Teresa Reichl:

„Ich kann und will Goethe gar nicht canceln“

Steiermark
27.01.2025 08:00

Teresa Reichl ist auf einer Mission, den Kanon deutschsprachiger Literatur inklusiver, diverser und leichter verständlich zu machen. Haben Goethe und Schiller ausgedient? Und kann Literatur wirklich cool sein?

Man kann es mutig oder auch anmaßend nennen, was Teresa Reichl, 29 Jahre alte Germanistin aus Bayern, sich schon mit ihrem ersten Buch „Muss ich das gelesen haben?“ vorgenommen hat: Den Kanon abstauben, hinterfragen, erweitern – und zwar aus einem dezidiert queer-feministischen Blickwinkel und in Alltagssprache. Ob das nicht die Wut vieler alter, weißer Literaturprofessoren auf sich gezogen hat? „Dadurch, dass das Buch von einer Frau ist, ich am Cover bin und es rosa ist, haben es die gar nicht gelesen“, sagt Reichl, als die „Krone“ sie nach einer Lesung im Grazer Literaturhaus trifft.

Teresa Reichls Buch „But Make it Classy“ (Bild: Carlsen Verlag)
Teresa Reichls Buch „But Make it Classy“

Dass der Prinz aus Lessings „Emilia Galotti“ ein „Arschloch“ sei und „Faust“ ziemlich sexistisch – Reichl arbeitet sich an den großen Namen ab. Bei Interviews sei oft versucht worden, ihr das Wort „canceln“ in den Mund zu legen: „Ich will Goethe aber nicht canceln. Kann ich auch gar nicht“, sagt die Kabarettistin. „Man kann einfach anerkennen, dass diese Werke ein Produkt ihrer Zeit sind und damit natürlich frauenfeindlich und rassistisch. Das heißt nicht, dass es keine Meisterwerke sein können, sondern nur, dass man darüber reden sollte.“

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Mein liebstes Kompliment ist: ,Meine Lehrerin hat dich empfohlen, aber du bist wirklich cool.’ Dann hab’ ich’s geschafft.

Teresa Reichl

Ganze Klassen lesen ihre Bücher
Deutschlehrer, sagt Reichl, verwenden nicht nur Ausschnitte ihres Buches, sondern lesen es sogar als Klassenlektüre. „Ich finde das echt crazy.“ Insofern war der Schritt zu einem Buch für Schüler logisch: Im dünnen Band „But Make it Classy!“ (Carlsen, 11 Euro) gibt die Autorin einen Überblick über die wichtigsten Dauerbrenner des Schulkanons – von Gryphius bis E.T.A. Hoffmann. „Es sind immer drei Werke pro Epoche – zwei Klassiker und eine Auswahl von mir.“ So steht neben Friedrich Schiller etwa Luise Adelgunde Victorie Gottsched und neben Joseph von Eichendorff Bettina von Arnim. „Es hat immer Frauen gegeben, die schreiben.“

Und Reichl hat Erfolg: Es tut sich was im Kanon. Bei Verlagen wie Reclam, die „Klassikerinnen“ in einer Reihe sammeln, oder auch auf Bühnen wie dem Schauspielhaus Graz, wo bewusst vergessene Frauen gespielt werden. „Das zieht“, sagt Reichl – ein zweiter Teil des Buches soll folgen.

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