Der Österreichische Fußball-Bund (ÖFB) kommt einfach nicht zur Ruhe! Gegen Ende des vergangenen Jahres sah es für kurze Zeit noch so aus, als ob sich das Funktionärs-Chaos beim größten heimischen Sportverband unter Interimspräsident Wolfgang Bartosch zumindest etwas eingebremst hätte, aber nun wird das nächste Kapitel in der traurigen Causa Prima geschrieben.
Bei der Präsidiumssitzung am Freitag will Bartosch die bereits erfolgten Kündigungen der beiden Erzfeinde Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold zurücknehmen lassen. Mehrere Ex-ÖFB-Mitarbeiter sprachen nun sogar „fast von einem Klima wie im Rotlicht-Milieu, dem wir Gott sei Dank entflohen sind.“
Generalsekretär Hollerer, der sich international mittlerweile sowohl bei FIFA als auch UEFA einen Namen gemacht hat und für Österreich in ganz wichtigen Funktionen tätig ist, sowie Geschäftsführer Neuhold, für den sich sowohl ÖFB-Erfolsgcoach Ralf Rangnick als auch die Teamspieler extrem stark gemacht hatten, kommen seit Jahren miteinander nicht klar. Darunter leiden im österreichischen Fußball nicht nur ihre Mitarbeiter, sondern auch das Klima weit abseits des Verbands.
Überraschende Kehrtwende
Zuletzt hatte sich Ex-Präsident Klaus Mitterdorfer an der Situation die Zähne ausgebissen. Sein Plan, mit Silvia Kaupa-Götzl eine Frau als neuen CEO beim ÖFB zu installieren („Das wäre ein Statement“) endete damit, dass der Kärntner nach einer persönlichen Schmutzkübel-Kampagne gegen ihn seinen Rücktritt erklärte.
Bartosch, sein interimistischer Nachfolger, hatte zuletzt im „Krone“-Interview ebenfalls völlig überraschend eine Kehrtwendung vollzogen: „Natürlich ist eine Verunsicherung spürbar, wenn sich die beiden Generalsekretäre Thomas Hollerer sowie Bernhard Neuhold im Kündigungs-Stadium befinden und ihre Verträge am 31. Mai auslaufen. Das ist nun eine Dringlichkeit gegeben. Ich werde bei der Präsidiumssitzung einen Antrag stellen, dass sie noch länger im Amt bleiben. Denn Ende Mai ist sehr knapp, wenn wir am 18. Mai programmgemäß in Bregenz die Hauptversammlung mit Neuwahl durchführen. Der ÖFB muss in dieser Übergangsphase voll handlungsfähig bleiben. Für die Zustimmung bedarf es eines mehrheitlichen Beschlusses.“
Auf Nachfrage, was passiert, wenn Hollerer und Neuhold über 31. Mai hinaus bleiben, sagte der ÖFB-Chef der „Krone“ wortwörtlich: „Das ist offen, sollte auch vom neuen Vorsitzenden im Aufsichtsrat mitentschieden werden. Klar ist: Auf Dauer geht es mit beiden nicht – wenn der eine den anderen ständig ablehnt, besteht Handlungsbedarf.“
Gutachten über Gutachten
Wenige Tage später ergänzte Bartosch gegenüber dem „Standard“: „Ich werde am Freitag sicher den Antrag stellen, dass die Kündigungen zurückgenommen werden. Es ist besser, die beiden bleiben und machen ihre Arbeit, die sie ja, jeder für sich, wirklich gut machen. Der ÖFB muss lieber jetzt einen Schritt zurück machen, ansonsten befürchte ich totales Chaos.“
Dieses sehen die beiden Landesverbands-Präsidenten Josef Geisler (Tirol) und Gerhard Götschhofer (Oberösterreich) längst voll im ÖFB angekommen. Mit ihrer Vorgehensweise in den vergangenen Jahren hatten sie aber entscheidend selbst dazu beigetragen bzw. es sogar verursacht. Götschhofer hätte eigentlich als dienstältester Vize-Präsident neuer ÖFB-Boss werden sollen, dies wurde aber von einer deutlichen Mehrheit abgelehnt. Daher kam der „Notparagraf“ bei der Suche nach einem interimistischen ÖFB-Boss zur Anwendung. Damit wurde Wolfgang Bartosch gewählt.
Daraufhin rief Götschhofer den ÖFB-Rechtsmittelsenat an und brachte ein Gutachten von Universitätsprofessor Karl Weber ein. Der ÖFB wiederum brachte ein Rechtsgutachten über 20 Seiten der Kepler-Universität in Linz von Uni-Professor Dr. Martin Karollus ein, der die ÖFB-Vorgehensweise eindeutig als rechtskonform bestätigte. Der Rechtsmittelsenat unter Vorsitz von Thomas Partl trifft dazu nun die letzte Entscheidung.
Am Freitag geht es weiter
Zudem wurde inzwischen durch das „Profil“ bekannt, dass es den ÖFB rund 100.000 Euro für einen Unternehmensberater kostete, dieser das zerrüttete Verhältnis der beiden Geschäftsführer aber – wenig überraschend – ebenfalls nicht lösen konnte. Am Mittwoch sagte ein erfahrener Landesverbandspräsident dazu der „Krone“ im Wortlaut: „Es wird immer wieder auf Zeit gespielt. Motto: Der oder die nächste soll es lösen. Nur braucht diese Person dann auch wieder Zeit, um die Situation richtig zu beurteilen.“
Das Funktionärs-Chaos im ÖFB geht also munter weiter. Am Freitag wird der nächste Akt geschrieben. Übrigens: Wolfgang Bartosch meinte zunächst, dass es in seiner Lebensplanung nicht vorgesehen ist, dass er ÖFB-Präsident bleibt. Nun hat er jedoch an der Position so Gefallen gefunden, dass er es sich vorstellen kann weiter oberster Boss im österreichischen Fußball zu bleiben, sofern es nicht gelingt einen externen Kandidaten für diese Position zu finden.
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