Alarmierende Entwicklung bei 18-Jährigen, der Anteil an Tauglichen sinkt weiterhin: Jeder Fünfte kann nach der Musterung weder den Grundwehr- noch Zivildienst absolvieren!
Der Dienst an der Waffe oder im Gesundheitsbereich ist Eckpfeiler einer solidarischen Gesellschaft, zumindest für alle männlichen Österreicher. Während sich der Staat nach wie vor auf das „starke Geschlecht“ verlässt, nehmen dort aber gesundheitliche Probleme zu. Übergewicht, psychische Überbelastung und Co. lassen den tauglichen Anteil der Jugendlichen zusammenschmelzen. Bereits im Vorjahr gab es diesbezüglich einen dringenden Appell von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner.
Man solle doch bitte schön gesünder und fitter werden, wurde damals verlangt. Doch mit frommen Wünschen allein lässt sich die gesellschaftliche Entwicklung anscheinend nicht umkehren. Das beweisen jedenfalls die aktuellen Zahlen aus dem Bundesheer. Von 43.900 Stellungspflichtigen waren satte 9320 Burschen untauglich. Zusätzlich muss man bei der Bilanz aber auch berücksichtigen, dass es 2094 vorübergehend Untaugliche und 531 Teiltaugliche gab, und dass bei insgesamt 847 18-Jährigen ein Beschluss ausgesetzt oder das Verfahren abgebrochen wurde (siehe auch Grafik).
So wie 2023 waren also auch im Vorjahr nur rund 70 Prozent der zukünftigen Grundwehr- oder Zivildiener voll einsatzfähig, in Sachen Wehrfähigkeit und sozialer Rückhalt eine negative Stagnation. Die Gesundheit der jungen Bevölkerung beschäftigt aber nicht nur die Führungskräfte des Heeres, denn der Stellung wird landesweit immer mehr Wert zugeschrieben: „Die Stellungsstraßen des Bundesheeres haben eine wichtige Funktion – sowohl für die jungen Männer als auch, seit der Einführung des freiwilligen Grundwehrdienstes, für junge Frauen. Im Rahmen der Musterung erhalten sie hier oft ihre erste umfassende Gesundenuntersuchung. Nicht umsonst werden die Stellungsstraßen als die größten Gesundheitsstraßen der Republik bezeichnet“, erklärt Tanner stolz.
Der Wehrdienst ist ein zentraler Pfeiler des Bundesheeres, sichert die Verteidigungsfähigkeit und unsere Demokratie.
Klaudia Tanner, Verteidigungsministerin
Nichtsdestotrotz haben auch im Vorjahr mehr als 16.000 Grundwehrdiener ihren Dienst angetreten und den Eid auf die Republik abgelegt. Das Interesse dafür ist aber schon lange nicht mehr allzu groß.
„Interesse am Zivildienst bleibt weiterhin groß“
Im Gegensatz dazu haben 2024 exakt 14.892 Männer ihren Zivildienst angetreten. Damit wurde laut aktueller Bilanz die dritthöchste Anzahl an Zivildienern seit Bestehen der Alternative zum Bundesheer gezählt. Mit stolzen 90,7 Prozent erreichte die Bedarfsdeckung den höchsten Wert seit sieben Jahren. Im Frühling gibt es zwar Bedarf an Nachwuchskräften – die meisten Burschen drücken dann aber noch die Schulbank -, trotzdem zeigt man sich zufrieden. Vieles sei auf die neue ZDG-Novelle, die im Juli 2024 in Kraft getreten ist, zurückzuführen. Damit wurden beispielsweise der „Papamonat“ und auch eine Aufstockung der Plätze bei Rettungswesen und Co. durchgesetzt. Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer zeigt sich auch heuer erfreut: „Zivildiener sind ein Garant für die hohe Qualität des österreichischen Rettungswesens und neben unseren Freiwilligen sowie Hauptberuflichen eine tragende Säule des Roten Kreuzes.“
Zivildiener sind ein Garant für die hohe Qualität des Rettungswesens und im Speziellen eine tragende Säule des Roten Kreuzes.
Gerald Schöpfer, Präsident Rotes Kreuz
Das beliebteste Einsatzgebiet unserer Zivis bleibt das Rettungswesen: Knapp 40 Prozent der Zivildiener haben sich für eine Ausbildung in diesem Bereich entschieden, gefolgt von der Sozial- und Behindertenhilfe (26 Prozent) und der Altenbetreuung (12 Prozent). Nur 0,09 Prozent aller Zivis entschieden sich, im Bereich der Zivilen Landesverteidigung ihren Dienst am Nächsten abzuschließen. Auch der Umweltschutz konnte nur 0,17 Prozent der Burschen begeistern. Für das Rote Kreuz bleiben die Zivildiener jedenfalls eine wertvolle Unterstützung: „Jede helfende Hand ist ein Gewinn, nicht nur für uns, sondern für die gesamte Gesellschaft.“
Brand im Tunnel: Grundwehrdiener spielt Spontankonzert auf Harmonika
Es ist die Horrorvorstellung jedes Autofahrers: Mitten im Tunnel stehen, wenn ein Feuer ausbricht. Als vergangenen August das Auto eines Serben (39) mitten im Katschbergtunnel (Salzburg) in Flammen aufging, wurde dieser Albtraum für 170 Personen zur Realität. Während sich die Florianis um die Löscharbeiten kümmerten, konnten alle Autofahrer in Sicherheit gebracht werden. Um die Nerven aller Anwesenden zu beruhigen, zögerte ein Grundwehrdiener nicht und packte seine Harmonika aus: Bis zur Evakuierung sorgte sein Spontankonzert für heitere Stimmung im Tunnel.
Ehemaliger Zivildiener als Ersthelfer bei schwerem Unfall
Timon Schicketanz aus Wien zeigte Ende 2024, warum die Ausbildung für Zivildiener so nachhaltig ist. Sein Einsatz bei der Berufsrettung brachte ihm die notwendigen Fertigkeiten mit, im Ernstfall kühlen Kopf zu bewahren. Bei einem schweren Verkehrsunfall am Tabor wurde ein Passant niedergefahren. Der angehende Medizinstudent – er bereitet sich gerade auf den MedAt-Test vor – reagierte goldrichtig. „Ich stabilisierte den Patienten, holte den Erste-Hilfe-Kasten aus dem Unfallfahrzeug und drückte mit Verbandszeug die Wunden ab. Das ist keine Hexerei“, so der 20-Jährige bescheiden.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.