Es gibt wohl keinen Grazer, der sie nicht kennt, kaum einen Touristen, der an ihr vorbeikommt – die Wagner Breze ist oft kopiert, nie erreicht und erlebt „zum Selbermachen“ neue Höhenflüge.
Klar, wenn man schon hinter die ehrwürdigen Gemäuer der traditionsreichen Backstube schauen darf, dann muss man es auch selbst probieren, nämlich den zentimeterlangen Teigstrang in der Luft in die charakteristische Form zu „schlingen“. Aber ganz ehrlich: Während es Ernst Traby – der das seit 42 Jahren macht – mit traumwandlerischer Sicherheit innerhalb weniger Sekunden schafft kriegt das der Laie (zumindest die Schreiberin dieser Reportage) nicht auf Anhieb in Perfektion hin. „Da sind Sie nicht die erste“, schmunzelt Andreas Strohmayer. Der fünfte Andreas in der alt eingesessenen Bäckerdynastie ist in der Backstube aufgewachsen, kennt hier jeden Handgriff, bringt das Gebäck selbst mit Leichtigkeit in Form.
Das Teiggebilde wird dann in Salzwasser gekocht (fünf bis 10 Minuten lang), danach im Backrohr mit knackiger Knusprigkeit, aber schön hell, finalisiert.
Was ist da überhaupt drin im Teig, dass die Breze so gut schmeckt? Hauptsächlich Weizen- und Roggenmehl, Wasser, Gerstenmahlextrakt – „aber aufs Rezept kommt’s nicht so sehr an wie auf das Drumherum“, verrät Strohmyaer die wichtigste „Zutat“. „Es kommt auf die Feinheiten durch den Bäcker an, auf die Handarbeit, auf Faktoren wie den Ofen, sogar die Raumatmosphäre. Daher wurde unsere Breze, obwohl so oft kopiert, auch noch nie erreicht.“
Und schmeckt noch immer gleich wie in historischen Grazer Zeiten. Gottfried Wagner hatte in den 1920ern in der Lazarettgasse die „Erste Grazer Brezen-Bäckerei“ eröffnet – und weil diese unvergleichlich knusprig und mürb waren, riss man sich um die Köstlichkeit. Angeblich soll Herr Wagner das Rezept aus einem italienischen Kloster mitgebracht haben.
Der kleine Gasthof brannte aber in der Zwischenkriegszeit nieder – und hier kamen die Strohmayers ins Spiel. Freund Andreas, der Großvater des heutigen Geschäftsführers, bot ihm an, das Gebäck in seiner Backstube zu produzieren. Quasi am Totenbett, so wird’s überliefert, verriet ihm Wagner schließlich das Rezept, auf dass es nicht verloren ginge.
Das Rezept blieb gleich, der Höhenflug erreichte jüngst mit der Aufnahme der Breze ins Spar-Sortiment zum Selberaufbacken einen weiteren Meilenstein; jetzt ist Wagners Erfindung österreichweit buchstäblich in aller Munde. Und schlägt sich mit 132 Kalorien gar nicht so extrem auf die Hüften, „es ist fast zum Abnehmen“ scherzt Strohmayers Gattin Margaretha. Außer man genießt sie so wie sie – nämlich mit ordentlich Butter (!) drauf.
Was aber macht diese Breze so einzigartig? „Sie schmeckt gut, man kann sie bei Events ohne Bröseln locker in der Hand halten, in Aufstriche tunken – und damit durch die Herrengasse flanieren, ohne die Contenance zu verlieren, das gehört sogar zum Stadtbild.“ Außerdem liebt man sie eben – Produkte mit Tradition, Qualität und einer guten Geschichte dahinter verlieren nie den Geschmack.
Die berühmte Bäckerei Strohmayer, die einst 120 Backwaren hatte, produziert heute nur noch die Breze – aber deren Zukunft ist durch Strohmayers Tochter Lili (24) gesichert. Da geht ein Aufatmen durch die Steiermark!
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