Das Bomben-Attentat von Oberwart: Im Feber jährt sich einer der schwärzesten Tage der Republik und der Roma zum bereits 30. Mal.
Josef Simon, Karl Horvath, Erwin Horvath und Peter Sarközi – Angehörige der Volksgruppe der Roma – wurden in der Nacht auf den 5. Februar 1995 beim Versuch, eine Tafel mit der Inschrift „Roma zurück nach Indien“ zu entfernen, durch eine Sprengfalle getötet.
Es war der folgenschwerste Anschlag einer Bombenserie in den 90er-Jahren, die Österreich erschütterte. Die Chronologie war auch eine der aufsehenerregendsten und aufwendigsten Kriminalfälle in der Geschichte des Landes.
Täter war mehr als zwei Jahre auf der Flucht
Die langwierigen Ermittlungen nahmen erst 1997 zufällig ein Ende. Bei einer Verkehrskontrolle im südsteirischen Gralla zündete der angehaltene damals 48-jährige Vermessungstechniker Franz Fuchs einen Sprengkörper, der ihm beide Hände abriss. Er gilt bis heute als Einzeltäter.
Zum Zeitpunkt des Attentats von Oberwart lebten rund 150 Menschen in der Roma-Siedlung am Stadtrand. Unter ihnen auch Susanne Horvath, die sich an die Schreckensnacht erinnert: „Wir wurden durch Schreie aus dem Schlaf gerissen. Raus aus dem Haus, ohne zu wissen, was passiert ist, liefen die Bewohner in Richtung Tunnel.“ Sie selbst blieb mit ihren beiden Kindern im Haus zurück. „Ich hatte Angst.“ Beunruhigend auch das Gefühl, weil der Aufruhr in der sonst so stillen Siedlung immer mehr wurde. Polizei, Journalisten, Schaulustige, alle wollten wissen, was passiert ist, erzählt Horvath. Psychologische Betreuung gab es nicht, im Gegenteil. „Die Polizei durchsuchte alle Häuser, wir wurden wie Verbrecher behandelt.“
Mit der Angst, ob oder was als Nächstes passieren könnte, wollten ihre Familie nicht länger umgehen. „Wir sind dann drei Jahre nach dem Attentat in ein Haus in der Stadt gezogen. Allen voran, um endlich zur Ruhe zu kommen.“ Die schrecklichen Erinnerungen bleiben für immer, sagt Horvath. „Aktuell sind wir wieder an einem Punkt, wo Radikalismus verstärkt aufkeimt und da kommt auch die Angst zurück“, appelliert Susanne Horvath – kein geschichtliches Wiederholen, kein rassistisches Gedankengut! Seit dem größten innenpolitisch motivierten Gewaltakt der Zweiten Republik sind 30 Jahre vergangen.
Offenes Haus Oberwart erinnert an Attentat
An den Jahrestag des Attentats erinnert man vom 7. Feber bis 23. März im Offenen Haus Oberwart mit einer Veranstaltungsreihe – im Gedenken, aber auch, um den öffentlichen Dialog anzuregen, sagt OHO-Geschäftsführerin Nora Demattio. Das OHO mit dem damaligen Geschäftsführer Horst Horvath galt als in den Tagen des Attentats nicht nur für Künstler, sondern auch für nationale und internationale Medien als erste Anlaufstelle. Wolfgang Horwath zeigt einen Zyklus von Kohle- und Asche-Zeichnungen, die als Reaktion auf den furchtbaren Sprengstoffanschlag entstanden sind. „Das war der einzige Weg, um mein eigenes Entsetzen zu bewältigen.“
Filmpräsentationen und Workshops
Künstler Andreas Lehner kuratiert die Ausstellung „Letters of fear“, bei der mehr als 80 Autoren damals ihre Gedanken zur Briefbombenserie ausdrückten. Regisseur Peter Wagner will mit seinem Beitrag zum Diskurs beitragen. In dem Theaterstück „Die Retter“ geht es um drei Gutsbesitzern aus dem Mittelburgenland, die in der Nazi-Zeit Dutzenden Romas das Leben gerettet haben, indem sie sie als Arbeitskräfte anforderten. Weiters wird es Film- und Hörbuchpräsentationen, Diskussionsrunden und einen Workshop zum Thema Rechtsextremismus geben, kündigt Horst Horvath von der VHS Roma an.
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