"Pontifex austriacus"
Schönborn farewell in Vienna: barriers and co.
Cardinal Christoph Schönborn celebrated his farewell as Archbishop of Vienna on Saturday with a large thanksgiving party. Around 3,000 people attended the event in St. Stephen's Cathedral - celebrations were also held in two surrounding churches. As a result, the inner district was very crowded and security measures were correspondingly high.
After almost 30 years, the retirement of Cardinal Christoph Schönborn was celebrated in the heart of Vienna: As well as the numerous faithful, employees and confidants, representatives of public life also took the opportunity to celebrate the outgoing archbishop.
Conny Bischofberger conducted the last interview with the cardinal in 2023 for the time being - see post on X below:
In addition to Federal President Alexander Van der Bellen, Federal Chancellor Alexander Schallenberg, Vienna's Mayor Michael Ludwig and Lower Austria's Governor Johanna Mikl-Leitner as well as many other companions from Austria and abroad were present. "Krone" editor-in-chief and publisher Christoph Dichand was also present.
Federal President Van der Bellen paid tribute to Schönborn as "Pontifex austriacus" ("Austrian bridge builder"), among other things. Governor Mikl-Leitner called him a "partner with handshake quality" in the implementation of numerous projects for the preservation of churches and monasteries as well as an "outstanding pastor".
"Thank you very much, Your Eminence!"
Numerous associations and institutions paid tribute to the Archbishop - above all the Chairman of the Austrian Bishops' Conference, Archbishop Franz Lackner. "On the threshold of the 21st century, Christoph Cardinal Schönborn has played a decisive role in determining and shaping all the major developments, all the course set by the Church in Austria and also in the world," it said in a statement. Thank you, Your Eminence! We all wish you the rich blessings of heaven and all the best for the coming years!"
Schönborn himself appealed in his sermon to "have a heart for refugees" and emphasized "the good coexistence of religions" in Austria.
Verehrter Herr Bundespräsident! Nochmals alles Gute, viel Glück und viel Segen zu Ihrem Geburtstag! Mit Ihnen begrüße ich nochmals Sie alle, die in „Präsenz“ oder über die Medien mitfeiern. Ich bin berührt und kann es kaum fassen, dass Sie alle so zahlreich mit mir danken für die fast 30 Jahre meines Dienstes als Erzbischof von Wien. Ich danke für das Wohlwollen, das Sie mir dadurch bezeugen. Meinerseits kann ich heute nur ein ganz, ganz großes, DANKE sagen für alle die vielen, vielen, mit denen ich in all diesen Jahren zusammenarbeiten durfte, denen ich begegnen konnte, mit denen mich so viel verbindet. Ohne das gute, gelebte Miteinander hätte ich nie meinen Dienst tun, mein Amt aktiv ausüben können, aus dem ich mich nun bald verabschiede.
Abschied! Ich empfinde heute besonders schmerzlich den Kontrast zwischen dem freudigen Fest des Dankes, das wir feiern, und dem großen Abschied, den in unserem Land so viele Menschen meist stillschweigend von der Kirche vollziehen, allein 2023 waren es 85.000! So frage ich mich: Wie sieht eine ehrliche Bilanz meiner drei Jahrzehnte des Dienstes aus? So schnell, wie die katholische Kirche bei uns schrumpft, so rapid wächst die Zahl der Menschen ohne religiöses Bekenntnis. Andere Religionsgemeinschaften wachsen ebenfalls, etwa der Islam oder auch die vielen zugewanderten Christen aus Osteuropa und aus dem Mittleren Osten. Seltsam genug ist die Aussage von zwei Dritteln der Menschen in unserem Land, die sich wünschen, dass Österreich weiter ein christliches Land bleibt. Wie soll das alles zusammengehen? Wohin geht die Reise? Verabschiedet sich Österreich, ja ganz Europa, vom Christentum? Bleibt von ihm eine gewisse Folklore? Wird das Europa der Kathedralen ein großes Freilichtmuseum für Touristen aller Welt? Immerhin ist der Stephansdom das meistbesuchte Monument in Österreich. Was bedeutet das? Was bedeutet es, dass wir hier im Stephansdom feiern? Was bedeutet es, dass ganz Österreich, die Menschen dieses Landes, den Dom nach dem Krieg – trotz allgemeiner Armut – in so schneller Zeit wieder aufgebaut haben, fast gleich schnell, wie ganz Frankreich, das so säkulare Land, seine vom Brand schwer betroffene Notre-Dame wieder aufgebaut hat? Was zeigt sich da an Hoffnung, an Lebendigkeit?
