Neue „Zauberflöte“

Staatsoper: Papageno lässt Federn im Spukhaus

Kultur
26.01.2025 14:03

INTERVIEW Barbora Horáková zaubert in ihrer ersten Regiearbeit für die Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ neu auf die Bühne – mit weisen Trollen, dunklem Spuk und viel Menschlichkeit.

„Krone“: Wie viel Zauber steckt in Ihrer Zauberflöte? 
Barbora Horáková: Ich hoffe ganz viel. Unsere ,Zauberflöte‘ spielt in einem Spukhaus, wo man viel zaubern kann. Die drei Knaben kommen zu Beginn mit ihren Fahrrädern und verstecken sich vor einem Sturm dort – und dann beginnt es wie ein Biotop zu leben.

Alles ist ein bisschen verstaubt und dunkel. Schließlich tauchen die drei Damen sehr geheimnisvoll auf. Die armen Knaben werden vom Zauber gefangen und in alte Trolle verwandelt. Denn die gelten in der Mythologie als weise, weil sie mit der Natur verbunden sind.

Barbora Horáková inszeniert mit ihrer ersten „Zauberflöte“ auch zum ersten Mal an der Wiener Staatsoper. (Bild: (c) Wiener Staatsoper, Sofia Vargaiová)
Barbora Horáková inszeniert mit ihrer ersten „Zauberflöte“ auch zum ersten Mal an der Wiener Staatsoper.

Was fasziniert Sie besonders an diesem Stück? 
Ich finde in der ,Zauberflöte‘ so toll, dass man mit diesen Dualitäten spielen kann.

Man hat diese Kontraste und merkt, das eine geht nicht ohne das andere. Die Dunkelheit geht nicht ohne das Licht, das Böse nicht ohne das Gute, Jung nicht ohne Alt. Das wollte ich als roten Faden aufnehmen.

Was ist die Essenz, die Sie aus der „Zauberflöte“ ziehen? 
Mir war wichtig, dass man die Menschlichkeit spürt. Ich fand es spannend, dass man die Geschichte wie eine Lebensreise erzählt, die zwei Menschen, die sich lieben, versuchen gemeinsam durchzustehen. Deswegen werden bei uns Pamina und Tamino immer älter.

Die drei Knaben, zu weisen Trollen verzaubert, helfen Papageno (Ludwig Mittelhammer) seine Papagena zu finden. (Bild: (c) Wiener Staatsoper, Sofia Vargaiova)
Die drei Knaben, zu weisen Trollen verzaubert, helfen Papageno (Ludwig Mittelhammer) seine Papagena zu finden.

Am Schluss tauchen sie mit zwei alten Puppen auf dem Rücken auf. Die Feuerprüfung ist wie ein Tanz, in dem sie sich als Alte und auch wieder als Junge sehen. Als würden sie sich an früher erinnern, für welche Ideale sie eingestanden sind. Jetzt fürchten sie sich nicht mehr, gemeinsam in den Tod zu gehen. In der Wasserprüfung fliegen diese alten Hüllen dann davon. Zurück bleiben zwei weiße Seelen, für die sich die Tore des Tempels von Isis und Osiris öffnen.

Der Hölle Rache kocht im Herzen der Königin der Nacht (Serena Sáenz). (Bild: (c) Wiener Staatsoper Sofia Vargaiova)
Der Hölle Rache kocht im Herzen der Königin der Nacht (Serena Sáenz).

Wie gehen Sie mit Figuren wie dem „Mohren“ Monostatos um? 
Das ist heute nicht mehr so einfach. 
Monostatos ist bei uns jemand, der in einem Kohlenraum arbeitet. Er ist daher etwas schwarz im Gesicht. Papageno fällt in diesen Kohlenraum und sieht daher genau gleich aus wie er. Monostatos ist bei uns nicht nur ein Bösewicht. Denn auch wir Menschen sind nicht nur schwarz und weiß. Er ist jemand, der sich verliebt in dieses Mädchen Pamina und überhaupt nicht weiß, wie er mit diesem Gefühl umgehen soll.

