Hunde, die in einem Erdkeller gehalten worden sein sollen, Pferde, die schwerst unterernährt waren und vor Schmerzen nicht mehr aufstehen konnten, Kinder, die zwischen Müll, Gerümpel und Ungeziefer lebten: Schwere Vorwürfe stehen gegen ein deutsches Paar im Raum, das in der Oststeiermark lebte.
Nach einer anonymen Anzeige kam der Fall ins Rollen, gut ein Jahr lang dauerten insgesamt die komplexen und schwierigen Erhebungen, die engagiert und penibel von der Polizeiinspektion St. Margarethen an der Raab und der zuständigen Veterinärbehörde durchgeführt wurden. Letztendlich sind die Vorwürfe massiv: Ein Paar aus Deutschland, 46 und 58 Jahre alt, soll laut Polizei Tiere zum Teil unter widrigsten Bedingungen in der Oststeiermark gehalten und auch ihre Kinder vernachlässigt haben.
Am Hof und weiteren Örtlichkeiten: an die 100 Hühner, zwei Schafe, neun Hunde und 25 Pferde. „Schon bei den ersten Erhebungen zeigte sich: Da standen Tiere im Dreck, der Zustand der Hufe passte nicht, auch Umweltschutzbedenken gab es“, sagt Polizeisprecher Markus Lamb. Von der Behörde sei zunächst Hilfestellung angeboten worden, diese sei „aber nicht oder nur zum Teil angenommen“ worden, „der Zustand wurde, was bei zahlreichen Kontrollen überprüft wurde, sogar immer schlechter“.
Eitrige Hufe, extrem abgemagert
Einige der Pferde sollen, unter dem Versprechen von angemessener Pflege, mittels Schutzvertrag an das Paar übergeben worden sein. Die „angemessene Pflege“ äußerte sich dann so: „Unser Turnierpferd ,Maurice‘, das nach einem Knorpelschaden nicht mehr reitbar war, haben wir den Leuten im guten Glauben, dass es dort bestens aufgehoben wäre, übergeben“, erzählt die Besitzerin des Tieres vollkommen entsetzt.
„Zunächst schien auch alles in Ordnung.“ Nach der Anzeige zeigte sich dann: „Es hatte komplett eitrige Hufe, konnte nicht einmal mehr aufstehen, muss so furchtbare Schmerzen gehabt haben, dass es nicht mehr fressen konnte. Es war um fast 200 Kilo abgemagert! Der Pferdeexperte, der es geholt hat, musste es fast auf den Anhänger tragen!“
Inzwischen hat es sich erholt, ebenso wie sein Ponykumpel: „Auch ,Sky‘, den das Paar in der Reitpädagogik einsetzen wollte, hatte enorm an Gewicht verloren und ist total verstört. Es gab konkrete Anzeichen, dass er Hunger gelitten hat. Wir sind so entsetzt, es ist furchtbar. Diese Leute sollen nie mehr Tiere halten dürfen!“ Mittlerweile sind alle Pferde wieder bei den ursprünglichen Besitzern oder auf Pflegestellen.
Auch die Hunde wurden geborgen, die teils unter erbärmlichen Umständen gehalten worden sein sollen. In einem Erdkeller oder einem gerade einmal 2,5 Quadratmeter großen, vollgeräumten Heizraum, ohne Tageslicht, ohne ausreichend Futter oder Wasser, ohne Ansprache!
Der Zustand wurde, wie man bei Kontrollen feststellte, sogar noch schlechter.
Polizeisprecher Markus Lamb
Bild: Christian Jauschowetz
Kinderzimmer waren vermüllt
Und es geht noch weiter: Vier minderjährige Kinder befanden sich im Haus, auch hier waren die Zustände katastrophal. Sie hatten laut Polizei keine richtigen Schlafstätten: Zwei Kinder schliefen gemeinsam im Bett des vollgestellten und unordentlichen Kinderzimmers, die anderen beiden im Stockbett eines vollgeräumten Durchgangszimmers. In der Küche tummelte sich Ungeziefer. Unterstützungsangebote der Kinder- und Jugendhilfe wurden nur spärlich angenommen oder überhaupt abgelehnt.
Und noch ein Vorwurf: Ein großflächiger Misthaufen verursachte durch austretende Jauche und Sickersäfte erhebliche Belastungen des Bodens und der Gewässer – trotz mehrerer Aufforderungen wurde das nicht behoben. Gutachten attestierten Umweltgefährdung.
Laut Polizei liegen auch mehrere Betrugsdelikte in Zusammenhang mit unbezahlten Tierarztrechnungen vor. Die Verdächtigen erschwerten zudem die Ermittlungen: Die Verdächtigen verschwiegen Standorte der Tierhaltung, versteckten Tiere an unbekannten Orten und bekämpften Bescheide wie das behördliche Tierhalteverbot.
Ähnliche Vorwürfe bereits in Niederösterreich
Das Paar stand bereits in Niederösterreich wegen ähnlicher Vorwürfe im Fokus der Ermittler. Eine dortige Landwirtschaft wurde 2022 nach mehreren Anzeigen aufgelassen. Nun ist die Familie wieder in Deutschland. „Wir haben die Frau natürlich sofort zur Rechenschaft ziehen wollen“, so die Pferdebesitzerin. „Sie hat gesagt, sie mussten sofort zurück, weil sie ihnen sonst die Kinder wegnehmen. Das alles ist unfassbar.“
„Eine unschöne Geschichte von Anfang bis zum Ende“
Jetzt laufen Anzeigen. Die 46-jährige Deutsche – es gilt natürlich für sämtliche Vorwürfe die Unschuldsvermutung – wurde von uns um Stellungnahme gebeten, die fiel aber knapp aus: „Wir sind mitten in Verfahren, können jetzt bedauerlicherweise keine Auskunft geben. Das Ganze ist eine unschöne Geschichte von Anfang bis zum Ende.“ Bei Berichterstattung könne man mit „Post vom Anwalt“ rechnen ... Wir berichten natürlich weiter über die Entwicklung.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.