SS-Lied bei Begräbnis

FPÖ-Abgeordnete gewinnen gegen „Standard“

Gericht
16.01.2025 13:10

Drei FPÖ-Abgeordnete klagen das Medium „Der Standard“: In einem Artikel wird den Politikern vorgeworfen, sie hätten sich beim Singen einer nationalsozialistischen Hymne bei einem Begräbnis nicht entfernt. Laut Richter entspreche das dem Tatbestand der üblen Nachrede. Das Medium muss den Herren nun insgesamt 20.250 Euro zahlen.

„Können wir gleich zu Beginn die Emotionen außen vor lassen?“, bittet Richter Daniel Potmesil beide Seiten im Wiener Landesgericht. Etwas erfolglos. „In dieser Sache ist eine Einigung ausgeschlossen aufgrund der Schwere der Vorwürfe“, stellt Anwalt Christoph Völk sofort klar. Er vertritt jene FPÖ-Abgeordnete, die den „Standard“ wegen übler Nachrede klagen. 

„Treuelied“ bei Beerdigung von Burschenschaftler
Am 28. September veröffentlichte das Medium den Artikel mit dem Titel: „FPÖ-Kandidaten bei Begräbnis, wo SS-Treuelied gesungen wird“. Angehängt ist darin ein Video, das die Beerdigung von Ex-FPÖ-Bezirksrat Walter Sucher zeigt – und die freiheitlichen Antragssteller Martin Graf, Norbert Nemeth und Harald Stefan. Letztere zwei sind im Wiener Landesgericht persönlich anwesend.

Angekündigt wird auf dem Begräbnis das „Treuelied“, das mit Vorliebe von der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS) gesungen wurde. Und darum geht es auch in der Verhandlung. Die Klägerpartei bringt vor: „Es wurde ihnen ein Verbrechen vorgeworfen.“ Der „Standard“ hätte in seiner Berichterstattung den FPÖ-Abgeordneten nationalsozialistisches Gedankengut unterstellt. „Das ist aber schlicht falsch.“ Denn das Lied „Wenn alle untreu werden“ gäbe es seit dem Jahr 1819. „Das ist ein Studenten- und Volkslied.“ Die SS hätte es als Hymne „missbraucht“.

Von links nach rechts: Die FPÖ-Abgeordneten Norbert Nemeth und Harald Stefan mit ihren Anwälten Werner Tomanek und Christoph Völk (Bild: Jöchl Martin)
Von links nach rechts: Die FPÖ-Abgeordneten Norbert Nemeth und Harald Stefan mit ihren Anwälten Werner Tomanek und Christoph Völk

„Standard“-Anwalt Michael Pilz kontert: „Die Herren haben es sich nicht nehmen lassen, am Grab eines Burschenschaftlers eine SS-Hymne zu singen.“ In dem Artikel werde den Politikern aber keineswegs nationalsozialistisches Gedankengut unterstellt, er sei lediglich eine Auflistung von Fakten. Mit diesem Prozess käme „das Beleidigtsein der Kläger zum Ausdruck“.

„Drückt Bundesbrüderlichkeit und Freundschaft aus“
In den nächsten zwei Stunden wird eine Diskussion über Textpassagen geführt. Wurde statt „Reue“ doch „Treue“ gesungen? Warum wurde dem heiligen Deutschen Reich gehuldigt? War es die Version aus einem SS-Liederbuch? Stefan und Nemeth streiten im Zeugenstand jeglichen nationalsozialistischen Bezug ab: „Es ist ein Lied, das drückt Bundesbrüderlichkeit, Verbundenheit und Freundschaft aus.“ Ob sie aktiv mitgesungen haben am offenen Grab des verstorbenen Burschenschaftler Sucher wollen beide nicht beantworten.

Ermittlungsverfahren wegen Wiederbetätigung
Das liegt wohl auch daran, dass gegen die Politiker ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Wien anhängig ist wegen des Begräbnis-Videos – Anwalt Werner Tomanek verteidigt. In der Mediensache bekommen sie auf jeden Fall in erster Instanz recht. Richter Daniel Potmesil begründet: „Ich glaube, dass die Aussage, dass das SS-Lied gesungen wurde, wahr ist.“ Dennoch würde dem Leser des Artikels suggeriert werden, dass eine extra von der NSDAP veränderte Version gewählt wurde. Und das sei nicht richtig.

Der „Standard“ wird verurteilt, den drei Abgeordneten jeweils 6750 Euro zu zahlen – insgesamt 20.250 Euro. Außerdem muss der Spruch veröffentlicht werden. Dagegen meldet Medienanwalt Michael Pilz sofort volle Berufung an. Die Klägerseite gibt keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

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