Ich will versuchen, in zwei Schritten auf diese Frage eine Antwort zu finden: zuerst durch einen dankbaren Blick auf unser Land, auf Österreich. In einem zweiten Schritt will ich versuchen, die tieferen Quellen der Hoffnung in den Blick zu nehmen. Ich finde sie vor allem in den Worten der Bibel, die wir eben gehört haben.
1. Beginnen will ich mit meinem Dank an Österreich und mit meiner Hoffnung, dass wir gemeinsam auf einem guten Weg bleiben. Für vieles in Österreich könnte ich danken! Zwei Bereiche wähle ich aus: die Flüchtlinge und den Religionsfrieden.
Ich bin als Kleinkind im Herbst 1945 als Flüchtling nach Österreich gekommen. Österreich ist meine Heimat geworden, für die ich dankbar bin. Ich sehe mit Dankbarkeit, wie Jahr für Jahr Menschen – wie ich damals - hier Sicherheit, Arbeit und oft ein neues Leben finden. Sie kommen als Fremde und werden hier heimisch. Sie werden Österreicherinnen und Österreicher. Sie bringen ihre Sprachen, Kulturen und Religionen mit. Sie bereichern, nicht ohne Spannungen, unser Land und prägen seine Zukunft mit. Der nüchterne Blick auf die Demographie Österreichs und Europas muss uns klarmachen, dass es in Zukunft nicht anders sein wird.
Das Gelingen dieses Miteinanders von Eingesessenen und Dazugekommenen ist entscheidend für unsere Zukunft. Migration mit ihrer dramatischen Form, den Flüchtlingsströmen, bestimmt das Leben zahlloser Menschen. Österreich wird hier auch in Zukunft keine Ausnahme bilden. Danken wir, dass wir in Frieden leben dürfen. Es ist keine Selbstverständlichkeit. Ein Herz für Flüchtlinge zu haben, gehört zur Menschlichkeit. Es kann auch unser Schicksal werden.
Dankbar bin ich, dass in Österreich ein so gutes Miteinander der Religionen herrscht. Auch das ist nicht selbstverständlich. Es ist die Frucht ständigen Bemühens um gegenseitige Achtung und Wertschätzung. Es ist auch das Ergebnis einer außerordentlich guten Religionsgesetzgebung. Sie ist in Europa fast einzigartig! Ich habe mich in all den Jahren für das Miteinander der Ausbildung der Religionslehrer aller anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften eingesetzt. Es gelingt erstaunlich gut. Warum ist das wichtig? Weil wir viel zu wenig voneinander wissen – von der Religion der anderen und leider auch von der eigenen Religion. Wir nähern uns einem weit verbreiteten religiösen Analphabetismus. Die Eltern haben oft kaum das elementare Wissen über den Glauben, der in unserem Land die Generationen geprägt hat. Wie sollen die Kinder den Glauben kennenlernen? Wohin geht die Reise? Trotz allem bin ich zuversichtlich! Sie kennen das Wort von Hölderlin: „Wo Gefahr wächst, wächst das Rettende auch.“
2. Damit bin ich im zweiten Teil meiner Predigt: bei der Suche nach den tiefen Quellen der Hoffnung! Eine neuere Studie des ORF zusammen mit der Theologischen Fakultät der Universität Wien – hier möchte ich einen ausdrücklichen Dank an den ORF sagen für die Übertragung und für seine im Europavergleich hervorragende Religionsberichterstattung, treu dem öffentlich-rechtlichen Auftrag des Gesetzgebers – über Religion in Österreich hat ein für mich überraschendes und erfreuliches Ergebnis gezeigt: ein neues, stärkeres religiöses Interesse bei der jungen Generation! Ganz überraschend ist es nicht, wenn wir ernst nehmen, dass in jedem Menschenherzen die Suche nach Sinn und Erfüllung lebt. Religion, Glauben als einen persönlichen Weg zu entdecken, ist gerade in unserer scheinbar glaubensfernen Welt immer möglich. Wie erklärt es sich, dass im säkularen Frankreich am letzten Osterfest 13.000 meist jüngere Erwachsene um die Taufe angesucht haben? Der religiöse Analphabetismus kann auch, so bedauerlich er ist, eine Chance sein für ein neues Suchen nach Sinn und ein Entdecken des Glaubens.
