Kampf um Rettung

KTM-Pleite: 55 Tage zwischen Tränen und Triumph

Oberösterreich
23.01.2025 10:00

Wie viel Geld braucht es, um die Rettung von KTM zu finanzieren? Wer sind die Investoren, die einsteigen? Bleibt die Produktion in Mattighofen? Es sind viele Fragen, die um den in die Pleite geschlitterten Motorradhersteller unter den Nägeln brennen. Seit 29. November ist der Leitbetrieb aus Mattighofen (OÖ) ein Sanierungsfall. 55 Tage zwischen Tränen und Triumph: Was bisher geschah.

Es war eine Hiobsbotschaft, die die wenigsten noch Tage zuvor für möglich gehalten hatten, auch wenn sich da schon gravierende Probleme  abgezeichnet hatten: Am 29. November wurden über die KTM AG, die KTM Components GmbH und die KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH Sanierungsverfahren eröffnet. Die Schulden belaufen sich laut Firmenangaben auf knapp zwei Milliarden Euro.

Mittlerweile dauert der Kampf um die Rettung des Motorradherstellers aus Mattighofen bereits mehr als sieben Wochen, im Zuge der Sanierungsverfahren stehen am Freitag die Prüfungstagsatzungen am Programm. Die letzten 55 Tage glichen einer Hochschaubahn der Gefühle – zwischen Tränen und Triumph. Lesen Sie hier, was bisher geschah:

  • Radikaler Personalabbau: Wenige Tage nach Insolvenzeröffnung erhielten Anfang Dezember 250 der rund 3600 Mitarbeiter die Kündigung. Das Aus traf die meisten unvorbereitet, bringt Existenzen ins Wanken, sorgte für Ungewissheit und Tränen. Zuletzt wurden weitere rund 270 Beschäftigte abgebaut. Zuvor war für die zweite Kündigungswelle sogar von bis zu 500 Mitarbeitern die Rede gewesen, diese Zahl konnte deutlich nach unten korrigiert werden.
  • Der Produktion den Stecker gezogen: Am 13. Dezember wurden in Mattighofen zum bislang letzten Mal Motorräder produziert, seither stehen die Montagelinien still. Der traditionelle Weihnachtsurlaub war eine Woche früher als üblich gestartet worden. Bis Ende Februar wird die Produktion auf jeden Fall ruhen, um die enorm hohen Lagerstände – bei Insolvenzeröffnung sollen 130.000 Bikes auf Halde gelegen sein – abzubauen. Eine Verlängerung des Stillstands steht im Raum, derzeit schaut es nach Mitte März aus.
  • Das lange Warten auf Geld: Mit dem vor Insolvenzeröffnung versprochenen Vorschuss auf die Dezember-Gehälter und -Löhne wurde es nichts, KTM überweist nun zu seinen üblichen Terminen. Ende Dezember waren deshalb die Dezember-Gehälter für die Angestellten angewiesen worden, Mitte Jänner bekamen die Arbeiter ihre Dezember-Löhne. Der Insolvenzentgelt-Fonds überwies zuletzt die offenen November-Gehälter und -Löhne sowie den Großteil des Weihnachtsgelds. Kostenpunkt: rund 20 Millionen Euro. 
Der wohl emotionalste Sieg der Firmengeschichte: Daniel Sanders gewann vergangene Woche die Rallye Dakar. (Bild: AFP, REUTERS)
Der wohl emotionalste Sieg der Firmengeschichte: Daniel Sanders gewann vergangene Woche die Rallye Dakar.
  • Kampf um Einnahmen: Die Mehrheit an MV Agusta, die man seit März 2024 hält, will man wieder loswerden. Ganz so einfach ist das offenbar nicht: Die Verhandlungen über den Verkauf des 51-Prozent-Anteils an der Italo-Luxusmarke laufen nach wie vor. Die Übernahme von 49% an der Pierer Immoreal GmbH in Wels durch den Motorradhersteller wurde dafür bereits an den Vorbesitzer rückabgewickelt, wie Sanierungsverwalter Peter Vogl bestätigte. Das spülte der KTM AG 35 Millionen Euro in die Kassen.
  • Folgepleiten ausgelöst: Die Krise bei KTM zieht auch andere Unternehmen mit. Am 13. Dezember wurde über die Vöcklabrucker Metallgießerei GmbH ein Konkursverfahren eröffnet. Die VMG Metall ist eine Tochterfirma der KTM Components GmbH, der Masseverwalter ist auf Käufersuche. Anfang Jänner wurden auch Sanierungsverfahren über die Avocodo GmbH und die Pierer E-Commerce GmbH, zwei Firmen aus der KTM-Gruppe, eröffnet. Am 20. Jänner musste der erste Zulieferer Insolvenz anmelden: Betroffen ist die RJ – Werkzeugbau GmbH aus Mattighofen, die laut KSV1870 Passiva von rund 1,2 Millionen Euro hat.
  • Der emotionalste Triumph der Geschichte: Nur mit drei Piloten war KTM in die Rallye Dakar, die als das härteste Mehrtages-Motorradrennen der Welt gilt, gegangen. Am Ende fuhr Daniel Sanders für die Mattighofener den Sieg ein – ein ganz wichtiges Lebenszeichen in einer Zeit, in der heftig darüber diskutiert wird, ob nicht der Rückzug aus Rennserien vollzogen wird, um Geld zu sparen. Das Statement auf den eigenen Social-Media-Plattformen war klar und deutlich: „Hier, um zu bleiben“, ließ KTM wissen und veröffentlichte ein Jubelbild von Sanders. 

Wie geht’s nun weiter? Die nächsten wichtigen Weichenstellungen passieren im Innviertel: Am Freitag, 24. Jänner, steigen die Prüfungstagsatzungen für die drei KTM-Gesellschaften am Landesgericht in Ried im Innkreis. Der Tag wird Klarheit darüber bringen, wie hoch die aktuellen Forderungen der Gläubiger und damit der Schuldenstand sind. Außerdem wird KTM-AG-Sanierungsverwalter Peter Vogl dem Gericht und den Gläubigern auch darüber berichten, wie das Unternehmen die Sanierung finanzieren will.

Hier braucht’s jedenfalls schon Griffigeres als im Dezember, als von drei Interessenten (Bajaj, CFMoto und FountainVest) die Rede war. Bei der außerordentlichen Hauptversammlung am Montag, 27. Jänner, will sich der Vorstand die Zustimmung einholen, eine Kapitalerhöhung durchzuführen.

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