„Beißt in die Beine“

Russische Gefängnisse haben „ganze Katzenkolonie“

Ausland
16.01.2025 06:00

Katastrophale hygienische Zustände, Folter und Arbeit ohne Ende – das beschreibt die Brutalität der russischen Haftanstalten in wenigen Worten. Hin und wieder dürfte es jedoch auch Lichtblicke in dieser Finsternis geben.

Mitten in der teuren Moskauer Innenstadt lauert das berüchtigte Butyrka-Gefängnis – Menschenrechtlern zufolge ist es eines der härtesten Straflager Russlands. Auf viel zu engem Raum leben die Insassen Tag und Nacht zusammengepfercht. Doch neben den ganzen Missständen gibt es auch Samtpfoten, die den Russen Trost spenden.

„In der Nähe einer der Mauern der Untersuchungshaftanstalt, auf der Seite der Sackgasse, wo sich die Innenhöfe befinden, unweit der Polizeitürme, befindet sich ein Tor. Es ist nicht vollständig geschlossen und hin und wieder kann man dort Katzen erspähen“, zitiert das russische Exilmedium Medusa eine Frau namens Luisa.

Es sind so viele, sodass sie auf dem Territorium der Haftanstalt und auch außerhalb davon leben. Oft liegen sie im Gras unweit der Gefängnismauern. Luisa hat einen solchen Vierbeiner adoptiert – die Katze Musja. Und diese hat ein ganz besonderes Schicksal.

Das ist Musja. (Bild: Luisa)
Das ist Musja.

Über Pawel und das Manifest
Am 11. Juni 2021 marschierte der damals 20 Jahre alte Pawel Krisjewitsch auf den Roten Platz und verkündete todesmutig ein Manifest gegen den Polizeistaat. Dann feuerte er Platzpatronen in die Luft und stürzte zu Boden. Nach einem Jahr und zwei Monaten in U-Haft wurde der Künstler zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt.

In der Butyrka gebe es eine „ganze Katzenkolonie“, erzählte der Russe. In Pawels Zelle biss die Katze Musja ständig den Insassen in die Beine und versuchte manchmal sogar, den Schlafenden die Ohrstöpsel aus den Ohren zu ziehen. Aber trotz ihres ungestümen Charakters wurde sie von allen gehegt und gepflegt. „Musja spaziert gar nicht in der Zelle herum, weil jeder sie abwechselnd auf dem Arm trägt“, zitiert Medusa aus einem der Redaktion vorliegenden Briefe Pawels.

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Musja hatte viele Fans, man könnte sagen, sie war in gewissen Kreisen sehr beliebt!

Luisa

„Hat nur Vorteile“
„Musja hat nur Vorteile, abgesehen von dem ganzen Stapel Seile, die sie durchgekaut, den Quadratmetern Tapeten, die sie zerrissen und den Lappen, die sie mit dem Katzenklo verwechselt hat“, meint Pawel. „Auch wenn ich es nicht mag, dass Musja ständig in meiner Hängematte schläft … und ständig auf den Briefen sitzt, während ich sie schreibe. Auch jetzt liegt sie darauf und leckt sich den Bauch“, führt der Russe aus. Aber für den Frieden, den die Katze bringe, sei ihr alles vergeben.

Als Pawel im Dezember 2022 in ein anderes Gefängnis verlegt werden sollte, plagten ihn die Sorgen. Wer würde sich dann noch um diese Katze mit dem eigenwilligen Charakter kümmern?

Neues Zuhause für den „Ex-Häftling“
Luisa war gerade auf einer Auslandsreise, als ihr eine Freundin eine Nachricht über Musjas „Befreiung“ schickte. „Vielleicht nimmst du sie?“, schwärmte sie. „Ich hätte nicht gedacht, dass so eine Katze einen neuen Besitzer sucht“, meint Luisa – „Musja hatte viele Fans, man könnte sagen, sie war in gewissen Kreisen sehr beliebt! Heute kann sich die Russin das Leben ohne die Samtpfote mit der ungewöhnlichen Vergangenheit jedenfalls nicht mehr vorstellen. Denn die Katze lenke auch sie von der harten russischen Realität ab, gesteht Luisa.

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