Das heutige Evangelium spricht von einer solchen Erfahrung. Jesus sieht Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und spricht ihn an: „Da stand Levi auf und folgte ihm nach“. Wenn ich gefragt werde, wie es denn mit der Kirche weitergehen wird, dann erzähle ich gern diese Geschichte. Denn so geht es bis heute weiter. So wird es auch in Zukunft weitergehen. Mitten im Leben erfahren Menschen eine Art „Folge mir nach.“ So war es für mich in der ersten Klasse Gymnasium, es hat mein Leben bestimmt. Es ist immer noch dieser Ruf. Das ist die unerschöpfliche Ressource, aus der der Glaube sich in allen Generationen neu und frisch erweist. Sonst wäre er längst erloschen, an seinen Traditionen und Institutionen erstarrt und erstickt oder erfroren. Dass er immer wieder frisch und lebendig ist, das liegt an dem, der heute weitergeht und die Levis und die Christophs und die vielen anderen anspricht: „Folge mir nach.“
Ein Zweites wird immer weitergehen und sich neu ereignen. Jesus hat den Levi in eine Gemeinschaft geführt: seine Jünger! „Es waren nämlich viele, die ihm nachfolgten“, berichtet Markus. Bis heute sind es viele. Und sie sind so verschieden, wie es die Ersten waren, die zu einer Gemeinschaft wurden. Die Zwölf Apostel waren alles eher als eine homogene Gruppe. Sie kamen aus radikal verschiedenen, ja verfeindeten jüdischen Gruppen und wurden zu einer Gemeinschaft. In den 70 Jahren meines bewussten Lebens in der Kirche habe ich eine große Bandbreite erlebt, das spannende, oft spannungsreiche Miteinander so großer Unterschiede, auch in der Kirche in Österreich, in unserer Erzdiözese Wien. Ich habe – vielleicht anders als andere – die Kirche als große Weite erlebt. Jesus hat seine Jünger „Freunde“ genannt (Johannes 15,15), und so wurden sie untereinander Freunde. So habe ich das Glück gehabt, Kirche zu erleben und sie zu lieben – trotz und durch alle Konflikte hindurch.
Ein Drittes zeigt das Evangelium vom Zöllner Levi: Jesus hat nicht moralisiert. Er hätte zuerst dem Levi die Leviten lesen können, ihm sagen können, wie schrecklich unmoralisch sein Beruf als verhasster Steuereintreiber ist. Stattdessen hat er mit ihm und seinen Berufskollegen ein Fest gefeiert: „Wie kann er mit Zöllnern und Sündern essen?“, empören sich die Pharisäer. Die Antwort Jesu macht bis heute den entscheidenden Unterschied zwischen Moralisieren und Heilen: „Ich bin nicht gekommen, um Gerechte zu rufen, sondern Sünder.“ Mein Freund Peter Turrini lässt in einem seiner Stücke einen Priester sagen: „Die Sünde muss wieder benannt, die Gnade wieder erfleht werden.“ Die Sünden müssen benannt werden! Sie sind manchmal himmelschreiend: Menschenhandel, Missbrauch, Umweltzerstörung, Korruption, Ausbeutung, Tötung Unschuldiger.
Jesus nennt Levi einen Sünder, aber er richtet ihn nicht: „Auch ich verurteile dich nicht!“, sagt er zur Ehebrecherin. Die Sünde benennen zu können, ohne zu verurteilen und zu richten, das ist wohl die tiefste Quelle der Hoffnung. Es ist wohl das, was am tiefsten ein Leben verändert, umkehrt, neu macht.
