Altbischof Iby wird 90

IPads und Headsets mag er lieber als fromme Kerzen

Burgenland
19.01.2025 09:00

Neben Komponist Franz Liszt gehört er zu bekanntesten Söhnen Raidings: Burgenlands Altbischof Paul Iby. Am 23. Jänner feiert er seinen 90. Geburtstag. Die „Krone“ sprach mit dem Jubilar über sein Leben, sein Comedy-Talent, sein Faible für Technik und den Wirbel um die Pachtvergabe der Pfarrpfründe.

„Krone“: Herr Altbischof, Sie feiern am 23. Jänner Ihren 90. Geburtstag. Wie geht es Ihnen?
Paul Iby: Mir geht es gut, auch gesundheitlich. Nur beim Spazieren nehme ich zur Sicherheit einen Stock.

Was ist Ihr Lebenselixier? 
Ich halte täglich nach dem Mittagessen meine Siesta. Die brauche ich! Danach bin ich wieder frisch und agil. Für mein leibliches Wohl sorgen auch meine beiden Haushälterinnen, die mich bekochen. Ich bin nicht wählerisch, nur Fisch esse ich nicht. Nicht einmal am Karfreitag. Als Kinder fischten wir oft Forellen im Raiding Bach, die meine Oma dann zubereitete. Da wurde mir schlecht. Ich hatte auch schon ein paar Mal eine Fischvergiftung. Seither kann ich Fisch nicht riechen. Am Heiligen Abend vor 15 Jahren bin ich deshalb sogar in Ohnmacht gefallen und musste ins Spital… Was mir auch gut tut, sind meine dreiwöchigen Kneippkuren. Dafür fuhr ich bis jetzt ins Kurhaus Marienkron oder Bad Kreuzen.

Ein Geistlicher muss auch mal Urlaub machen. (Bild: Diözese Eisenstadt/Walter Fikisz)
Ein Geistlicher muss auch mal Urlaub machen.
So wie hier in Israel.  (Bild: Diözese Eisenstadt/Walter Fikisz)
So wie hier in Israel. 

Blicken wir auf die vergangenen 90 Jahre zurück. Welches Erlebnis ist Ihnen in besonderer Erinnerung? 
Mein Sturz als Student mit dem Fahrrad am Sieggrabener Kogel. Ich sauste gerade die Straße herunter, als meine Gabel brach und ich über die Lenkstange flog und den steinigen Boden küsste. Die Schmerzen waren furchtbar. Der Arzt versorgte meine blutenden Wunden im Gesicht mit Watte. Ich sah aus wie der Weihnachtsmann! Ich habe auch ein künstliches Hüftgelenk und zwei Knie-Prothesen. Seither knie ich nicht mehr. Beten kann man aber auch anders. Dabei sollte man die Haltung einnehmen, die einem gut tut. Nur dann kann man zur Ruhe kommen und in sich selbst versinken.

Erinnern Sie sich auch noch an witzige Begegnungen?
Ja. Bei einem Schulbesuch lernte ich einmal einen Buben kennen, der Paul hieß wie ich. Also erzählte ich den Kindern von meinem Namenstag an „Pauli Bekehrung“, dem Kirchenfest, das am 25. Januar gefeiert wird und Apostel Paulus gewidmet ist. Als ich fragte, ob jemand wisse, wie Paulus vor seiner Bekehrung hieß, rief der kleine Pauli statt „Saulus“ lautstark „László!“ Er hatte da was verwechselt und meinen Vorgänger im Sinn! (lacht)

Iby war von 1993 bis 2010 in Amt und Würden. Dann folgte ihm Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics nach (links). (Bild: Diözese Eisenstadt)
Iby war von 1993 bis 2010 in Amt und Würden. Dann folgte ihm Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics nach (links).
Auch in Kindergarten war der frühere Bischof gerne zu Besuch. (Bild: Diözese Esenstadt/Walter Fikisz)
Auch in Kindergarten war der frühere Bischof gerne zu Besuch.

Ich habe gehört, dass ein Comedian in Ihnen steckt und Sie wunderbar parodieren und Stimmen imitieren können.
Das kann ich tatsächlich, aber nur wenn ich gut aufgelegt bin. Ich habe es schon lange nicht mehr getan.

