kanada stünden sich kulturell nahe, doch die Mentalität sei sehr verschieden.

„Trump hat die Kanadier mehr geeint als je zuvor“
„Trump hat die Kanadier mehr geeint als je zuvor“, schreibt der ehemalige kanadische Premierminister Jean Chrétien in einem offenen Brief und nennt Trumps Äußerungen eine „beispiellose Bedrohung für unsere Souveränität“. „Wir haben eine Nation auf dem rauesten und schwierigsten Terrain aufgebaut, das man sich vorstellen kann“, heißt es in dem Brief weiter. „Wir mögen unbekümmert und sanftmütig erscheinen. Aber täuschen Sie sich nicht, wir haben Rückgrat und sind zäh.“

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Wir haben unterschiedliche Werte und die machen es unmöglich, ein Land zu werden.

Mark Brawley

Mark Brawley, US-kanadischer Professor für internationale Beziehungen an der McGill Universität in Montreal, sieht „deutliche Unterschiede“ zwischen den beiden Nationen. „Wir haben unterschiedliche Werte und die machen es unmöglich, ein Land zu werden.“ Der Freihandel zwischen Kanada und den USA seit 1994 hat die beiden Staaten einander nähergebracht. Nun aber würden Trumps Provokationen eine Gegenreaktion auslösen und „den kanadischen Nationalismus stärken“, stellt der Wissenschafter fest.

„Wir wollen keine Amerikaner sein“
Auch in der französischsprachigen Provinz Québec im Osten stößt Trumps Forderung auf Ablehnung. In ihrer Familie und im Freundeskreis werde viel darüber diskutiert, sagt Marie-Josée Roussy. „Mein Gott, nein! Wir wollen nicht der 51. Staat sein. Wir sind als Nachbarn zufrieden, wir helfen einander, wir kooperieren, aber nein, wir wollen keine Amerikaner sein“, sei die einhellige Meinung.

„Ich bemerke die Unterschiede, sobald ich die Grenze überquere“, sagt Roussy und verweist auf die weit verbreitete Waffengewalt, das große Wohlstandsgefälle und den strukturellen Rassismus in den Vereinigten Staaten. Das Gerede von einer Fusion „ist völliger Unsinn“, sagt die Kanadierin. „Aber es fängt auch an, uns Angst zu machen.“

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