Wohin geht die Reise? Was erwartet uns? Wie geht es mit der Kirche weiter? Oder hat gar Gott ausgedient, wie neulich eine Diskussionsrunde betitelt war? Warum bin ich auch nach 30 Jahren im Amt des Erzbischofs „unverbesserlich“ hoffnungsvoll? Sicher zuerst, weil ich selber erlebt habe und erlebe, dass, wie es in der Lesung hieß, das Wort Gottes lebendig ist: „Vor ihm bleibt kein Geschöpf verborgen, sondern alles liegt nackt und bloß vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft schulden.“ Vor Gott und seinem Wort kann und brauche ich mich nicht verstecken. Ich schulde Gott Rechenschaft über meinen Dienst. Vor ihm liegen offen mein Bemühen und meine Fehler, meine Sünden, die Er kennt, und mein Bemühen. Aber ich brauche Gott nicht zu fürchten: „Wir haben ja Jesus, den Hohepriester, der mitfühlen kann mit unseren Schwächen.“
Mitgefühl ist das, was erst eine Gesellschaft menschlich macht. Unbarmherzigkeit vergiftet die Gesellschaft und uns selbst. Ich liebe das Wort von André Heller, der von der „Weltmuttersprache Mitgefühl“ gesprochen hat. Sie verstehen alle Menschen. Sie muss nicht erlernt werden. Sie schenkt Vertrauen und Zuversicht. Sie macht uns bewusst, dass wir eine Menschheitsfamilie sind, alle aufeinander angewiesen, wir brauchen einander: Lassen wir uns nicht auseinanderdividieren, bei allen Unterschieden und Konflikten. Jesus sagt es ganz einfach: „Liebt einander!“
Ich danke Ihnen allen für das Wohlwollen, das Sie mir erweisen. Mein größter Wunsch: Das gegenseitige Wohlwollen soll nie verloren gehen, auch wenn wir miteinander Konflikte haben. Die Italiener sagen, wenn sie gegenseitig ihre Liebe ausdrücken: „Ti voglio bene!“ – „Ich will Dir gut!“. Wohlwollen einander zu schenken ...
Schwestern und Brüder! Wenn es stimmt, dass Gott die Liebe ist, dann kann er nur Wohlwollen sein, grenzenloses Wohlwollen. Aber dann werden Sie mich fragen – und ich frage mich selbst: Warum gibt es dann so viel Not und Leid und Hass in der Welt? Wo ist da Gott? Er ist in unserem Wohlwollen, das wir einander schenken!
Ti voglio bene! Amen.
Cathedral and St. Stephen's Square closed
The thanksgiving service started at 2 p.m. in St. Stephen's Cathedral and was broadcast to two "co-celebrating churches" - the Dominican Church and the Jesuit Church. Part of the cathedral square and St. Stephen's Cathedral had been closed to visitors since late morning for security reasons. Visitors were only admitted with authorization within a certain time frame, so it was not possible to pass by spontaneously. The same applied to the two co-celebrating churches.
Ecumenical baptism commemoration
The service began with an ecumenical baptismal commemoration at the glass baptismal font in the middle of the cathedral. Leading personalities from 16 other Christian churches in Austria, including six bishops such as Michael Chalupka from the Evangelical Church A.B., Maria Kubin from the Old Catholic Church and Arsenios Kardamakis from the Greek Orthodox Church, renewed their baptismal vows together with the Archbishop.
Some insights into the preparations for the big thanksgiving celebration:
"Living" Gospel Book
Before the Gospel was proclaimed, a Gospel book was passed through the rows of pews: "The book was made for the diocesan process in the 2000s and originally contained blank pages between the four Gospels," the Archdiocese of Vienna announced.
"Over the years, it passed through many hands and the blank pages were filled with the signatures of several thousand people who pledged to contribute to a missionary church with their bishop everywhere and at all times through their witness of life." The last blank pages are filled with the archdiocese's missive to its outgoing archbishop.
In a nutshell
- The Archdiocese of Vienna has set up its own web portal for Schönborn's retirement. It lists all the information and the various ways of saying thank you and farewell.
Special offertory procession
Finally, the bread and wine were presented by seminarians and people from other language communities, the archdiocesan refectory and the Community of the Lamb - in whose monastery Cardinal Schönborn will live in retirement.
At the end of the mass, before Cardinal Schönborn solemnly blessed his diocese for the last time as archbishop, the archdiocese blessed him. All the cathedral conductors and cathedral organists from Cardinal Schönborn's time in office were represented in the selected musical program.
Schönborn will be 80 years old on January 22, when the Pope is expected to finally accept his resignation.
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