Neo-Salzburg-Trainer Thomas Letsch nahm sich viel Zeit für ein großes Interview mit der „Krone“. Der 56-Jährige sprach dabei über das Champions-League-Duell bei Real Madrid, seine Spielidee, die aktuelle Mannschaft und warum ihn der Job bei den Bullen so gereizt hat.
Herr Letsch, morgen treffen Sie in Ihrem ersten Pflichtspiel als Salzburg-Coach auf Real Madrid. Wie groß ist die Vorfreude?
Ich war im Oktober in Barcelona und habe dort Hansi Flick und Co-Trainer Marcus Sorg über die Schultern schauen dürfen. Da war ich dann auch in Madrid dabei und habe das Bernabeu gesehen. Jetzt als Cheftrainer in der Champions League gegen den amtierenden Sieger zu spielen, ist natürlich ein absolutes Highlight. Darauf freue ich mich schon total. Ich habe nichts dazu beigetragen, dass wir die Möglichkeit bekommen, aber ich werde es genießen und ich will, dass wir uns gut präsentieren. Unser großes Ziel ist es, dass wir auch nächstes Jahr wieder Champions League spielen dürfen.
Die Rollen sind klar verteilt. Wie wollen Sie es angehen?
Wir müssen mutig und mit einer positiven Einstellung an die Sache rangehen. Dass wir wahrscheinlich von zehn Spielen im Bernabeu neun verlieren, ist klar. Aber wir müssen alles versuchen, dass es jetzt genau das eine Spiel wird, dass wir nicht verlieren. Ich hatte das Glück als Trainer schon gegen große Mannschaften wie Bayern, Tottenham oder Leipzig zu spielen und konnte diese schon schlagen. Aber ich habe auch schon richtig hohe Niederlagen kassiert. Das gehört alles dazu. Wir sind klarer Außenseiter, aber mit negativen Gedanken beschäftige ich mich nicht.
Blicken wir zurück. Welches Gefühl hatten Sie, als Sie von Salzburg Interesse erfuhren?
Das ist eine gute Frage. Als mich Rouven kontaktiert und gesagt hat, dass wir uns zeitnah treffen sollen, habe ich mir zunächst einmal Gedanken gemacht. Ich hatte davor mit etlichen anderen Klubs Kontakt. Bei manchen geht man zu einem Gespräch und denkt, dass es nicht so prickelnd ist. In dem Fall dachte ich mir: ,Wow! Red Bull Salzburg in der jetzigen Situation! Das ist besonders spannend.‘ Und Rouven, den ich schon lange kenne, finde ich als Geschäftsführer Sport auch total spannend. Daher habe ich mich über die Einladung sehr gefreut und war gespannt, wie das Gespräch läuft. Das hat für mich dann auch den Ausschlag gegeben, weil ich gemerkt habe, dass wir ähnliche Vorstellungen haben. Ich bin dann mit einem guten Gefühl nach Hause gefahren. Bald danach haben wir dann das nächste Gespräch geführt und so nahm alles dann seinen Lauf.
Was reizte Sie so sehr am Trainer-Posten in Salzburg?
Bei allem, was ich bisher gemacht habe, musste ich immer das Gefühl haben, dass mich diese Aufgabe kickt. Bei den Gesprächen mit Salzburg war das absolut der Fall! Es ist ein schwieriger, aber zugleich auch guter Zeitpunkt, um hier einzusteigen. Dass ich irgendwann mal da war und hier in der Nähe wohne, ist nett, aber sicher nicht das Kriterium. Es ist einfach eine extreme spannende Aufgabe. Ich habe Bock auf die Champions League und Bock darauf, dass wir uns wieder dafür qualifizieren. Eine Rolle hat auch gespielt, dass ich eine Stelle wollte, wo man im Normalfall mehr gewinnt, als man verliert. Bei einem Abstiegskandidaten wie Bochum war das natürlich anders, auch wenn es ebenfalls seinen Reiz hat.
Wie wollen Sie Salzburg in die Erfolgsspur zurückbringen?
