Das lange Warten hat ein Ende – beim Eurovision Song Contest 2025 wird Österreich vom österreichisch-philippinischen Countertenor JJ alias Johannes Pietsch vertreten. Er soll die zwei Welten Oper und Pop verbinden – sein Song wird Anfang März veröffentlicht. Der „Krone“ gab der 23-Jährige das erste Interview.
Das klassisch-legere Auftreten vor dem Interview verrät uns: Heuer will Österreich beim Song Contest Brücken schlagen. Johannes Pietsch vermischt Lederjacke mit Krawatte. Außen Pop, innen Klassik. Genau so kann man auch den bisherigen Karriereweg des 23-jährigen Wieners bezeichnen. Bei „Starmania 2021“ kam er bis in die Finalrunde, ansonsten ist er mittlerweile ständig an Staatsoper und Volksoper zu sehen – aktuell als erster der „drei Knaben“ in der gefeierten Staatsopern-Produktion „Die Zauberflöte“. Als Countertenor kommt er stimmlich in lichte Sopranhöhen, die Lässigkeit des Pop wird sich im Showteil niederschlagen. Sein Song wird erst Anfang März veröffentlicht, könnte aber bombastisch ausfallen. Vorhang auf für unseren neuen Song-Contest-Star:
„Krone“: Johannes, du vertrittst Österreich diesen Mai beim Eurovision Song Contest in Basel. Du bist an der Wiener Staatsoper tätig und warst 2021 bei „Starmania“ am Start – also in der E-Musik und in der U-Musik firm. Was darf man sich von dir erwarten?
JJ/Johannes Pietsch: Ich bin ein Opernsänger aus Wien und mit Popmusik aufgewachsen. Es wird eine gute und harmonische Mischung aus beiden Welten sein, die ein besonderes Element aufweisen wird.
Ein musikalisches Element oder ein Show-Element?
Beides. (lacht)
Wann hast du von deiner Teilnahme erfahren und was waren deine ersten Emotionen?
Als ich Anfang Dezember den Anruf bekam, dass ich Österreich beim Song Contest vertreten kann, war ich gerade auf dem Weg zur Uni. Ich stand mitten auf der Kärntner Straße und fing sofort zu weinen an. Alle haben mich angestarrt, das war echt unangenehm. (lacht) Anfangs habe ich das gar nicht realisiert, aber im Laufe des Tages sickerte mir ein, dass ich nicht träume. Am Abend hatte ich eine Aufführung und ich habe meinen Eltern davor davon erzählt. Sie haben auch angefangen zu weinen. Mein Papa musste sofort eine Zigarette rauchen, weil ihm das zu viel Information auf einmal war. (lacht)
Dein Song wird Anfang März veröffentlicht, zwei Monate später bist du in Basel schon auf der Bühne. Wie gestaltet sich deine Vorbereitung?
Die Vorbereitungen laufen schon auf Hochtouren. Wir arbeiten sehr viel an der Bühneninszenierung und auch der Musikvideodreh ist schon eingeplant. Die einzelnen Termine stehen fest und ich bin absolut bereit für alles.
Wie firm bist du mit der Historie des Song Contests bzw. wie hast du den Bewerb über die Jahre verfolgt?
Seit dem Sieg von Conchita 2014 haben ich und meine Familie den Song Contest regelmäßig im Fernsehen verfolgt. Wir haben uns daheim ein Riesenbuffet aufgebaut, gut gegessen und während der Show miteinander diskutiert, wer was gut gemacht hat. Am Ende des Abends haben wir uns immer auf die richtigen Sieger geeinigt.
Hast du bei den Siegern wirklich immer richtig getippt?
Ich war oft knapp dran. (lacht) Auf jeden Fall landeten meine Tipps immer in den Top-3, aber meist war ich knapp daneben.
Gibt es jemanden aus der Song-Contest-Geschichte, der dir in puncto Performance oder Gesang als Vorbild dient?
Was die musikalische Darbietung betrifft, auf jeden Fall Conchita Wurst. In puncto Performance ist das schwer zu sagen, jedenfalls präsentieren wir etwas komplett Neues. Ich freue mich wirklich wahnsinnig darauf, diese Arbeit herzeigen zu können.
Bist du eventuell schon mit ehemaligen Teilnehmern in Kontakt? Holst du dir Tipps von arrivierten Hasen ein?
Ich bin in engem Kontakt mit Conchita und auch mit Teya, die vor zwei Jahren mit Salena „Who The Hell Is Edgar?“ gesungen hat. Sie unterstützen mich durch diese Reise und ich bin sehr froh, dass ich sie an meiner Seite habe.