„Ein Weib tut wenig, plaudert viel“ ist einer der Sätze von Sarastro. Das beweist auch nicht gerade seine Weisheit und Humanität. 
Nein, das ist nicht sehr nett. Am Anfang ist er einfach ein Herrscher, der bestraft und sich arrogant benimmt. Er tritt bei uns auf einem Halbmond im Kleid der Königin der Nacht auf. So wie man das auf den alten Bildern kennt. Er bespaßt damit sein Volk, beleidigt die Königin der Nacht noch mehr. Pamina muss erleben, wie er sich über ihre Mutter lustig macht.

In Frauenkleidern im Herrenclub: Sarastro (Georg Zeppenfeld) verhöhnt die Königin der Nacht auf einer Mondsichel schwebend.  (Bild: (c) Wiener Staatsoper, Sofia Vargaiova)
In Frauenkleidern im Herrenclub: Sarastro (Georg Zeppenfeld) verhöhnt die Königin der Nacht auf einer Mondsichel schwebend. 

Wenn er dann seine „O Isis und Osiris“-Arie singt, beginnt er womöglich erst tatsächlich darüber nachzudenken, was er da singt. Und seine Arie „In diesen heil’gen Hallen kennt man die Rache nicht“ wird dann zum großen Schlüsselmoment.

Wie sehr liegt Ihnen der Vogelfänger Papageno am Herzen? 
Papageno ist meine Lieblingsfigur, weil der so ungeheuer menschlich ist. Weil er die Sachen beim Namen nennt. Wenn es ihm nicht gut geht, besäuft er sich. Er kann sein Maul nicht halten, er freut sich, wenn er Essen sieht. Er ist wohl auch so menschlich, weil er zu überspielen versucht, wie wahnsinnig einsam er ist, bis er sich deswegen beinahe umbringt.

Haben Sie an den Dialogen gearbeitet? 
Sie sind gekürzt und leicht angepasst. Wir versuchen, eine Fassung zu spielen, die stringenter ist. Wir wollen die Geschichte auf den Punkt bringen, und hoffentlich den Witz dabei nicht verlieren.

Papageno sucht das Licht – und darf im Luster herumturnen. (Bild: (c) Wiener Staatsoper, Michael Poehn)
Papageno sucht das Licht – und darf im Luster herumturnen.

Ist das ihre erste „Zauberflöte“? 
Ja, aber wir haben sehr, sehr lange daran gearbeitet und uns viele Jahre mit dem Stück beschäftigt. Ich habe mit dem ursprünglichen Dirigenten Franz Welser-Möst schon vor eineinhalb Jahren begonnen, detailliert über die Szenen zu sprechen.

Mozarts „Zauberflöte“ zu inszenieren, gilt als ganz besondere Herausforderung. Wie war da bei Ihnen? 
Ich habe mir immer gedacht, es ist zwar tolle Musik, jeder kann jede Nummer mitsingen. Aber was macht man damit? Worum geht es eigentlich? Ich hatte auch immer etwas Respekt vor dem ganzen Märchenhaften. Pamina und Tamino empfand ich als zwei der dümmsten Charaktere in der Oper. Weil sie so naiv sind und alles kampflos mitmachen.

Szene aus der neuen „Zauberflöte“.  (Bild: (c) Wiener Staatsoper, Michael Poehn)
Szene aus der neuen „Zauberflöte“. 

Was sind Pamina und Tamino jetzt für Sie, am Ende der Arbeit? 
Kämpfer, Lebenskämpfer.

Vorbilder? 
Irgendwie schon. Weil sie fähig sind, zusammenzuhalten. Das ist nicht immer einfach, gerade in der Zeit, in der wir leben, mit ihren vielen Möglichkeiten, ihrer Schnelligkeit, den Neurosen und Depressionen, die sich verbreiten.

Ich liebe alle Menschen, die bösen wie die guten. Und ich wollte zeigen, dass die Menschen zusammenhalten können. Für viele mag das vielleicht ein wenig naiv klingen, aber es ist wirklich meine tiefste Überzeugung vom Leben. Und die beiden führen uns vor, dass es möglich ist.

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