Von all den Stolpersteinen, die zwischen FPÖ und ÖVP liegen, sollte die Raketenabwehr-Initiative „Sky Shield“ genaugenommen der kleinste sein. Denn es geht um viel weniger, als die beiden Streitparteien glauben. Groß ist hingegen die Gefahr für den Steuerzahler bei Ausstieg aus dem Programm.
1.) Was die Streitkräfte fordern: Das Österreichische Bundesheer will seit geraumer Zeit – die Idee entstand noch vor dem Ukraine-Krieg – Luftabwehrraketen mit einer Reichweite bis 50 km anschaffen, denn Österreichs Luftraum ist notorisch unterverteidigt. MRAD nennt sich diese Klasse an Raketen, das steht für Medium Range Air Defence, also Mittelstrecken-Flugabwehr. In Wien platziert, könnte eines dieser Systeme etwa einen Schutzschirm über die Hauptstadt legen, der Richtung Süden bis nach Wiener Neustadt reicht. Geplant sind sechs dieser Systeme für die ganze Republik.
2.) Was es am Markt gibt: Mehrere Hersteller weltweit produzieren diese MRAD-Systeme. Die Briten verkaufen eines, die Deutschen, die Norweger ebenfalls. „Sky Shield“ ist lediglich eine Einkaufs- und Ausbildungskooperation von 22 Ländern, die sich gemeinsam auf das deutsche System festgelegt haben und dieses anschaffen wollen. Es heißt Iris-T, kommt vom Hersteller Diehl in Überlingen, und ist auch der Favorit des Bundesheeres, alleine schon aufgrund der guten Kontakte zur deutschen Bundeswehr.
Erklär- und Werbevideo des Bundesheeres zu „Sky Shield“
3.) Wie wir es beschaffen: Das heißt aber nicht, dass es zwangsläufig Iris-T werden muss. Wenn Österreich ein anderes MRAD-System kauft, etwa das der Briten, wäre es nicht bei „Sky Shield“ dabei – hätte aber dennoch eine Raketenabwehr. Würde Österreich außerhalb von „Sky Shield“ einfach vom Hersteller Diehl direkt Iris-T kaufen, wäre es ebenfalls nicht bei dem Bündnis – hätte aber eine Raketenabwehr. „Sky Shield“ ist nicht die Abwehrwaffe oder ein Radarsystem, sondern lediglich eine Anschaffungsmethode – ohne der es auch geht. Auch einen gewöhnlichen Pkw kann man auf verschiedenste Arten anschaffen.
4.) Was das innenpolitisch bedeutet: Man könnte Herbert Kickl also öffentlichkeitswirksam aus der Shopping-Partnerschaft „Sky Shield“ austreten lassen, um danach den Raketenschutzschirm ohne internationalen Partnern (die großteils bei der NATO sind) aufzubauen. Kickl könnte verkünden, wie versprochen aus „Sky Shield“ ausgestiegen zu sein, und die Republik hätte dennoch die Flugabwehr, die sie sucht.
Einziger Minuspunkt: Die Anschaffung als Einzelgänger am Markt würde erheblich teurer werden, die Ausbildung wohl ebenfalls. Experten rechnen mit Mehrkosten alleine beim Iris T-System von mehr als 100 Millionen Euro, die dieser koalitionäre Kleinkrieg den Steuerzahlern verursachen würde. Ein bitterer Beigeschmack, denn das Endergebnis wäre ohne der „Sky Shield“-Einkaufspartnerschaft wohl das gleiche wie mit „Sky Shield“.
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