„Krone“ trifft Cuche

„Hoffe, Österreich bringt wieder Spannung rein!“

Ski Alpin
23.01.2025 06:30

Didier Cuche hat auf den Skipisten dieser Welt große Erfolge gefeiert und darf sich nach wie vor Kitzbühel-Rekordsieger nennen. Mit „Sportkrone.at“ hat die Ski-Legende über den „Mythos Streif“, den Konkurrenzkampf zwischen Österreich und der Schweiz, Comebacks, die anstehende Ski-WM und die Leidenschaft zum Skifahren gesprochen. 

„Kronesport“: Für Österreich nicht immer leicht zu verdauen, aber derzeit geben die Schweizer Ski-Herren meist den Ton an. Allen voran Marco Odermatt. Doch in seinem Schatten sind längst auch andere Teamkollegen herangewachsen. Woher rührt diese aktuelle Dominanz?
Didier Cuche: Ich glaube, das Team hat sich über Jahre weiterentwickelt. Und rund um Marco Odermatt hat sich mittlerweile eine sehr positive Dynamik entwickelt. Er ist im Training ständig ein Maßstab, an dem die anderen und besonders junge Fahrer wachsen können. Gegen Odermatt zu fahren, das pusht natürlich auch. Auf der anderen Seite nimmt er dem Team durch seine Erfolge auch viel Druck. Er ist damit sicherlich ein Zugpferd der aktuellen Dominanz. 

Marco Odermatt (Bild: GEPA/GEPA pictures)
Marco Odermatt

Im Gegensatz dazu kann man in Österreich derzeit nicht an die ganz großen Erfolge anknüpfen. Warum sollten die Schweizer dennoch immer auf der Hut sein? 
Ja, es gibt derzeit nicht diese großen Erfolge, die man vielleicht gewohnt ist. Aber Österreich hat weiterhin sehr gute Athleten. Da muss man immer damit rechnen, dass die Rennen für sich entscheiden können. Sie haben es oft genug bewiesen, dass sie es drauf haben.

Medial und von den Fans gibt es immer auch Druck für die Athleten und besonders auch hinsichtlich dieser Konkurrenz zwischen Österreich und der Schweiz. Wie hast du das erlebt?
Gerade Medial ist das sicher immer eine große Sache. Als ich zu Beginn aktiv war, habe ich die Zeit erlebt, wo wir Schweizer eine schwierige Phase erlebten. Da wurden wir von unseren Medien nicht immer fair behandelt. Natürlich wissen immer alle anderen besser, was zu tun ist, um Erfolg zu haben, als du selbst. Aber ein Stück weit lebt der Sport von gewissen Kämpfen, Zweikämpfen und Nationenkämpfen. Doch dabei haben sich längst auch andere Nationen eingemischt. Es ist breiter geworden, aber es ist gut für den Sport, wenn die Rivalität zwischen Österreich und der Schweiz weiterhin erhalten bleibt. Und ich hoffe, dass Österreich wieder ein bisschen Spannung hereinbringt. Wenn es nicht dieses Jahr, dann in den nächsten Jahren.

Wird Vincent Kriechmayr rechtzeitig fit, um Österreich bei der WM zu vertreten? (Bild: GEPA pictures)
Wird Vincent Kriechmayr rechtzeitig fit, um Österreich bei der WM zu vertreten?

War dein Verhältnis zu den ÖSV-Athleten auch von dieser Konkurrenz geprägt?
Zwischen den Athleten selbst ist die Situation da wohl weniger aufgeladen. Grundsätzlich sind wir alle miteinander sehr gut und freundlich umgegangen. Ich habe sehr viele Österreicher sehr, sehr gut leiden können und hatte eine gute und lustige Zeit mit ihnen. Aber da man fast nie im selben Hotel war, hat man sich eigentlich nur bei der Startnummern-Auslosung und zu gewissen Anlässen gesehen. Klar kam man mit dem einen besser aus, als mit dem anderen. Aber so ist es doch immer im Leben. 

Im Jänner stehen im Weltcup besondere Klassiker an. Du hast ja besonders gute Erinnerungen an Kitzbühel. Was macht für dich den „Mythos Streif“ aus?
Einfach die ganze Historie, die mit diesen Rennen zusammenhängt. Da sind ja schon Legenden in die Brüche gegangen. Auf der anderen Seite wurde da auch so mancher Erfolg begründet. Die Strecke ist immer eine Gradwanderung. Richtige und falsche Entscheidungen liegen hier extrem nahe beieinander. Ein Fehler kann hier extrem wehtun. Was ein Sturz in Kitzbühel anrichten kann, sieht man etwa bei Daniel Albrecht oder Hans Grugger. Einige Fahrer dosieren auf der Streif vielleicht bewusst mehr. Aber wer den Sieg holen will, der muss ans Limit gehen und auch Grenzen überschreiten. Dabei gibt es leider nie eine Garantie, dass man heil ins Ziel kommt.

