Legenden erinnern sich

Als Sturm die Lokomotive aus Leipzig bremste

Steiermark
29.01.2025 14:30

Sturm und Leipzig? Da war doch was. Genau genommen vor 41 Jahren. Im Winter 1983 trafen die Schwarzen im UEFA-Cup Achtelfinale auf Lok Leipzig und schafften gegen das Top-Team aus der damaligen DDR das kleine Fußballwunder. Sturm-Historiker Herbert Troger, Ex-Trainer Robert Pflug und Spieler-Legende Walter Hörmann erinnern sich...

Winter 1983. Sturm stand im UEFA-Cup-Achtelfinale, kickte im Oktober noch völlig überraschend mit einem 2:2 in Italien Hellas Verona aus dem Bewerb. Kult-Kicker Gernot Jurtin sorgte damals mit einem Traumtor für großen Jubel.

Im November kam Lok Leipzig nach Graz. Eine ausgefuchste DDR-Mannschaft. „Und natürlich wieder der Favorit gegen uns. So wie eigentlich jede Mannschaft im Bewerb damals“, erinnert sich Sturm-Legende Walter Hörmann. Doch Sturm überraschte im Hinspiel. „Wir haben 2:0 gewonnen. Beide Tore hat der Gernot Jurtin erzielt“, weiß „Taktikfuchs“ Robert Pflug, der damals mit Gernot Fraydl als Trainer-Duo den Schwarz-Weißen Beine machte.

Gernot Jurtin (re.) sorgte 1983 beim 2:0-Heimsieg gegen Lok Leipzig für beide Treffer.  (Bild: Sammlung Sturm Graz/Fischer)
Gernot Jurtin (re.) sorgte 1983 beim 2:0-Heimsieg gegen Lok Leipzig für beide Treffer. 

Eine Reise in die DDR
„Es war eine tolle Sturm-Mannschaft mit vielen Steirern wie Andy Pichler, Mandi Steiner, Gernot Jurtin, Walter Hörmann oder Heinz Thonhofer“, schwärmt Pflug von Sturms Eurofightern der 1980er-Jahre. „Dass wir auch die Hürde Leipzig genommen haben, war überraschend. Dass wir dann sogar noch gegen Nottingham im Viertelfinale gestanden sind und gegen diese Top-Mannschaft fast weitergekommen wären, um so mehr.“ Dafür musste aber vorher noch Leipzig auswärts in der damaligen DDR gebogen werden.

„Taktikfuchs“ Robert Pflug (Bild) fungierte mit Chefcoach Gernot Fraydl 1983 als Trainerduo bei Sturm.   (Bild: Pail Sepp/Kronen Zeitung)
„Taktikfuchs“ Robert Pflug (Bild) fungierte mit Chefcoach Gernot Fraydl 1983 als Trainerduo bei Sturm.  

„Es hat in Leipzig geschneit. Das Spiel hat im Dezember auf Schneeboden stattgefunden“, kommt es von Sturm-Lexikon Herbert Troger wie aus der Pistole geschossen. „Der damalige Landeshauptmann Joschi Krainer ist damals mit einigen Fans sogar extra zum Spiel geflogen. Weil es aber eben so geschneit hat, musste der Flieger in Ost-Berlin landen und der Landeshauptmann und die Anhänger wurden mit einem Bus und Polizeibegleitung bis nach Leipzig geführt“, weiß Troger. „Das Rückspiel in Leipzig war dann eine echte Abwehrschlacht!“

Sturm-Lexikon Herbert Troger (Bild: GEPA/GEPA pictures)
Sturm-Lexikon Herbert Troger

Erinnerungen an damals
Walter Hörmann erinnert sich: „Der Walter Saria hat im Tor einen Sterntag gehabt. Er ist von einer Ecke in die andere gehechtet. Und trotzdem haben wir früh ein Tor kassiert.“ Bereits nach 12 Minuten hatte Uwe Zötzsche die Sachsen in Führung geschossen. „Die Leipziger waren dann drückend überlegen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass sie zehn oder fünfzehn Freistöße gehabt haben – immer 16 bis 20 Meter vor unserem Tor. Aber sie haben die Freistöße immer aufgespielt – keine Ahnung warum, das war ihr Ding. Doch der Ball ist am Schneeboden immer aufgepäppelt. Wenn die damals einen echten Freistoß-Spezialisten gehabt hätten, hätten wir ein Problem bekommen“, lacht Hörmann.

