Zuerst Manner, dann Sacher, jetzt H&M: Die Meldungen von bevorstehenden prominenten Schließungen im Grazer Stadtzentrum häufen sich. Ein Zufall – oder eine tiefe Krise? Auf jeden Fall wird derzeit ein Bild von der Innenstadt gezeichnet, das vor allem eines ist: geschäftsschädigend. Werbung sieht anders aus.
Auch wenn Sacher und H&M auch schon in anderen Landeshauptstädten zugesperrt haben, auch wenn die Leerstandsquote weiterhin vergleichsweise niedrig ist: Das Gefühl, dass im Grazer Handel etwas ins Rutschen geraten könnte, verfestigt sich. Verstärkt wird es von den Wirtschaftstreibenden, ihren Interessensvertretern und der ihr traditionell eng verbundenen ÖVP: Der drohende Untergang wird da bereits beschworen. Der Zeitpunkt, etwas mehr als ein Monat vor der Wirtschaftskammerwahl, ist wohl kein Zufall.
Verspüren Sie als Kundin oder Kunde dadurch mehr Lust, in Graz einzukaufen? In einer Stadt, in der seit Jahren anscheinend alles falsch läuft und deren Wirtschaft kurz vor dem Kollaps steht? Es wäre auch eine Gegenerzählung möglich: Warum sind Graz und seine Betriebe dennoch weiterhin attraktiv? Und welchen Mehrwert habe ich, wenn ich hier einkaufe? Alleine das Ambiente und das Gastronomie-Angebot schlagen jedes Einkaufszentrum auch bei grauslichstem Wetter noch um Längen.
Die 2021 geschmiedete Rathaus-Koalition trägt auch zur miesen Stimmungslage bei. Dass die Wirtschaft nicht ihr Steckenpferd ist, war zwar von Anfang an klar. Dass sich die Unternehmer auch nach drei Jahren gar nicht verstanden und ständig vertröstet fühlen, ist aber kein Ruhmesblatt. Und deren Sorgen und Bedürfnisse stets parteipolitisch einzuordnen („Das ist doch nur der ÖVP-Spin!“), ist ödes Freund-Feind-Denken.
Es bleibt ein großer Verlierer
Wie wäre es, gemeinsam an einem Strang zu ziehen? Sich darauf zu einigen, dass in der Innenstadt Lebensqualität UND wirtschaftlicher Erfolg Platz haben, dass es ausreichend Parkplätze UND sichere Wege für Radfahrer und Fußgänger geben muss.
Man stelle sich vor, der seit mehr als zwei Jahren laufende Bau der neuen Straßenbahnlinie würde nicht nur mit Stau, Chaos und Streit in Verbindung gebracht werden. Sondern man hätte gemeinsam die Botschaft verkündet: Ja, das wird laut und nervig, aber den Bim-Ausbau brauchen wir. Und wir suchen (und kommunizieren!) Wege, wie Kunden dennoch bequem ins Zentrum kommen können und wie Betriebe dennoch gut erreichbar sind.
Ach nein, wir bekriegen uns lieber über Jahre. Am Ende bleiben große Verlierer: die Stadt, seine Betriebe und Arbeitnehmer.
Mein Tipp: Gehen Sie wieder einmal in die Grazer Altstadt einkaufen und halten Sie die Augen offen, Sie werden viele, viele tolle Geschäfte finden! Einen schönen Samstag.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.