Zunächst muss man festhalten, dass die anderen Vereine in Österreich in den letzten Jahren einen guten Job gemacht haben. Allen voran Sturm, aber auch die Austria und Rapid. Diesen Klubs muss man schon Respekt zollen und es zeigt, dass die vielen Titel von Red Bull Salzburg in der Vergangenheit keine Selbstläufer waren. Wir haben natürlich ein großes Potenzial, mit sehr vielen jungen, hochtalentierten Spielern. Es geht jetzt darum, ihnen meine Spielidee zu vermitteln und Spieler, die zuletzt außen vor waren, wieder ins Boot zu holen. Ich habe keine Ahnung, was in der Zeit vor mir war, und das spielt für mich auch keine Rolle. Ich weiß, was für eine Art ich habe. Und mit dieser wollen wir aus der Mannschaft eine Einheit bilden, die am Platz funktioniert. Ich bin überzeugt, dass wir an den richtigen Schrauben drehen können, um wieder erfolgreich zu sein.
Welchen Fußball wollen Sie spielen lassen?
Ich mag den Begriff Red Bull-Fußball nicht so gerne. Aber ich bin natürlich trotzdem geprägt aus der Zeit mit Ralf Rangnick, als das ganze hier begonnen hat. Alle Trainer, die hier waren, haben jedoch trotzdem ihr eigenes Ding daraus gemacht, jeder arbeitet ein wenig anders. Trotzdem ist es mir wichtig, dass unser Fokus grundsätzlich auf dem Spiel gegen den Ball liegt. Es geht nicht so sehr darum, wie wir im eigenen Ballbesitz spielen, sondern es soll klar sein, dass wir als Einheit gemeinsam intensiv gegen den Ball arbeiten und wenn möglich, hohe Ballgewinne haben. Wenn wir den Ball gewinnen, ist es wichtig, dass wir schnell umschalten. Wir brauchen nicht 150 Ballkontakte, sondern sollten so direkt wie möglich in Richtung Tor spielen.
Braucht es noch Verstärkungen für den Kader?
Der Kader ist, was die Quantität anbelangt, groß genug. Es gibt Positionen, wo überhaupt kein Bedarf da ist. Und es steckt auch sehr viel Talent im Team. Wenn wir einen neuen Spieler holen, dann muss es jemand sein, bei dem wir überzeugt sind, dass er uns sofort besser macht. Ich weiß, dass viele da an einen neuen Innenverteidiger denken. Aber wir sind mit Sicherheit nicht der einzige Klub, der einen routinierten Abwehrmann sucht. Für mich wäre es daher auch in Ordnung, mit diesem Kader ins Frühjahr zu starten. Man darf dabei auch den Faktor Liga nicht vergessen. Wenn einer in der deutschen Bundesliga oder der Serie A gespielt hat und nicht bereit ist in Österreich vor weniger Zuschauern aufzulaufen, dann ist er der falsche Spieler.
Auf der Torhüter-Position haben Sie ein Luxusproblem. Wer macht das Rennen?
Man kann sagen, dass die Situation schwierig ist oder man sagt, dass die Situation super ist. Wir haben zwei Top-Torhüter und wenn einer mal ausfällt, wie Alex jetzt im Camp, muss man keine Angst bekommen. Aktuell hat noch kein echter Zweikampf stattgefunden, weil Alex krank war. Deswegen macht’s auch keinen Sinn, sich jetzt auf einen festzulegen.
Und wer ist Kapitän?
Da ist die Situation ähnlich. Ich weiß, wer die Kapitäne waren, das muss aber nicht so bleiben. Ich will mir das in Ruhe anschauen. Es kann sein, dass wir jetzt eine Entscheidung treffen oder erst nach den zwei Spielen in der Champions League.
Sportboss Schröder sprach davon, dass Sie der beste Transfer sind. Ist das zusätzlicher Druck?
Druck ist es auf keinen Fall, denn den mache ich mir schon selbst. Ich habe nicht umsonst gesagt, dass wir das Maximale erreichen wollen. Für mich war klar, dass wir ambitionierte Ziele ausrufen müssen. Ich kann nicht hier sitzen und sagen, dass wir in die Top-3 wollen und damit zufrieden sind. Das geht nicht. Aber klar ist auch, dass ich allein sowieso nichts schaffen kann. Es braucht das ganze Team.
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