Welche Talente schlummern noch in Ihnen?
Ich kann gut mit Blumen umgehen, habe schon als Jugendlicher mit Ablegern gepflanzt. Auch meine Orchideen dort drüben fühlen sich bei mir sehr wohl. Früher habe ich oft mit ihnen gesprochen. Jetzt schaue ich sie nur noch an und staune über ihre Schönheit. Hätten die Leute in meiner Heimat-Pfarre nicht einen Geistlichen in mir gesehen, wenn ich ministrierte, wäre ich wohl Gärtner geworden. Anfangs schämte ich mich dafür, als es hieß „Der Bua muass Pfarrer werden“, weil unser Dorfwirt mich hänselte: „Dominus vobiscum – der Pfarrer tragt d‘ Fisch‘ um.“ Aber nach und nach gefiel mir die Idee. Und so warf ich mir ein Umhängetuch meiner Mutter um und trommelte die Nachbarinnen zusammen, um mit ihnen Messe zu spielen.

„Menschen sind wie Blumen. Jeder braucht einen ganz bestimmten Platz, um wachsen und gedeihen zu können“, sagt Iby. (Bild: Reinhard Judt)
„Menschen sind wie Blumen. Jeder braucht einen ganz bestimmten Platz, um wachsen und gedeihen zu können“, sagt Iby.

Sie wuchsen mit zwei Brüdern auf dem elterlichen Bauernhof auf. Der ältere wurde Polizist, der jüngere Landwirt. Wann wussten Sie, dass Sie Ihr Leben dem Herrgott widmen wollen? 
Als auch Schwester Luzilia im Knabenseminar am Gymnasium in Mattersburg meinte: „Pauli, magst nicht Pfarrer werden?“ Ihr zuliebe sagte ich ja. Oft schenkte ich ihr ein Büschel Blumen.

Waren Sie verliebt in sie oder später in andere Frauen?
Ich hatte Mitschülerinnen gern, wurde von ihnen auch geneckt, aber konkret wurde es nie.

Sie waren stets ein aufgeschlossener, progressiver Geist. Sie haben sich für die Aufhebung des Pflichtzölibats ausgesprochen, den „Dialog fürs Burgenland“ initiiert, die diözesane Frauenkommission eingerichtet, die Anliegen der Jugend aufgegriffen, zur Versöhnung der Volksgruppen beigetragen und in Kleinfrauenhaid die Gemeinschaft „Cenacolo“ für drogenabhängige junge Männer durchgeboxt. Jetzt mit 90 sind Sie sogar auf WhatsApp! Warum? 
Damit ich für alle erreichbar bin. Ich war für technische Dinge immer zu haben. Die größte Freude habe ich nicht mit frommen Kerzen, sondern mit Computern und neuen Headsets. Ich lese auch Zeitungen digital.

Monsignore mischte sich gerne unters Volk. Bei der Priesterfußball-Europameisterschaft kickte er selbstverständlich mit. (Bild: Diözese Eisenstadt)
Monsignore mischte sich gerne unters Volk. Bei der Priesterfußball-Europameisterschaft kickte er selbstverständlich mit.
Für die österreichische Nationalmannschaft – hier mit Profi-Fußballer und Kapitän Andreas Ivanschitz – las er 2009 sogar eine Heilige Messe.  (Bild: Diözese Eisenstadt)
Für die österreichische Nationalmannschaft – hier mit Profi-Fußballer und Kapitän Andreas Ivanschitz – las er 2009 sogar eine Heilige Messe. 
Technikaffin wie er ist, stattete er auch heimischen Betrieben Besuche ab so wie hier bei „Masterfoods“ in Breitenbrunn. (Bild: Diözese Eisenstadt)
Technikaffin wie er ist, stattete er auch heimischen Betrieben Besuche ab so wie hier bei „Masterfoods“ in Breitenbrunn.

Man muss mit der Zeit gehen, sonst geht man mit der Zeit, heißt es. Viele Pfarren tun das nicht und sind mehr tot als hellwach. Was müsste die Kirche tun, um ihre Schäfchen halten zu können?
Die Kirche sind die Menschen. Sie alle sollten sich mit Ideen und Anregungen einbringen dürfen. Dafür müssen Pfarrer aber offen sein, damit sich die Leute zu ihnen trauen. Ich hätte so gerne eine Pfarre geleitet und lebendige Sonntagsmessen mit Musik und Tanz gestaltet. Aber diese Möglichkeit ergab sich nie.

Ihr Wahlspruch als Bischof war „Omnia in caritate“ – „Alles in Liebe“. Welche wohltätigen Dienste verrichten Sie immer noch? 
Ich habe mich der Gehörlosen angenommen. Hin und wieder nehme ich ihnen noch die Beichte ab und halte Gottesdienste. Ich beherrsche auch selbst ein wenig die Gebärdensprache. Ein Zeichen auf die Stirn bedeutet „Vater unser“, ein liebevolles Streicheln über die Wangen „Mutter Maria“ (zeigt es vor).

