Kurz nach der Begnadigung aller Straftäter der Kapitol-Attacke durch den neuen US-Präsidenten Donald Trump sind die ersten Verurteilten auf freiem Fuß. Darunter auch die Anführer der rechtsradikalen Milizen „Proud Boys“ und „Oath Keepers“, die beide zu langen Haftstrafen verurteilt worden waren.
Aus der Datenbank der US-Behörde, die für die Bundesgefängnisse zuständig ist, geht hervor, dass mehrere Häftlinge schon am Montag – also am Tag von Trumps Vereidigung und der Verkündung seiner Begnadigungsaktion – freigelassen wurden. Am Tag danach folgten weitere. Trump hatte kurz nach seiner Amtseinführung per Dekret mehr als 1500 Begnadigungen ausgesprochen.
„Aufrührerische Verschwörung“
Auch Beschuldigte mit besonders hohen Haftstrafen sind inzwischen frei, etwa der Gründer der rechtsradikalen Gruppe „Oath Keepers“, Stewart Rhodes, der nach dem Angriff auf den US-Kongress unter anderem wegen „aufrührerischer Verschwörung“ zu 18 Jahren Haft verurteilt worden war.
Dies ist ein Straftatbestand, der in der Justizgeschichte des Landes nur sehr selten zum Einsatz kam. Rhodes war gemeinsam mit Mitangeklagten vorgeworfen worden, ein Komplott geschmiedet zu haben – mit dem Ziel, den Machtwechsel nach der Präsidentenwahl 2020 mit Gewalt zu verhindern.
„Mein Sohn ist frei“
Die höchste Strafe im Zusammenhang mit der Kapitol-Attacke hatte der frühere Anführer der rechtsradikalen Gruppe „Proud Boys“, Henry „Enrique“ Tarrio, bekommen: 22 Jahre Haft, ebenfalls wegen „aufrührerischer Verschwörung“. Seine Mutter schrieb auf X, auch ihr Sohn sei nun in Freiheit. Sie pries ihn als noblen Patrioten und rief auf, ihn „aufzubauen“ nach seiner Haft.
Der Gewaltausbruch vom 6. Jänner 2021
Anhänger des damals abgewählten Präsidenten Trump hatten am 6. Jänner 2021 gewaltsam den Sitz des Parlaments in Washington erstürmt. Dort war der Kongress an jenem Tag zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl 2020 formal zu bestätigen. Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede mit der Falschbehauptung aufgewiegelt, er sei durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Als Folge der Krawalle kamen damals fünf Menschen ums Leben. Die Attacke auf das Herz der US-Demokratie erschütterte das Land und wirkt bis heute nach.
Hunderte noch offene Strafverfahren werden eingestellt
Unmittelbar nach seiner Rückkehr an die Macht hatte Trump am Montag als eine seiner ersten Amtshandlungen alle Verurteilten von damals begnadigt. Er erließ die Haftstrafen von 14 Verurteilten, die nun als verbüßt gelten. Dabei geht es um verschiedene Mitglieder der „Proud Boys“ und „Oath Keepers“. Für alle anderen der mehr als 1100 Menschen, die bisher im Zusammenhang mit der Kapitol-Attacke verurteilt wurden, sprach Trump umfassende und bedingungslose Begnadigungen aus und ordnete an, sie „unverzüglich“ freizulassen. Außerdem wies er das Justizministerium an, Hunderte noch offene Strafverfahren in dem Fall einzustellen.
Trump-Fans feiern Begnadigungen
Während Trump-Fans wie die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene den Schritt öffentlich feierten, löste er auf der Gegenseite Empörung aus.
Der demokratische Senator Dick Durbin sprach am Dienstag von einer „nationalen Peinlichkeit“. Es komme eine „von Trump inspirierte Schlägerbande“ frei.
„Ungeheuerliche Beleidigung für unser Justizsystem“
Die frühere Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sprach von einer „schändlichen Entscheidung“. „Das Vorgehen des Präsidenten ist eine ungeheuerliche Beleidigung für unser Justizsystem und die Helden, die körperliche Narben und emotionale Traumata erlitten haben, als sie das Kapitol, den Kongress und die Verfassung schützten.“
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