Vom „ewigen“ Eis der Arktis kann nicht mehr die Rede sein, denn das Eis im Nordpolarmeer schmilzt unaufhaltsam. Der Klimawandel macht die Region für die Schifffahrt zugänglicher und fördert seltene Bodenschätze zutage. Das weckt Begehrlichkeiten …
Im „Rennen“ um die Arktis sehen politische Beobachter Russland vorne, die USA drängen unter Donald Trump aber auf mehr Einfluss. Nicht anders sind die Drohungen des Republikaners zu deuten, Grönland im Notfall mit militärischer Gewalt als 51. Bundesstaat in die Vereinigten Staaten einzugliedern. Die größte Insel der Welt verfügt über viele jener Rohstoffe, die für eine erfolgreiche Energiewende essenziell sind. Unter den dicken Eisschichten Grönlands stecken kaum ausgebeutete Reserven an Uran, Gold und Seltenen Erden. Laut der deutschen Rohstoffagentur (DERA) würden allein die Vorkommen an Seltenen Erden den Weltbedarf für 150 Jahre decken.
Interessant ist Grönland für die Vereinigten Staaten aber nicht nur wegen seiner Bodenschätze. Mit einer Eingliederung hätten die Vereinigten Staaten auch einen viel größeren Zugang zum Nordpolarmeer, der sich bisher lediglich auf die vor Alaska liegenden Seezonen beschränkt. In der Arktis-Strategie der US-Regierung wird das Gebiet als „strategisch wichtige Region“ beschrieben. In die gleiche Richtung sei auch Trumps Rhetorik gegenüber Kanada zu deuten, sind sich politische Beobachter einig. Trump dürfte darauf abzielen, die US-Grenze weiter nach Osten zu verschieben, um Russland und China einzudämmen und die Europäer zu kontrollieren, erklärt der Politologe Heinz Gärtner.
Russland hatte mit vielen Ländern bilaterale Abkommen. Jetzt erleben wir ein Wettrüsten in der Arktis.
Politologe Heinz Gärtner
Bild: krone.tv
Russland und China wollen Kontrolle über Handelswege
Russland ist der größte geopolitische Player in der Arktis. Wladimir Putin erhob 2023 Anspruch auf weitere 1,2 Millionen Quadratkilometer in der Region. Rund die Hälfte des arktischen Territoriums gehört bereits zu Russland. Moskau baute seine Militärpräsenz in der Arktis in den vergangenen Jahren im Hinblick auf den Ukraine-Krieg und die NATO-Beitritte Schwedens und Finnlands aus. Alte Sowjetstützpunkte und Flugplätze wurden reaktiviert. Der Kreml investierte zudem in riesige Industrieprojekte, wie schwimmende Kernkraftwerke oder im Permafrost verankerte Gasverarbeitungsanlagen. Russland verfügt zudem über die größte Eisbrecherflotte der Welt. Dazu zählen gigantische Schiffe mit Nuklearantrieb: Ein Mittel zur Kontrolle des Schiffsverkehrs im Nordpolarmeer.
Unterstützt wird Russland beim Ausbau seiner Vormachtstellung von China. Die US-Regierung bezeichnet das Land als „wichtigen Geldgeber für die russische Energieausbeutung in der Arktis“. Beide Länder kooperieren in der Region aber auch militärisch, wie gemeinsame Übungen vor der Küste Alaskas gezeigt haben. China investierte in den vergangenen Jahren viel Geld in die Erforschung der Polargebiete. Die russisch-chinesische Zusammenarbeit sei aber nicht konfliktlos, erklärte Gärtner. Etwa im Hinblick auf eine „polare Seidenstraße“. Für beide Atommächte stehe die Kontrolle von Handelsrouten, wie der Nordwestpassage, aber im Mittelpunkt.
Experte: „Erleben ein Wettrüsten in der Arktis“
Dem gegenüber stehen die verbliebenen Arktis-Anrainer Kanada, Norwegen, Island und Grönland (Dänemark), die – wie die USA – ausnahmslos der NATO angehören. Die Seegrenzen zwischen den jeweiligen Zonen sind in vielen Fällen nicht eindeutig, einige Gebiete sind nach wie vor umstritten. Spätestens seit dem Austritt Russlands aus dem Arktischen Rat nach dem Beginn der „militärischen Spezialoperation“, nahmen die Spannungen zu. „Bis 2022 war es keine Konfrontation. Russland hatte mit vielen Ländern bilaterale Abkommen. Jetzt erleben wir ein Wettrüsten in der Arktis“, erläuterte Gärtner. Die Arktis sei zu einer „russischen Priorität“ geworden.
Vor allem aus wirtschaftlicher Sicht ist die Kontrolle über die Arktis erstrebenswert. Ist das Eis im Nordpolarmeer erst einmal weitgehend geschmolzen, werden bisher schwer zugängliche Seewege wie die Nordwestpassage über weite Teile des Jahres schiffbar. Bestehende Seewege über Nadelöhre wie den Panama- oder Suezkanal könnte das massiv verkürzen und weniger wichtig machen. Die Kontrolle über die Passagen ist sowohl für Russland und China, als auch für die USA ein lukratives Geschäft.
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