Feuchtgebiete also. Was nach Natur und Biotop klingt, nach Moor und Sumpf samt entsprechender Fauna und Flora, und zwar so, dass man fast die Frösche quaken hört, liegt für die Autorin des ebenso benannten Romans jenseits des Äquators aller Schamhaftigkeit. Und führt in die humiden Feuchtgebiete weiblicher Intimzonen im geheimen Venushügelland, das Frau sonst nur ihrem Lover, Gatten oder Gynäkologen präsentiert.
Und Charlotte Roche, medienbekannte Moderatorin und Autorin nimmt sich in dieser ihrer literarischen Peepshow kein Blatt vor den frechen Mund und serviert dem Leser unverblümt-ungeniert banale Alltagsobszönitäten weit unter der Gürtellinie und unappetitliche Malaisen, die sonst nur den Proktologen zu interessieren haben. Statt Parfum tupft sich die aufgeschlossene Romanheldin Vaginalschleim hinters Ohrläppchen, und von Körperhygiene hält sie rein gar nichts.
Roche als "Körperausscheidungsrecyclerin"
Das Hobby der "Körperausscheidungsrecyclerin" - auch so ein Wort von Frau Roche - ist "Bakterien verbreiten". Und sie spricht über gebrauchte Tampons und deren "Unterbringungsmöglichkeiten" wie andere Frauen über Lippenstifte.
"Feuchtgebiete" war der erste deutschsprachige Titel, der es auf die Bestsellerliste des Online-Versandes Amazon schaffte und wurde in 27 Sprachen übersetzt. Nun wurde die wilde, rund um Intimrasur und delikate Verletzungen (samt Not-OP!) kreisende Story verfilmt (ab 23. August in unseren Kinos), mit der vitalen Carla Juri in der Rolle der Protagonistin Helen, Regie führte David Wnendt ("Die Kriegerin").
Warum, so fragt man sich verdutzt, findet Ekelliteratur diesen Zuspruch - und kommt auch noch ins Kino? Zeilen, vor denen die Erotik selbst pikiert Reißaus nimmt und nichts bleibt als der kalkulierte Skandal, der zum Megaseller führte.
Penisverletzungen und Frauenpuffs
Charlotte Roche, die schon mal auf Lesereisen über "Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsaugern" referiert (ja, es gibt Dissertationen zu diesem Thema!) und von Frauenpuffs träumt, zeigt sich hinsichtlich des Hypes rund um "Feuchtgebiete" nass-forsch ungerührt: "Über Pornographie regt sich heute keiner mehr auf. Sie hat es längst in den medialen Mainstream geschafft. Warum nicht auch Dinge ansprechen, über die Frau weder mit ihrer Mutter noch mit ihrer besten Freundin reden kann?"
Und sie legt "Bazillenschleuder" Helen in "Feuchtgebiete" folgenden Spruch in den Mund: "Wenn man Sperma und andere Körperflüssigkeiten ekelhaft findet, kann man das mit dem Sex gleich bleiben lassen."
Kennt Charlotte Roche so gar keine Tabus? Roche: "Im Gegenteil. Aber die muss jeder für sich selbst abstecken. Literarisch möchte ich mich nicht von sogenannten Tabus einengen lassen. Ich schreibe, worüber zu schreiben ich Lust habe."
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