Fünf Anhänger des Fußball-Bundesligisten SK Sturm haben sich am Mittwoch im Grazer Straflandesgericht wegen Ausschreitungen beim Cup-Derby am 2. November 2023 verantworten müssen. Damals waren Dutzende Fans im Stadion über Zäune geklettert und es kam zu wüsten Schlägereien mit GAK-Fans.
Die fünf Beschuldigten wurden ausgeforscht und sollen sich laut Anklage am Vergehen der schweren gemeinschaftlichen Gewalt beteiligt haben. Die Männer wiesen die Schuld von sich.
Die Staatsanwältin schilderte im Eröffnungsplädoyer, dass die Sturm-Fans schon vor dem Match von Einpeitschern aufgestachelt worden seien. Beim Fan-Marsch durch die Stadt sei es bereits zu Sachbeschädigungen gekommen. „Dann wurden die Fans in die Sektoren gelassen und dort haben sie beschlossen, sich zu einem Pulk zusammenzutun. Mindestens 30 bis 50 Personen taten sich zusammen, um in gegnerische Sektoren einzudringen. Nicht um dort mit den GAK-Fans zu plaudern, sondern um ihnen Gewalt anzutun“, lautete ihr Vorwurf. Das erfülle den Tatbestand der schweren gemeinschaftlichen Gewalt. Einer der Beschuldigten wurde auch wegen versuchter Körperverletzung und Diebstahl von GAK-Fanartikeln angeklagt.
GAK-Fan erlitt Schädelbasisbruch
Die Anhänger der „Roten Teufel“ hatten gerade in ihrem Sektor ihre Choreografie vorbereitet, als die Sturm-Fans zu ihnen vordrangen und teilweise auf sie einschlugen und eintraten. Ein Opfer erlitt laut Staatsanwältin einen Schädelbasisbruch. Der Angreifer konnte allerdings nicht ausgeforscht werden.
„Beim Zusammenschluss dieser Fans haben sich alle Angeklagten angeschlossen. Sie sind im Pulk mitgerannt, über Zäune geklettert und waren teilweise durch Alkohol enthemmt. Sie haben sich dem Mob von gewaltbereiten Sturm-Fans angeschlossen“, warf die Anklägerin vor. Manche von ihnen seien vermummt gewesen, trugen Kapuzenpullover, Handschuhe und Mundschutz. „Es waren unschöne Szenen zu sehen – Gewalt in Reinkultur. Da wird geschlagen, getreten, sogar auf Personen, die am Boden liegen.“ Einer der Angeklagten stürzte bei der Flucht in den Stadiongraben und verletzte sich dabei schwer. „So konnten wir ihn ausforschen.“ Die anderen wurden ermittelt, weil sie teilweise amtsbekannt seien und auf Videos erkannt wurden, erklärte die Staatsanwältin. „Die Leute, die hier sitzen, haben wohl nicht an vorderster Front gekämpft, aber es sind Leute, die geneigt sind, sich der Horde anzuschließen – auch das gehört bestraft.“
Student hatte „sich hinreißen lassen“
Die fünf Verteidiger gaben jeweils an, dass sich ihre Mandanten nicht einer gemeinschaftlichen Gewaltverabredung angeschlossen hätten. Manche der Beschuldigten wollen zum Zeitpunkt der Krawalle noch gar nicht im Stadion gewesen sein. Fotos aus den Akten würden andere Personen zeigen, so der Tenor.
Der erste der fünf Männer, ein Wirtschaftsuni-Student, gab an, dass er in Graz bei seinen Großeltern gewesen sei und erst kurz vor dem Spiel Tickets bekommen habe. „Ich übernehme die Verantwortung, dass ich mich habe hinreißen lassen, mitzulaufen“, gestand er ein. Er habe auch einen Zaun überklettert, danach aber sofort bemerkt, „dass ich dort nichts verloren habe“. Er drehte um, wurde aber von der Polizei festgenommen.
Sturmhaube auf und Zahnschutz-Etui in der Tasche
Sein Anwalt sprach von „tätiger Reue“, denn ohne jemand anderen verletzt zu haben, sei er umgedreht. Und er habe sich widerstandslos festnehmen lassen. „Man kann nicht alle auf der Anklagebank in einen Topf werfen“, so der Jurist.
Bei der Befragung durch die Richterin verstrickte sich der 20-jährige Beschuldigte aber in Ungereimtheiten. Er war bei dem Vorfall mit einer Sturmhaube maskiert und in seiner Jacke wurde ein Zahnschutz-Etui gefunden. Der Angeklagte gab an, dass beides bereits in seiner Jacke gewesen sei, als er diese bei seinen Großeltern in seinem früheren Kinderzimmer aus dem Kasten genommen habe. Die Richterin wollte wissen, warum er sie aufgesetzt habe, wenn er als unbedarfter Zuschauer dort war. „Ich habe mir eingebildet, dass es dazugehört. Ich kannte die Usancen, weil ich beschäftige mich schon lange mit Fan-Kultur.“ Auf weitere Nachfrage meinte er: „Ich war mir bewusst, als ich die Haube aufgesetzt habe, dass es zu Auseinandersetzungen kommt.“ Er habe sie zum „Selbstschutz“ aufgesetzt. „Wovor wollten Sie sich denn damit schützen?“, hakte die Richterin nach. Erst versuchte der Frage auszuweichen, letztlich gestand er ein, „um nicht erkennbar zu sein“. Rational erklären könne er das nicht.
Für den Nachmittag war die Befragung der anderen Angeklagten und der Zeugen geplant.
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