Mithilfe eines Fake-Accounts gab sich ein steirischer Religionslehrer über mehrere Jahre als Mädchen aus und verlangte Videos und Bilder von seinen nackten Schülern in äußerst privaten Posen und Situationen. Nun wird dem 40-Jährigen der Prozess gemacht.
„Als Staatsanwalt und Richter ist man es gewohnt, Sachverhalte außer der Norm zu beurteilen und in die tiefsten Abgründe menschlicher Seelen zu blicken. Das hier sprengt allerdings in jeder Hinsicht das übliche Maß“, beginnt Staatsanwalt Hansjörg Bacher am Donnerstag sein Plädoyer im Grazer Straflandesgericht.
Zahlreiche Schüler betroffen
Neben ihm sitzt ein nun 40-jähriger, ehemaliger Religions- und Geschichtslehrer, der nur eines im Sinn hatte: Von zahlreichen seiner Schüler, vorwiegend Buben, Bilder und Videos, die sie nackt in äußerst privaten Posen und Situationen zeigen, zu erschleichen, sie zu horten und sich daran sexuell zu ergötzen. Bacher: „Um das zu erreichen, hat er sich auf arglistige, widerliche Weise ihr Vertrauen erschlichen.“
Erreicht hat er das folgendermaßen, wie der Angeklagte, mittlerweile Lkw-Fahrer, selbst erzählt: „In der Nachbarschule hat es ein Mädchen gegeben, das Nacktbilder von sich selbst verschickt hat. Einer meiner Schüler hat ihr auch welche geschickt. Daraufhin habe ich einen Account mit dem Namen ,Laura‘ erstellt und ihn angeschrieben, weil ich wissen wollte, ob er mir auch welche schickt.“ Und tatsächlich trudelten die erhofften Dateien ein. So nahm der Wahnsinn seinen Lauf …
Als Staatsanwalt und Richter ist man es gewohnt, Sachverhalte außer der Norm zu beurteilen und in die tiefsten Abgründe menschlicher Seelen zu blicken. Das hier sprengt allerdings in jeder Hinsicht das übliche Maß.
Staatsanwalt Hansjörg Bacher
Enges Verhältnis zu Schülern
Von sich selbst erzählt der Pädagoge, dass er seit 2009 an der Schule tätig war und im Zuge der engen Zusammenarbeit mit den Schülern vor allem Buben gegenüber eine sexuelle Zuneigung entwickelt habe. „Aber nur bei jenen über 14. Einen habe ich erst einen Tag nach seinem 14. Geburtstag angeschrieben“, erzählt er fast ein bisschen stolz. „Ich war zwar offiziell kein Vertrauenslehrer, hatte aber zu vielen ein sehr enges Verhältnis.“
Staatsanwalt Hansjörg Bacher konkretisiert dies: „Die Schüler haben Ihnen so sehr vertraut, dass sie zu ihm gekommen sind, wenn sie Liebeskummer oder schlechte Noten hatten. Im Geo-Kammerl tröstete er sie, setzte sie auf ihren Schoß und streichelte den Rücken.“ Bei einigen Eltern war er sogar privat eingeladen und genoss schöne Stunden am Pool.
Hatte Schüler unter Kontrolle
Auf einen Jugendlichen hatte er es allerdings ganz besonders abgesehen – nennen wir ihn Martin. „Er war richtig besessen von ihm“, sagt Bacher und erzählt von einem wahr gewordenen Albtraum: Der Junge kam zu ihm und beichtete seine Verliebtheit in ein Mädchen. Sein Vertrauenslehrer versprach ihm, die beiden zu verkuppeln. Von da an hatte er den Schüler voll unter Kontrolle, redete ihm alles Mögliche ein, was er tun sollte, um seine Angebetete von ihm zu überzeugen.
So gab er ihm vor, wann er zu Hause sein solle, was er anziehen und was er wann zu tun habe. Über den ganzen Tag hinweg schrieben sie hin und her, der Täter setzte den Jugendlichen über Jahre hinweg unter Dauerdruck. Der Lehrer gab vor, auch im Austausch mit dem Mädchen zu stehen, sie zweifle aber an seiner sexuellen Unschuld. Im Zuge dessen vergriff sich der Pädagoge laut Aussagen des Buben mehrmals an ihm im Geo-Kammerl. Als Martin währenddessen einmal zu weinen begann, sagte der Angeklagte nur, er solle sich nicht so anstellen, „Jana will das so“. Und so ließ Martin alles über sich ergehen.
33.000 Euro für Nacktbilder investiert
Auch Martins kleinerer Bruder kam in sein Fadenkreuz. Mit ihm kommunizierte er, wie mit den weiteren Opfern, über den Fake-Account, in dem er sich als „Laura“ ausgab. „Der Account war in der Schule bekannt, einige haben mir sogar Kontaktanfragen geschickt, weil sie wussten, sie bekommen dann auch Gutscheine für die Bilder. Ich habe alles zusammengerechnet, ich habe ungefähr 33.000 Euro dafür ausgegeben.“
Als seine eigenen Schüler zu ihm kamen und ihm erzählten, sie würden von einer „Laura“ erpresst werden – falls einige nichts mehr schicken wollten, drohte er, die Dateien zu veröffentlichen – versprach er, ihnen zu helfen. So redete er ihnen ein, Laura sei drogenabhängig und er habe ihr seine Krebs-Medikamente um 20.000 Euro gegeben, sodass sie Ruhe gebe. Im Gegenzug schrieb „Laura“ den Opfern, ihr toller Lehrer habe alles geregelt, sie sollen nun besonders lieb zu ihm sein, denn er leide ihretwegen nun große Schmerzen.
Wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Das, was Sie gemacht haben, war unglaublich beschädigend, allen voran für alle Lehrer!
Die beisitzende Richterin Barbara Schwarz
Angeklagter zeigte sich geständig
Zu einem großen Teil zeigt sich der Angeklagte geständig, unmündige Schüler will er allerdings nicht missbraucht haben, angegriffen habe er auch keinen, wie ein Opfer behauptet: „Das ist eine Retourkutsche, weil ich das alles getan habe.“ „Warum das alles?“, will die Vorsitzende Richterin Julia Riffel von ihm wissen.
„Da gibt es mehrere Gründe. Ich hatte ein sexuelles Interesse an ihnen und wollte den Kick verspüren, wie weit sie gehen. Und ja, ich wollte auch der große Retter und Beschützer sein.“ „Wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Das, was Sie gemacht haben, war unglaublich beschädigend, allen voran für alle Lehrer!“ Der Prozess ist für drei Tage angesetzt.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.