Lokalaugenschein bei der Möbelkette Kika/Leiner in Rum, wo am Mittwoch um 18.30 Uhr für immer die Lichter ausgingen. Sogar bei den Schnäppchenjägern kam kaum Freude auf, geschweige denn bei den Mitarbeitern.
Minus 90 Prozent, Totalabverkauf – diese Schilder empfangen die Kunden am allerletzten Tag in der Geschichte von Kika/Leiner. Eine freudige Schnäppchenjagd-Stimmung will trotzdem nicht aufkommen. Die Blicke vieler Mitarbeiter sind ebenso leer wie die meisten Regale. Und die Kundenfrequenz ist nach einem gigantischen Ansturm am Wochenende eher verhalten. Kein Wunder, zu kaufen gibt es nicht mehr allzu viel.
50 Euro für eine Matratze sind dem Kunden zu teuer
Herr K. hat es auf die Matratzen abgesehen, will trotz des Preises von 50 (!) Euro noch mit dem Verkäufer verhandeln. Stirnrunzeln beim Mitarbeiter, aber wie alle bleibt er im letzten Countdown freundlich und sagt nur: „Dann müssen Sie halt woanders hingehen.“ Ein anderer Kunde schlägt bei der 50-Euro-Matratze zu: „Als Unterlage für meinen Hund, normaler Schaumstoff wäre viel teurer.“
Die Matratze um 50 Euro kaufe ich als Unterlage für meinen Hund, normaler Schaumstoff wäre viel teurer.
Ein Kunde am letzten Tag
Kundin S. weiß eigentlich gar nicht genau, was sie will, schlendert wie andere etwas unentschlossen durch die ausgeräumte Halle. „Hauptsache 90 Prozent minus“, gesteht die ältere Dame. Und hat dann die Holzregale für ihren Keller im Visier. Oder wäre eine neue Tapete (5 statt 10 Euro pro Rolle) sinnvoller?
Jobsuche für viele der Mitarbeiter schwierig
Große Teile des einst so mondänen Möbelhauses sind schon abgesperrt, die Besen für den allerletzten Kehraus stehen an der Ecke. Endzeitstimmung für die rund 60 Mitarbeiter. So wie ihren rund 1300 Kollegen in ganz Österreich, insgesamt schließen bekanntlich 17 Filialen. Für Leiner ist es der Schlussstrich unter einer stolzen Firmengeschichte von 115 Jahren.
Zurück nach Rum: Die Jobsuche ist für viele Betroffene nicht einfach – „es sind Spezialisten in ihrem Bereich, in dem es ums Wohnen geht, da kann man nicht so einfach beim Drogeriemarkt Müller anfangen“, grübelt ein Mitarbeiter.
Ein Ende nach 20 Jahren für Verkäuferin
„Ist Wehmut dabei?“, fragt die „Krone“ eine der Verkäuferinnen. Offiziell hat sie Sprechverbot, doch die Frau murmelt: „Es ist mein 20. Jahr hier.“ Dann winkt sie ab, dreht sich weg, um die Tränen in ihren Augen zu verbergen.
Zwei Gänge weiter erkundigt sich eine offensichtlich mitfühlende Stammkundin bei einer der Verkäuferinnen, wie es denn nun weitergehe. „Ehrlich gesagt“, schnauft die Frau im mittleren Alter, „werde ich jetzt eine Zeit lang daheim bleiben, um das alles hier zu verdauen . . .“
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