Die Reise zum Song Contest verändert dein ganzes Leben. Wie schaut dein Alltag derzeit aus?
Mein normaler Alltag geht noch bis Mitte Februar weiter. Ich habe bis dahin noch eine Menge auf der Uni zu tun und außerdem Engagements an der Staatsoper und der Volksoper. Danach bin ich dahingehend nicht mehr so beschäftigt, aber eben anders beschäftigt. (lacht)
Wie hat deine Klassikwelt darauf reagiert, dass du bald beim größten Pop-Bewerb der Welt teilnimmst?
Die ganze Klassikbranche ist sehr begeistert darüber und sie freuen sich wahnsinnig, dass ich als Opernsänger der Wiener Staatsoper auf die größte Pop-Bühne der Welt schreiten darf.
Was werden deiner Ansicht nach die größten Herausforderungen sein, die auf dich zukommen?
Ich werde eine längere Zeit nicht zu Hause sein, was ich sehr liebe. Ich brauche die sozialen Kontakte, aber am Abend in Ruhe daheim im Bett zu liegen, darauf freue ich mich am meisten. Das wird in den nächsten Monaten nicht ganz so einfach sein.
Wie entstand das Lied, das Anfang März für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird?
Im Sommer bin ich nach Berlin gefahren und wir haben uns zu dritt ins Studio gesetzt. Um halb Eins überlegten wir uns, wohin die Reise gehen soll. Die Songwriterin sagte dann, wir würden eine Therapiestunde machen und ich solle einfach alles rausheulen. Ich habe dann erzählt, was mich beschäftigt und 15 Minuten später stand der Text. Danach haben wir versucht, mit dem Produzenten die passenden Beats und einen Weg zu finden, wie das klassische Element harmonisch ins poppige hinüber transferiert werden kann. Das hat sehr schnell gut gepasst und nach zwölf Stunden waren wir zufrieden. Man kann sich auf eine Fusion aus mehreren Welten freuen.
Und du bist in all diesen verschiedenen Klangwelten sattelfest?
Ich bin auf jeden Fall überall sehr präsent, sagen wir so. (lacht)
Wie möchtest du dich optisch beim Song Contest präsentieren?
Ich trage am liebsten das, was mir liegt und gefällt. Ich will mich nicht für den Bewerb verstellen, sondern als Person, die ich bin, zum Song Contest gehen.
Gibt es eine bestimmte Botschaft, die du mit deiner Teilnahme vermitteln möchtest?
Natürlich. Man sollte nie aufgeben, denn am Ende des Tages lohnt sich die harte Arbeit. Träume können wirklich wahr werden.
Du wirst für Österreich am zweiten Semifinaltag antreten und um den Finaleinzug am 17. Mai kämpfen. Ist das ein Vorteil?
Ich glaube schon, weil ich dadurch mehr Vorbereitungszeit habe. Ich freue mich wahnsinnig darüber, dass ich überhaupt dabei sein darf. Das ist ein riesengroßes Privileg.
Wie ordnest du den Song Contest in deiner bunten und breiten Karriere ein?
Ich glaube, der Song Contest steht ganz oben. Das kann nur noch ein Gewinn eines Grammys toppen, was natürlich schön wäre. Direkt danach kommt meine klassische Welt in der Staatsoper.
Recherchierst du in der Vorbereitung bei älteren Performances von ehemaligen Teilnehmern? Schaust du dir für dein eigenes Auftreten vielleicht etwas ab?
Da ich den Bewerb seit 2014 wirklich genau verfolge, blieb da sehr viel bei mir hängen. Ich schaue mir immer wieder verschiedene Auftritte an, um zu sehen, wie es anderen gegangen ist. Wie sind die Künstler mit dem Druck umgegangen? Wie haben sie Interviews gegeben? Wie war die Interaktion mit dem Publikum? So bereite ich mich auf Mai in Basel vor.
Wird deine Familie in der Schweiz live mit dabei sein?
Ja, alle. Mama, Papa, Opa und meine Geschwisterchen. Ich bin voll mit Liebe umgeben. Wenn ich weiß, dass meine Familie im Publikum sitzt, bin ich aber auch besonders nervös. Das macht immer etwas aus. In der Familie sind vielleicht nicht meine größten Kritiker, aber sie sagen mir ihre ganz ehrliche Meinung und davor habe ich manchmal Angst. (lacht) Meine Familie liebt aber, was ich mache und deshalb mache ich mir noch keine großen Sorgen.
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