Orkan und Kälte wurden zum tödlichen Verhängnis: Der Kalser Bergretter Toni Riepler schilderte gegenüber der „Krone“ den dramatischen Rettungseinsatz für zwei Salzburger Alpinisten in der Nacht auf Sonntag am Großglockner. Für eine 33-Jährige kam leider jede Hilfe zu spät. Die Frau erfror rund 50 Meter unterhalb des Gipfels.
Die Alpinistin und ihr 36-jähriger Freund waren, wie berichtet, am Samstag um 6.45 Uhr von Kals mit Tourenskiern und Hochtouren- bzw. Kletterausrüstung Richtung Glockner gestartet. Das Duo wollte Österreichs höchsten Gipfel über den Stüdlgrat erklimmen und dann über Kleinglockner und Erzherzog-Johann-Hütte (Adlersruhe) absteigen. Doch dazu kam es nicht.
Starker Wind erschwerte Aufstieg
„An sich herrschten gute Verhältnisse, aber orkanartiger Wind machte den Aufstieg sehr schwierig“, schildert der Kalser Bergretter Toni Riepler, der auch Wirt der Erzherzog-Johann-Hütte ist.
Gegen 13.30 Uhr erreichten die Salzburger laut Polizei das sogenannte „Frühstücksplatzl“ in rund 3550 Meter Höhe. Für diese Stelle gilt: Wer länger als drei Stunden von der Stüdlhütte bis hierher brauchte, sollte besser umkehren.
Das tat das Duo aber nicht. Trotz technischer Probleme und konditioneller Schwierigkeiten stiegen sie weiter auf. Gegen 18 Uhr wurden die zwei Alpinisten dann von Webcams in Form von Lichtpunkten erfasst.
Fotos von der Webcam zeugen vom nächtlichen Einsatz:
Route im Winter noch viel fordernder
Für die Route über den Stüdlgrat (Schwierigkeitsgrad im unteren Vierer-Bereich) zum Glockner brauchen laut Riepler Bergführer mit Gästen im Sommer zwischen drei und fünf Stunden. Eine Winterbesteigung ist freilich um einiges fordernder, vor allem bei Orkan und entsprechender Kälte. Windchill (gefühlte Temperatur viel kälter, Anm.) macht das Klettern noch einmal fordernder.
Wir stiegen zu sechst in rund fünf Stunden zu der Frau auf, weil der Polizeihubschrauber uns wegen des Sturms nicht ganz nach oben bringen konnte.
Bergretter Toni Riepler
Bild: Wallner Hannes
„Bei Sturm ist es schwierig, mit dem Seilpartner zu kommunizieren – vor allem bei langen Seilabständen – die Finger sind kalt, das Gehen mit Steigeisen erleichtert das Klettern nicht“, weiß Riepler aus Erfahrung.
Frau wollte, dass ihr Freund alleine absteigt
Warum das Paar in der Nacht weiter nach oben kletterte, ist unklar. Andere Bergsteiger hatten wegen des Orkans rechtzeitig umgedreht. Jedenfalls kamen die beiden schließlich gegen Mitternacht rund 50 Meter unter dem Gipfel nicht mehr weiter. Die 33-Jährige war zu erschöpft. Offenbar konnte ihr Freund telefonisch von der Stelle aus nicht Alarm schlagen.
Laut Polizei blieb der 36-Jährige noch einige Zeit bei seiner Freundin. Die forderte ihn dann allerdings auf, allein zur Adlersruhe abzusteigen. Der 36-Jährige kam dem Wunsch seiner Partnerin nach. Gegen 3.40 Uhr gelang es ihm dann, von der Adlersruhe aus Alarm zu schlagen.
Ein äußerst fordernder nächtlicher Rettungseinsatz der Bergrettung Kals und der Alpinpolizei startete. „Wir stiegen zu sechst in rund fünf Stunden zu der Frau auf, weil der Polizeihubschrauber uns wegen des Sturms nicht ganz nach oben bringen konnte“, schildert Toni Riepler. Dem Heli gelang es dann weitere Einsatzkräfte auf rund 3200 Meter zu fliegen.
Frau bei eisiger Kälte erfroren
Als die Bergretter und Alpinpolizisten beim Opfer eintrafen, kam für die Frau allerdings jede Hilfe zu spät. Die völlig erschöpfte Alpinistin war bei eisiger Kälte knapp unterhalb des Glockners erfroren.
Auch Leichenbergung extrem schwierig
Die Bergung der Leiche stellte die zwölf Einsatzkräfte, die bis ganz nach oben gestiegen waren, vor neue Herausforderungen. Denn der Hubschrauber kam weiterhin nur bis auf 3200 Meter Höhe. So musste die Tote rund 600 Meter über den Grat nach unten transportiert werden. „Wir mussten sie immer wieder abseilen, die längste Abseilstrecke betrug etwa 300 Meter“, schildert Riepler den extrem fordernden Einsatz. Schließlich flog der Polizeihubschrauber die Tote ins Tal.
Den unverletzten Seilpartner und Freund der Frau brachten die Bergretter ebenfalls hinunter zu dem Bereich, wo ihn der Hubschrauber aufnehmen konnte.
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