Riesig war der Zuspruch, als vor 50 Jahren die Ombuds-Redaktion ins Leben gerufen wurde. Ein Überblick über die Geschichte einer Institution, die in der heutigen Zeit wichtiger ist denn je.
„Ich werde den Missbrauch der Macht durch Staat und Interessengruppen schonungslos aufzeigen – auch wenn wir uns dabei mächtige Feinde einhandeln. Denn wir alle müssen das Unrecht bekämpfen, wo immer es notwendig ist“. Mit diesen markanten Worten kündigte Helmut Zilk 1975 in einem Inserat die Einführung der Ombudsman-Redaktion der „Kronen Zeitung“ an.
Eine Sensation
Hans Dichand, der damalige Herausgeber der „Krone“, bewies mit der Wahl des charismatischen, oft laut polternden späteren Wiener Bürgermeisters als erstem Ombudsman ein goldenes Händchen. Die Eröffnung dieser Redaktion war eine echte Sensation: Die Macht des Mediums und die Prominenz von Helmut Zilk trafen einen Nerv.
Eine landesweite Aussendung, die die Österreicher dazu aufforderte, ihre Probleme mit Behörden zu schildern, und Inserate (siehe Bild unten) lösten eine beispiellose Resonanz aus. „Wir waren völlig überwältigt von der Flut an Zuschriften“, erinnert sich die inzwischen pensionierte Redakteurin Molli Bader, die von Tag eins an dabei gewesen ist. Die Redaktion erhielt jedenfalls Wäschekörbe voller Post, was den großen Bedarf an einer solchen Plattform deutlich machte.
Menschlich und pragmatisch
Eine Begebenheit aus den frühen Tagen hat sich Bader besonders eingeprägt: „Salopp gesagt, ein Sandler mit einem offensichtlichen Alkoholproblem kam in unsere Sprechstunde. Zilk drückte ihm aus seiner eigenen Tasche 100 Schilling (heute etwa sieben Euro, Anm.) in die Hand. Wir anderen haben ihn gewarnt und gemeint, der Mann würde das Geld doch ohnehin nur versaufen.“ Zilk habe darauf menschlich und pragmatisch geantwortet: „Na und, dann hat er wenigstens etwas davon.“
Woher kommt der Name?
In der ersten Ausgabe vom 26. Jänner 1975 wurde den Leserinnen und Lesern die Namensgebung so erklärt: „Ombudsman (schwedisch) ist jemand, der die Rechte des Bürgers gegenüber den Behörden wahrnimmt.“ Einer unserer Kollegen, Mario Aberl, bis vor Kurzem für die heutige Ombudsfrau Barbara Stöckl tätig, ist der Sache sogar in seiner Magisterarbeit nachgegangen. Er beschreibt in der Arbeit u. a., dass es ähnliche Kontrollorgane bereits in der Antike gegeben hat.
Schweden waren Vorreiter
Es hat sich um Beauftragte gehandelt, die die Arbeit von Beamten überprüfen sollten. In Schweden wurde diese Funktion 1809 gar in der Verfassung verankert. Ein Parlamentsbeauftragter übernahm die Aufgabe, Behörden zu kontrollieren – die Geburtsstunde des Ombudsman-Instituts. Dieses Konzept verbreitete sich zuerst in Skandinavien und später weltweit. Heute gibt es Ombudsstellen auch in privaten Unternehmen wie Versicherungen und wenigen anderen Medien, darunter in der „Kronen Zeitung“.
Ein sich wandelndes Erfolgsmodell.
Noch vor der Einführung der Ombudsman-Redaktion gab es in der „Kronen Zeitung“ die Kolumne „Menschlich betrachtet“ von Reinald Hübl. Dieser übernahm 1979 die Rolle des Ombudsmans, als Zilk dem Ruf in Politik folgte. Vielen Lesern war Hübl schon von seiner Kolumne bekannt, die er auch „nebenbei“ weiterschrieb.
Einer seiner ersten Erfolge war die Rettung eines Rodelhügels am Wiener Stadtrand. Kinder hatten eine richtige Bürgerinitiative gestartet und mehr als 300 Unterschriften für den Erhalt gesammelt. Für seine Verdienste hat der im September 2010 verstorbene Wiener sogar die Professorenwürde verliehen bekommen.
„Zilk 2.0“
1994 kehrt Helmut Zilk als pensionierter Wiener Bürgermeister in „seine“ Ombudsman-Redaktion zurück, wo er manchmal sogar selbst zum Hörer griff, um seinen Unmut über so manchen übermütigen Amtsschimmel kundzutun. Aber er rief auch die Leser an. Oft hörte man ihn dann sagen: „Ja, ich bin es wirklich“.
Der Ombudsman wird weiblich
Nach Zilks Tod im November 2008 wurde die Redaktion mit der heutigen OmbudsFRAU Barbara Stöckl schließlich weiblich. Man könnte fast meinen, das sei längst überfällig gewesen. Die unter anderem für ihre Help-TV-Sendungen bekannte Moderatorin erwies sich als Idealbesetzung. Menschlich, hartnäckig, hemdsärmelig, mit großem Herzen und ohne Berührungsängste setzt sie sich seither für die Leserinnen und Leser ein.
Hunderttausende Fälle hat die Redaktion bis heute gelöst. Viel mehr, als wir je berichten können. Eine unabhängige Stelle, die Mut und Haltung zeigt und sich für jene einsetzt, die selbst nicht gehört werden, ist heute noch genauso aktuell wie 1975.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.