„Schneiders Brille“

Ein ganz Großer

Vorarlberg
18.01.2025 16:25

Am 15. Jänner ist der amerikanische Kultregisseur David Lynch verstorben. „Krone“-Kolumnist Robert Schneider über einen Mann, dessen ganze Genialität man wohl erst in Zukunft erfassen wird.

Viermal war er für den Oscar nominiert, bekommen hat er ihn nie, obwohl jeder seiner Filme einen verdient hätte. Als die Academy dann 2019 merkte, dass er noch nie ausgezeichnet worden war, drückte sie ihm so schnell mal den Ehrenoscar in die Hand. Abgehakt.

David Lynch, der vor einigen Tagen verstorbene Großmeister des surrealistischen Filmgenres, hat meine Art, Kino zu erleben, ganz maßgeblich geprägt. Seine Bilder hatten immer einen doppelten Rahmen, seine Geschichten dreifache, vierfache Böden. Als Student sah ich seinen „Elephant Man“, die wahre Geschichte des Joseph Merrick, dessen Körper von Geburt an schwer deformiert, das Gesicht entstellt war. Lynch gelang es, hinter einer fürchterlichen Fratze die sublimste, liebendste Seele zu schildern, die ich je auf der Leinwand gesehen habe. Mich rührte dieser Film zu Tränen. Der Schwarz-weiß-Streifen war für acht Oscars nominiert. Verdient hätte er zwölf. Bekommen hat er keinen.

Aber Lynch war über Nacht berühmt geworden. Die Studios riskierten Geld. Viel Geld. 25 Millionen Dollar für Frank Herberts Wüstenepos „Dune“, das ein gigantischer Flop wurde. Die Filmkritik überschlug sich in Häme und Bösartigkeit. Lynch war am Boden, trieb verzweifelt Geld für seinen nächsten Film auf – „Blue Velvet“. Auch dieser Film floppte, ähnlich wie „Blade Runner“ von Ridley Scott. Aber beide Filme wurden im Lauf der Jahre zu Kultfilmen, die das Genre der Science-Fiction für immer veränderten.

Mit der Fernsehserie „Twin Peaks“ gelang ihm nochmals ein kommerzieller Höhenflug, den er mit einem Prequel fürs Kino wieder zunichtemachte. Ab da galt Lynch in Hollywood als „Risikofaktor“. Um sich über Wasser zu halten, drehte er Werbespots für Karl Lagerfeld, Adidas und Barilla-Nudeln.

Er war ein ganz Großer. Und er wird größer werden, weil er seiner Zeit so weit voraus war.

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