Lage spitzt sich zu

Viele Stolpersteine auf dem Weg zu neuer Koalition

Innenpolitik
24.01.2025 19:30

Die Frage des Seins oder Nicht-Seins spitzt sich bei den blau-schwarzen Verhandlungen nach der ersten Woche zu. Trotz zahlreicher Gemeinsamkeiten gibt es auch grundlegende Differenzen. Die Knackpunkte sind die Haltung zur EU und zum Euro, die Ukraine-Unterstützung, Sky Shield und die Corona-Aufarbeitung.

„Es war ein notwendiger Schritt. Ich hoffe, dass er richtig war“, kommentiert der neue ÖVP-Chef Christian Stocker die Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ. Diese Woche haben sich alle 13 Gruppen der blau-schwarzen Verhandler getroffen. Die schwierigste – Außenpolitik und EU – kam am Schluss. Hier gibt es viele Stolpersteine. Das beginnt bei der Haltung zur Ukraine. Die FPÖ würde am liebsten alle Hilfszahlungen einstellen und sich aus diesem Konflikt völlig heraushalten.

In Sachen EU-Mitgliedschaft liebäugelt die FPÖ gar mit einem Austritt und wünscht sich den Schilling zurück. Nicht zufällig hat Stocker am Beginn der Koalitionsgespräche die EU-Mitgliedschaft als unverrückbare Koalitionsbedingung genannt. 

Rolle Kickls in der EU bereitet ÖVP Kopfzerbrechen
Wie Kickl seine Rolle beim EU-Gipfel der Regierungschefs anlegen wird, verursacht bei der Volkspartei Kopfzerbrechen. In diesem Raum agiert Kickl alleine, muss sich in Österreich nicht mit dem Regierungspartner abstimmen. Das möchte die ÖVP ändern. „Wie schaffen wir es, dass wir in Europa einheitlich auftreten, das ist ein wichtiger Punkt“, so Stocker.

Er habe „Überlegungen, wie man hier zu einer Vereinbarung kommen könnte“, meint der neue ÖVP-Chef. Details will er aber mit Kickl zuerst persönlich besprechen.

Der FPÖ wird Russland-Nähe vorgeworfen – Kickl weist das zurück. (Bild: Krone KREATIV/APA/AFP/POOL/Vladimir ASTAPKOVICH)
Der FPÖ wird Russland-Nähe vorgeworfen – Kickl weist das zurück.

ÖVP kämpft um Raketenabwehrprojekt Sky Shield
Die FPÖ drängt massiv auf einen Ausstieg aus dem EU-Raketenabwehrprojekt Sky Shield. Die ÖVP will das Projekt nicht aufgeben. Rein rechtlich gibt es hier bis jetzt nur eine Absichtserklärung. Es wurde noch kein einziger Euro ausgegeben und auch nicht budgetiert. Die FPÖ lehnt das Projekt ab, weil es für sie mit der Neutralität nicht vereinbar ist.

Die Militärführung warnt dagegen davor, dass Österreich ohne diesen Schutzschild völlig schutzlos gegen Bedrohungen aus der Luft wäre. 

Auch Stocker bekräftigte am Donnerstag in einem Mediengespräch sein Bekenntnis für das EU-Raketenabwehrprojekt. „Landesverteidigung und Sky Shield müsse man voneinander trennen.“ Für den ÖVP-Chef ist Sky Shield eine „rein europäische Initiative, die nichts mit der NATO zu tun“ habe. Natürlich könne man die Raketenabwehr nicht im Verbund mit anderen Staaten kaufen. Das komme aber teurer.

„Die Schweizer, die auch bei der Initiative dabei sind, können gut rechnen und sind auch ein neutraler Staat. Also sollte Österreich auch dabei sein“, bekräftigt Stocker. Außerdem sollte Österreich „keine Lücke in diesem System für Putin darstellen“.

ÖVP-Chef Christian Stocker (Bild: Jöchl Martin)
ÖVP-Chef Christian Stocker

Kickl und die angebliche „Russlandnähe“
Große Sorge haben viele in der Volkspartei, auch auf EU-Ebene, dass die FPÖ zu Russland-freundlich sein könnte. Im Gegensatz zu seinem Vorvorgänger Heinz-Christian Strache war Herbert Kickl aber nie Teil der Russland-Partie in der FPÖ. Die unkritische Haltung mancher Rechtsaußen-Parteien ist aber der Grund dafür, warum sie im EU-Parlament zersplittert sind.

Die FPÖ gehört zur „Fraktion der Patrioten für Europa“, in der auch Viktor Orbán und Marine Le Pen sind. Giorgia Meloni und die polnische PiS sind dagegen explizite Unterstützer der Ukraine und in der Fraktion „Konservative und Reformer“. Kickl selbst soll sich dem Vernehmen inzwischen in Richtung USA und Donald Trump orientiert haben.

ÖVP will keinen Corona-U-Ausschuss, FPÖ hat ihn versprochen
Ein großes Problem haben ÖVP und FPÖ bei der Corona-Aufbereitung. Die FPÖ will wie in den Bundesländern auch im Bund einen Entschädigungsfonds für Opfer der Corona-Politik. „Ich stelle mich mit Sicherheit nicht in die Öffentlichkeit und sage, dass es Corona nie gegeben hat“, so ein hoher ÖVP-Verhandler. Und: Die FPÖ hat ihren Fans im Wahlkampf auch einen Corona-U-Ausschuss versprochen. Eine absolute rote Linie für die ÖVP.

Und: Noch einmal wolle man sich in einem U-Ausschuss „nicht die Hosen ausziehen lassen“, hört man aus der ÖVP. Man darf gespannt sein, wie dieser Konflikt gelöst wird.

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