Fall Aloisianum

„Das hätte nie vor Gericht landen dürfen“

Oberösterreich
24.01.2025 11:32

Der Tag der Wahrheit ist heute für fünf ehemalige Schüler der Elite-Bildungseinrichtung Aloisianum in Linz. Vor Gericht übernahmen zwei von ihnen die Verantwortung, drei sagen „nicht schuldig“. Die Anwälte sprechen einhellig davon, dass dieser Fall „nie vor Gericht hätte landen dürfen“. Schule und Eltern hätten „falsch reagiert“.

„Wer locht als Erster ein?“ – nein, das sei laut dem erstangeklagten 16-jährigen Schüler nicht als Vergewaltigungsandrohung gemeint gewesen, sondern darum, ob einer seiner zwei Mitschüler, die das Mädchen über eine Stiege getragen hatten, „aufreißt“. „Unter uns Schülern wird schon auch so gesprochen, das ist kein unüblicher Umgangston“, sagt der Bursch, als der Richter ihn fragt, ob in seinen Kreisen so eine Ausdrucksweise üblich sei.

„Egal, wer Ihre Eltern sind“
Der Richter stellte gleich von Anfang an klar, dass es für ihn nicht ausschlaggebend sei, ob die Eltern Unternehmer, Anwälte, Ärzte sind – bezogen auf die Eltern, die im Schwurgerichtssaal hinter den 16- bis 17-jährigen Söhnen Platz genommen hatten. „Es geht nur um Sie, und es wird ein ganz normales Verfahren“, sagte der Richter.

Mädchen sollte einem Burschen den Po auswischen
Die Anwälte der fünf Angeklagten sagten zusammengefasst unisono, dass die Situation „nie vor Gericht hätte landen dürfen“. Es wäre aus dem Ruder gelaufen, nachdem zwei Burschen sie während einer Italien-Reise in ein Zimmer getragen hatten. Dort habe man sie laut Staatsanwältin gezwungen, fünf Burschen den Rücken „auszuknacksen“. Dies sei laut den Angeklagten aber jedenfalls freiwillig passiert. Dann sei sie ins Zimmer eingesperrt worden, es soll ihr angedroht worden sein, sie in einen Kasten zu sperren bzw. dass sie einem Mitschüler den Po auswischen solle.

Verantwortung ja, aber keine strafrechtliche Schuld
Jeder der fünf Schüler ist durch einen Anwalt vertreten. Zwei hatten sich vorab mit dem Vertreter des mutmaßlichen Opfers bereits geeinigt, sich an den Kosten für die psychologische Behandlung und an einer Schmerzensgeldpauschale zu beteiligen. Die Mandanten würden Verantwortung übernehmen, aber die Rechtsvertreter stellen die Frage, ob überhaupt eine Nötigung oder gar eine gefährliche Drohung vorliege, also die Grenze des Strafrechts überschritten worden wäre.

Aufarbeiten ja, aber nicht vor Gericht
„Es war zu viel. Ja, das stimmt. Aber wenn das schon eine Nötigung ist, dann müssten ganze Schulklassen vor Gericht stehen“, sagt ein Anwalt überspitzt. „Ja, die Situation musste besprochen und aufgearbeitet werden. Aber in der Schule und nicht vor Gericht“, sagte einer der Rechtsvertreter, der meinte, dass Lehrer und Eltern überreagiert und dadurch alles „aufgebauscht“ hätten.

„Keine Möglichkeit, sich zu entschuldigen“
„Wie können Sie sich erklären, dass die Mitschülerin durch die Vorgänge aber sehr beeinträchtigt war, wenn doch alles so lustig war“, meinte der Richter zum Erstangeklagten, der den Vorfall als durchaus launig und lustig beschrieb. „Wir haben uns nichts dabei gedacht. Am nächsten Tag wurden wir zu den Lehrern kommandiert und wir wussten gar nicht, was uns genau vorgehalten wurde. Wir wurden abgesondert, es gab keine Möglichkeit, mit der Schülerin zu kommunizieren“, sagte der angeklagte Bursch, der meinte, man habe angeboten, sich sofort zu entschuldigen, falls „etwas nicht gepasst habe“. Er lehnte übrigens ab, Fragen der Staatsanwältin zu beantworten.

Diversion vorab abgelehnt
Eine Diversion für jene Burschen, die die Verantwortung übernahmen, lehnte der Richter ab. Vier der Schüler mussten übrigens das Aloisianum verlassen, einer der Angeklagten ist noch mit dem Mädchen in der Klasse – mit ihm habe sie sich laut dessen Anwalt auch ausgesprochen. 

Taschengeld ist als Einkommen zu werten
Der Prozess ist bis zum Nachmittag angesetzt, das Opfer, vier Mitschüler und eine Lehrerin sind als Zeugen geladen. Den fünf Angeklagten drohen bis zu sechs Monate Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen. Letztere würde sich nach dem Einkommen berechnen – die Burschen bekommen zwischen 50 und 270 Euro Taschengeld pro Monat. Ein Urteil ist für den Nachmittag geplant – wir berichten auf krone.at über die Entwicklungen im Gerichtssaal.

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