„So haben wir das 0:1 über die Zeit gespielt, haben gekämpft wie die Löwen und sind aufgestiegen. Ein Riesenerfolg war das damals.“ Der freilich auch gefeiert wurde. „Wir waren ein eingeschworener Haufen, eine lustige Truppe, die auch gewusst hat, wie man so einen Sieg feiert“, schmunzelt Hörmann.

Als Walter Hörmann Sportdirektor bei Sturm war, war der aktuelle Sturm-Trainer Jürgen Säumel „sein“ Kapitän. (Bild: GEPA/GEPA pictures)
Als Walter Hörmann Sportdirektor bei Sturm war, war der aktuelle Sturm-Trainer Jürgen Säumel „sein“ Kapitän.


„Dieser Elfmeter verfolgt mich noch“
„Noch in der DDR haben wir uns alle karierte Hüte gekauft. Mit denen sind wir dann am Flughafen in Graz gelandet und sind von zahlreichen Sturm-Anhängern empfangen worden. Noch heute erinnere ich mich gerne zurück. Lieber als an das Viertelfinale dann gegen Nottingham, wo ich ja den entscheidenden Elfmeter verschuldet habe. Dieser Elfmeter in der 114. Minute verfolgt mich noch 40 Jahre danach“, gesteht Hörmann, der freilich auch der heutigen Mannschaft die Daumen drückt.

 „Ich geh nicht mehr so oft ins Stadion. Aber am Fernseher verfolge ich die Spiele immer.“ Vor allem einem drückt die Sturm-Legende am Mittwoch gegen RB Leipzig fest die Daumen: Trainer Jürgen Säumel. „Der Jürgen war damals mein Kapitän, als ich Sportdirektor bei Sturm war. Er wusste schon als Junger, wie man eine Mannschaft führen muss. Und er hat das Zeug ein großer Trainer zu werden. Da bin ich mir ganz sicher.“

Zeitreise ins Jahr 1983
Mit Glücksschwein und Eislaufschuhen
So berichtete die „Steirerkrone“ damals (Bild: Krone Archiv)
So berichtete die „Steirerkrone“ damals

Die Spiele im UEFA-Cup gegen Lok Leipzig 1983 bleiben unvergessen. Und Sturm setzte dabei auch auf tierische Hilfe: „Wenn Sturm heute mit Lok Leipzig in Liebenau auf’s Feld kommt, dann ist auch Glück gefragt. Glück, das der Grazer Bürgermeister Stingl vierbeinig – und lebend diesmal – ins Stadion transportieren lässt: Eine junge, runde, rosa Sau soll vor Spielbeginn durch die Sturm-Kabine wetzen und Glück verbreiten“, schrieb etwa der damalige Sportchef Wilfried Silli am 23. November 1983 in der „Steirerkrone“.

Etwa 14.000 Anhänger kamen beim 2:0-Sieg zum Heimspiel nach Liebenau und brachten dem Verein damals 1,6 Millionen Schilling ein. Sturm war nie Favorit, hatte aber offenbar einen Vorteil beim Schuhwerk. Silli schrieb: „Noch etwas trug zum Sieg bei: Das Schuhwerk der Leipziger. Die hatten sich nämlich – nach zweistündigem Test – dafür entschieden, in Laufschuhen zu spielen. Und die rutschten in den ersten 45 Minuten wie auf dem Eislaufplatz.“

Beim Rückspiel saß Bozo Bakota nach einem Lungenriss erst nur auf der Bank. Ohne den Top-Stürmer zitterten sich die Grazer mit einem 0:1 über die Runden. Danach gab es kein Halten. Der Aufstieg war perfekt! Alle feierten – auch die „Krone“, die vor über 41 Jahren von der „Schönsten Niederlage der Klubgeschichte“ schrieb.

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