Du hast gerade das Risiko von Stürzen angesprochen. Zuletzt hat es in Bormio etwa Cyprien Sarrazin schwer erwischt. Doch er ist aktuell bei weitem nicht der einzige. Wird das Risiko im Skisport immer größer oder gehört es bei dieser Sportart einfach seit jeher dazu?
Das müsste man genauer unter die Lupe nehmen, um zu sehen, ob es riskanter geworden ist. Aber auf jeden Fall, ist man vom Niveau im Fahrerfeld näher zusammengerückt. Man merkt es extrem bei den technischen Disziplinen. Wenn es vom Schnee her passt, sind alle extrem nahe beieinander. Das zeigt, wie hoch das Niveau ist. Das bedeutet aber auch, dass die Fahrer im Speed-Bereich wohl noch mehr ans Limit gehen müssen. Doch die Faktoren Pech und Fatalität spielen immer eine gewichtige Rolle. Es passiert so schnell, auch wenn man nicht unbedingt 100 Prozent Risiko gibt, dass man einen Verschneider hat oder einen Hügel übersieht. Zu viel Druck, zu wenig Druck und dann ist es schon passiert. Und das im Bruchteil einer Sekunde. Das heißt, man kann es teilweise nicht so wirklich beeinflussen. 

Hirscher und Vonn sind zurück im Weltcup. Wie siehst du diese aktuelle Tendenz hin zu großen Comebacks?
Bei Lindsey Vonn werden wir uns das noch genauer anschauen müssen. Sie ist aktuell super drauf und auch stabil. Ich glaube, sie geht nicht mehr so an die Grenzen wie früher, weil sie weiß genau, wie dumm es wäre, sich aufgrund zu viel Risikos schwer zu verletzen. Also der Risiko, nach fünf Jahren ohne Skifahren wieder in die Welt zu kommen, ist sicher nicht weniger groß, wenn es etwas schief geht, als wenn man dann voll und dran ist. Aber das ist jeder seine, und das sollte man akzeptieren, wenn einer das wieder einmal wagen will. Und Sie haben ja schon einmal gesprochen, nach Ihrem Karriereende.

Du hast einmal angedeutet, dass auch bei dir noch ein-zwei Jahre mehr möglich gewesen wären. Wie blickst du jetzt auf deine Karriere zurück?
Wie gesagt, wahrscheinlich wäre es noch ein paar Jahre gegangen, aber wer weiß, was in diesen zwei Jahren noch passiert wäre. Vielleicht hätte es mich auch erwischt, mit gravierenden Folgen und Verletzungen. Und doch blicke ich mit etwas Wehmut zurück. Man erkennt einfach, wie toll die Zeit als Aktiver war. Während man im Weltcup fährt, empfindet man natürlich auch eine große Belastung. Termine über Termine, der Kalender immer voll und doch ist es eine wundervolle Erfahrung. Vielleicht ist es diese Sehnsucht, die gerade auch ein Antrieb für die Comebacks ist. Ich bin nun 50, schauen wir mal, was über den Winter noch passiert (lacht). Spaß beiseite, es war eine wundervolle Erfahrung in meinem Leben.

Didier Cuche verabschiedete sich in Schladming ikonisch vom Ski-Weltcup. (Bild: GEPA/GEPA pictures)
Didier Cuche verabschiedete sich in Schladming ikonisch vom Ski-Weltcup.

Wie hat sich dein Leben nach der Skikarriere verändert? 
Es war natürlich eine große Umstellung. Aber ich war beschäftigt, mit vielen Kooperationen. Aber auch im Nachwuchsbereich des Skisports habe ich mich engagiert. Ich bin Präsident vom Regionalverband meiner Region Jura. Seit 2009 bin ich schon im Vorstand, aber jetzt habe ich seit zwei Jahren die Präsidentschaft übernommen. Das macht Spaß, dort ein Stück weit, ein ganz kleines Stück von der Basis und von zukünftigen Erfolgen der Jugend mitzugestalten.

Was rätst du jungen Skifahrern?
Es geht vor allem um Leidenschaft und Spaß. Nur dadurch kann man weiterkommen. Der Skisport ist eine große Lebensschule, eine tolle und prägende Erfahrung. Klar, es kann auch hart sein, aber es kann auch aufgehen, mit einer Profi-Karriere. Aber keiner sollte diesen Weg einschlagen, weil er auf der Suche nach Berühmtheit ist. Man sollte die Leidenschaft für den Sport und das Adrenalin, das man da im Wettkampf hat, nie verlieren und versuchen der Beste zu sein. Solche Motivationen sind gesund. Aber ich würde sagen, die Jungen, die den Weg gehen wollen, sollen das machen und ihn als Chance sehen. Selbst wenn es mit dem großen Durchbruch nicht klappt, kann man viel für das Leben mitnehmen.

Und noch als letzte Frage. Die Ski-WM in Saalbach steht an. Glaubst du an Schweizer Festspiele in Österreich? Und wer hat das Potenzial zum Superstar der WM?
Ich glaube, eine Weltmeisterschaft ist immer ein bisschen speziell. Aber der Dominator des Weltcups hat immer auch ein Wort mitgesprochen. Demnach darf man schon mit Marco Odermatt rechnen. Es gab allerdings auch immer wieder Überraschungen, neue Namen, die dann triumphiert haben. Ob das ein Medaillenfestival für die Schweiz sein wird, wage ich mich nicht zu prophezeien. Aber man wird sicher rot-weiß-rot auf dem Podest sehen, ob das dann mehrmals ein Kreuz ist oder ein weißer Streif, das werden wir dann sehen. So manches Kreuz wird aber sicher dabei sein.

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(Bild: KMM)



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