Anti-Mursi-Demos
Proteste schlagen in Gewalt um: 16 Tote in Ägypten
Ein Brennpunkt der Konfrontation war die Kairoer Parteizentrale der Muslimbrüder. Allein bei den stundenlangen Kämpfen um das Gebäude wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen mindestens sieben Menschen getötet. Wachmänner schossen wiederholt auf junge Demonstranten. Das Gebäude wurde teilweise in Brand gesteckt und schließlich am Montagvormittag von Mursi-Gegnern gestürmt (Bilder).
Die Demonstranten ließen ihrer Zerstörungswut freien Lauf. Laut Angaben eines Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP warfen sie Gegenstände aus den Fenstern, andere plünderten die Räume. Laut Augenzeugen hielt sich zu Beginn der Erstürmung niemand in dem Gebäude auf, nachdem eine Gruppe von Muslimbrüdern in den Morgenstunden herausgeführt worden war. Vertreter der Islamisten warfen der Polizei vor, die Zentrale nicht geschützt zu haben.
Eine Million Menschen schloss sich den Protesten an
Landesweit war am Sonntag mehr als eine Million Menschen auf die Straße gegangen, um am ersten Jahrestag seines Amtsantritts den Rücktritt des Islamisten Mursi zu fordern. Aus Kreisen der Armee hieß es sogar, es könnten bis zu 14 Millionen Menschen an den Protesten teilgenommen haben. Diese Zahl erscheint allerdings unverhältnismäßig hoch.
Allein auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo versammelte sich allerdings mehr als eine halbe Million Menschen. Viele harrten auch die Nacht über dort aus. In der Hauptstadt kamen seit Sonntag mindestens neun Menschen ums Leben, insgesamt zählten die Behörden landesweit mindestens 16 Tote. Weitere 600 Personen seien bei Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften verletzt worden.
Präsident Mursi spaltet sein Land
Ein Jahr nach Mursis Amtsantritt ist Ägypten zutiefst gespalten. Während seine Anhänger darauf verweisen, dass er der erste demokratisch gewählte Präsident ist, werfen seine Gegner ihm vor, allein die Interessen der Muslimbruderschaft zu vertreten, aus der er hervorging. Zudem kritisieren sie, dass er es nicht geschafft habe, die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die säkulare Opposition wirft Mursi und den islamistischen Muslimbrüdern außerdem vor, die Ideale der Revolution von 2011 zu verraten und einen ähnlich autoritären Staat wie unter Mursis Vorgänger Hosni Mubarak anzustreben.
Ultimatum für Rücktritt gesetzt
Die Opposition setzte Mursi am Montag ein Ultimatum für seinen Rücktritt bis Dienstagnachmittag um 17 Uhr. "Sollte der Staatschef der Aufforderung nicht nachkommen, werde es "eine Kampagne des vollständigen zivilen Ungehorsams" geben, teilte das Bündnis Tamarod auf seiner Internetseite mit.
Inmitten der Massenproteste traten unterdessen vier Minister des Mursi-Kabinetts zurück. Bei den vier zurückgetretenen Ministern handle es sich um jene für Tourismus, Telekommunikation, Umwelt sowie für parlamentarische Angelegenheiten, wie ein Regierungsvertreter in Kairo mitteilte. Der staatlichen Nachrichtenagentur zufolge hätten die vier Minister ihren Austritt aus der Regierung aus Sympathie mit den Demonstranten verkündet.
Mursi zeigt jedoch keinerlei Bereitschaft zum Einlenken. Er betonte, an seinem Amt festhalten zu wollen und bot erneut an, die islamistisch geprägte Verfassung des Landes zu überarbeiten. Diese war Ende vergangenen Jahres per Volksabstimmung in Kraft gesetzt worden. Die Kritik reißt seither allerdings nicht ab.
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