Soll es „halb krank“ geben? Ein Innsbrucker Arbeitspsychologe fordert aufgrund von Krankenstand-Rekordwerten, die seit drei Jahrzehnten nicht mehr erreicht wurden, eine Modernisierung und bringt den „Teilzeit-Krankenstand“ ins Spiel.
Knapp 15 Tage sind Österreichs Arbeitnehmer im Schnitt im Krankenstand – zuletzt wurde sogar ein Rekordwert erreicht. Die Krankenkassen stöhnen unter hohen Ausgaben. „Versicherte sind zwar kürzer, dafür aber häufiger krank als in den Jahren davor“, heißt es im Fehlzeitenreport des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger (DVSV).
Kein Freund des Karenztages wie in Schweden
„Ein Krankenstand ist für alle ärgerlich. Er bedeutet zusätzliche Kosten für den Arbeitgeber, führt zu einer Mehrbelastung der Kollegen und hinterlässt oft ein ,schlechtes’ Gefühl bei Arbeitnehmern“, weiß der Innsbrucker Arbeitspsychologe Andreas Hermann.
Eine Bankangestellte, die nach einer Schulter-OP sechs Wochen krankgeschrieben wird, ist nach zwei Wochen womöglich so fit, dass sie stundenweise arbeiten könnte.
Arbeitspsychologe Andreas Hermann
Bild: Business Beat
Der CEO der Firma Business Beat, die auf die Befragung von Mitarbeitern in Echtzeit spezialisiert ist, hält jedoch wenig vom Karenztag, wie er etwa in Schweden exerziert und in Deutschland aktuell gefordert wird: „Soll ein ansteckender Mitarbeiter lieber ins Büro kommen oder auf eigene Kosten zu Hause bleiben?“ Bei diesem Modell stellt Hermann auch infrage, wie ein Karenztag bei einem Bauarbeiter aussehen würde, der unter einem Bandscheibenvorfall leidet.
Sinnvoll erscheint ihm hingegen die Einführung von „25-, 50- oder 75-Prozent-Krankenständen“. „Eine Bankangestellte, die nach einer Schulter-OP sechs Wochen krankgeschrieben wird, ist nach zwei Wochen womöglich so fit, dass sie stundenweise arbeiten könnte“, meint Hermann.
Homeoffice bei Erkältung einige Zeit wohl möglich
Ein positiver Effekt der Covid-Krise sei die Ausstattung der Arbeitnehmer für das Homeoffice gewesen. „Warum nutzen wir das nicht auch beim Krankenstand? Bei einer Erkältung kann man meist auch zu Hause online einem Teil seiner Tätigkeit einige Zeit nachgehen“, glaubt Hermann, betont aber, dass Homeoffice etwa für Bauarbeiter keine Alternative ist.
„Wenn jemand krank, verletzt und somit nicht arbeitsfähig ist, darf das in keinem Fall zur Diskussion stehen.“
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