Beim Interview führte Iby gleich in die Gebärdensprache ein: „Ein liebevolles Streicheln über die Wangen bedeutet ’Mutter Maria’“. (Bild: Reinhard Judt)
Beim Interview führte Iby gleich in die Gebärdensprache ein: „Ein liebevolles Streicheln über die Wangen bedeutet ’Mutter Maria’“.
Beim Anstoßen mit seinem ehemaligen Zeremoniär Bernhard Waldhäusl und Anne Rothleitner-Reinisch, der Leiterin der Diözesanen Medien. (Bild: Reinhard Judt)
Beim Anstoßen mit seinem ehemaligen Zeremoniär Bernhard Waldhäusl und Anne Rothleitner-Reinisch, der Leiterin der Diözesanen Medien.

Im Burgenland waren zuletzt viele Landwirte verärgert, weil die Diözese die Pacht für Pfarrpfründe erhöht und neu vergeben hat. Bischof Ägidius wurde dafür scharf kritisiert.
Er hat meine volle Unterstützung. 1963, als das Esterházy‘sche Patronatsrecht abgeschafft wurde, haben Pfarrer die wirtschaftlichen Agenden übernommen und die Pfarrpfründe verpachtet. Die Pächter haben geschaut, dass sie die Preise drücken. Manche Priester stimmten dem leichtfertig zu. Jahrzehntelang gab es in vielen Gemeinden keine Pachtzinsanpassungen. Deshalb war es höchste Zeit für klare Linien und eine strenge Ordnung. Manche Bauern hat das getroffen. Deshalb waren sie böse. Geht’s ums Geld, gibt es keine Freundschaft.

Etliche haben demonstriert und auch mit Kirchenaustritten gedroht.
Wenn einem etwas nicht passt, treten die Leute aus… vielleicht waren diejenigen bei der Kirche nie ganz dabei…

Demnächst entscheidet Papst Franziskus, wer Nachfolger von Kardinal Christoph Schönbrunn wird. Haben Sie einen Favoriten? 
Nein. Nur so viel: Der neue Erzbischof von Wien sollte zugänglich und nicht abgehoben sein.

Kirchenmänner unter sich – hier mit Kardinal Christoph Schönborn. (Bild: Diözese Eisenstadt)
Kirchenmänner unter sich – hier mit Kardinal Christoph Schönborn.
Beim Treffen mit Papst Benedikt XVI. Er starb vor drei Jahren.  (Bild: Diözese Eisenstadt)
Beim Treffen mit Papst Benedikt XVI. Er starb vor drei Jahren. 
Ad Limina-Beusch der österreichischen Bischöfe 1998 in Rom. Iby überreichte Papst Johannes Paul II. damals ein Geschenk.  (Bild: Diözese Eisenstadt)
Ad Limina-Beusch der österreichischen Bischöfe 1998 in Rom. Iby überreichte Papst Johannes Paul II. damals ein Geschenk. 

Am Sonntag wird im Burgenland ein neuer Landtag gewählt. Die politischen Parteien sprechen von einer Richtungsentscheidung. Welche Richtung wünschen Sie sich?
Dass der Mensch wieder in den Mittelpunkt gestellt wird und nicht das Kapital und die Wirtschaft. Und dass die Parteien wieder den Dialog pflegen.

Und was wünschen Sie sich zum Geburtstag? 
Ich wünsche mir Gesundheit und dass ich mein Leben beschließen kann, ohne dement und ein Pflegefall zu werden. Wenn man Vieles vergisst und die Leute nicht mehr kennt – das ist eine sehr schwere Last im Alltag. Deshalb mache ich Bewegung und lese viel.

Viele Menschen, die ein hohes Alter erreichen, bereiten sich auf den Tod vor, indem Sie sich selbst und anderen unschöne Vorkommnisse verzeihen, um in Frieden aus dieser Welt gehen zu können. Haben Sie das schon getan?
Ja. Meine Verletzungen sind nicht so schwer, aber man muss vergeben können. Das sage ich auch Priestern, die anderen etwas nachtragen. Ihre Aufgabe wäre es auch, dabei zu helfen, dass Familienfeindschaften beendet werden. Am besten mitten im Leben, nicht erst kurz vorm Sterben.

Glauben Sie an ein Leben nach dem Tod und wie stellen Sie sich das vor?
Ja. Es wird so schön sein, wie wir es uns nicht denken können.

Auf der Website www.martinus.at/bischofiby können Wegbegleiter und Interessierte dem Altbischof ihre persönlichen Glückwünsche übermitteln.

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