Live im Gasometer

Kehlani: Sonnige R&B-Klänge gegen die Winterkälte

Musik
25.01.2025 13:12

R&B in Österreich – eine schwierige Beziehung. Freitagabend schwebte der kalifornische Genre-Superstar Kehlani auf das nicht ausverkaufte Wiener Gasometer nieder und heizte knapp 2000 Fans mit einer perfekt choreografierten Show und vielen Hits ein. Eine besondere Magie entfaltete sich dabei aber nicht.

(Bild: kmm)

Die üppigen Konzerthallen in Österreich befinden sich im Jänner zumeist noch im Winterschlaf, nur sehr langsam erwachen die großen internationalen Touren, die bekanntlich in der Open-Air- und Festival-Saison im Sommer ihre Höhepunkte feiern. Das Stelldichein des amerikanischen R&B-Stars Kehlani im Wiener Gasometer kann zweifelsfrei als eines der ersten großen Highlights des Jahres gesehen werden. Wien, auf der internationalen Konzertlandkarte ein nur allzu gerne und allzu oft übersehener Ort für bekannte Musiker, kommt ausnahmsweise sogar eine Schlüsselrolle zu, denn Kehlani Ashley Parrish, so ihr vollständiger Name, macht sich rar und nimmt auf ihre Reise über den Alten Kontinent nur zwei Handvoll Städte mit.

(Bild: Andreas Graf)

Wieder nicht fit
Dass es R&B-Acts hierzulande nicht leicht haben, zeigt sich an der Besucherzahl – vom „Ausverkauft“-Schild ist man ein schönes Stück entfernt. Die knapp 2000 Besucher, vornehmlich jung, international und divers, sind aber zumeist textsicher und versuchen das extrem laut gedrehte Programm der Sängerin mit begeistertem Jubel zu übertönen. Kehlani debütierte schon im Herbst 2022 an dieser Stelle, einst nicht voll auf der Höhe. „Sick as a dog“ fühlt sie sich auch hier und bittet ihre Fans bereits früh, möglichst laut und inbrünstig mitzusingen, damit man eventuelle Stimmschwächen in der B-Note überhört. Gesanglich ist die Kalifornierin für gewöhnlich über alle Zweifel erhaben, doch die für Westküstenstaatler immer herausfordernde europäische Kälte hat die Nüstern doch so verstopft, dass es besonders bei den hohen Tönen immer wieder kracht und knistert.

(Bild: Andreas Graf)

An solchen Details stoßen sich die Fans natürlich nicht, dafür ist die – no na – perfekt inszenierte Show viel zu spektakulär. Die drei Instrumentalisten an Gitarre, Schlagzeug und Keyboard werden an den engen Bühnenrand gedrückt, der Bass kommt unspektakulär vom Band, welches im Verlauf des Abends auch den einen oder anderen kurzen Hänger hat und den Fluss des Sounds stoppt. Kehlani, langhaarig und leger in weißem T-Shirt und schwarzer Jogging-Hose, tanzt, turnt und bezirzt derweil auf der mehrstufigen Bühne und lässt sich von grellen Lichtkegeln ordentlich in Szene setzen. Dass die Stimme echt ist, beweisen die angesprochenen Fehler, nach wenigen Songs kommen vier Backgroundtänzer hinzu, die perfekt durchchoreografiert durch ein mittlerweile vier Alben starkes Hit-Stakkato wildern.

(Bild: Andreas Graf)

Fokus auf die Unterhaltung
Mit ihrem aktuellen Album „Crash“ schafft es Kehlani in Amerika zwar nicht einmal mehr in den Top-20, Songs wie „What I Want“, „Next 2 U“, der Titeltrack oder „After Hours“ werden aber trotzdem religiös abgefeiert. Auf den Superstar-Status ihrer Heimat kann die 29-Jährige hier nicht bauen, davon lässt sie sich auf der Bühne aber nichts anmerken. Während ihres Konzertabends baut Kehlani ganz auf Kraft der Musik und des Entertainments. Es ist kein Platz für Geschichten über ihre an Drogen verstorbenen Eltern, über die kruden Theorien, sie wäre ein elementarer Teil eines bizarren Sexkults oder über ihre vor allem online stark zur Schau gestellte Nähe zu Palästina. Dafür gibt es ein feinsinniges Duett mit der talentierten Keyrah aus Kehlanis Vorprogramm, gut getimte Wechsel zwischen flotten Beats und Akustikgitarren und ein bemühtes, aber nicht sonderlich aufregendes Cover von Bruno Mars‘ „Marry You“ zu bestaunen.

(Bild: Andreas Graf)

Die Vergangenheit in einer Girlband und bei Casting-Shows hat Kehlani längst abgelegt, die ganz großen Erfolge als Solokünstlerin gab es aber auch schon vor Ausbruch der leidigen Corona-Pandemie. Wie im R&B-Kosmos üblich, werden die Songs zumeist ohne Überleitung und gekappt runtergespielt, was der Show eine unnötige Hast vermittelt. Wenn die Künstlerin vor den auf Dauerdruck aktivierten Ventilatoren Zeit zum Durchschnaufen braucht, leiten dissonant-jazzige Instrumentaleinlagen überraschend verquer auf die nächste Nummer über. Der völlig übersteuerte Sound nimmt der auf Liebe und Gemeinschaft aufgebauten Show am Ende leider viel an Drive. Das Konzertjahr 2025 ist eröffnet - vorerst bleibt noch Luft nach oben.

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