Zahlen explodieren

Extremwetter-Schäden in Wien kosten schon Unsummen

Wien
30.01.2025 06:00

Teil 4 unserer Klimaserie zur Wien-Wahl: Wie sehr der Klimawandel in der Stadt angekommen ist, wissen jene am besten, die an vorderster Front stehen: Wiens Florianijünger, deren Einsatzzahlen explodieren – und Versicherungen, die danach zahlen sollen.

Einen „rasanten Anstieg“ bei den Einsatzzahlen sieht die Wiener Berufsfeuerwehr in den letzten vier Jahren – und führt das auf die wachsende Bevölkerungszahl und Extremwetterereignisse zurück. Der Zahlenvergleich der letzten 15 Jahre (siehe Grafik unten) zeigt allerdings, dass die Zahl der Einsätze weit stärker als die Bevölkerungszahl steigt – und das, obwohl ständig einstige Gefahrenquellen wie offenes Feuer wegfallen.

Nach Schaden oft Schock bei Blick in die Polizze
Noch mehr als um die Häufigkeit von Extremwetterereignissen geht es um ihre Heftigkeit. Die steigt noch mehr, wie Daten der Wiener Städtischen Versicherung im Zahlenvergleich belegen. Nach Sparten betrachtet sind laut Wiener-Städtische-Vorstandsdirektorin Doris Wendler vor allem Kfz-Kasko- , Haushalts- und Gewerbeversicherungen betroffen. Für viele bedeutet der Schadensfall aber zugleich ein böses Erwachen: Drei Viertel aller Kunden hätten bei der Haushaltsversicherung nur eine Basisdeckung von maximal 20.000 Euro.

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Der fortschreitende Klimawandel lässt sich am häufigeren Auftreten von Naturkatastrophen in den Schadenszahlungen ablesen.

(Bild: Ludwig Schedl/Wiener Städtische Versicherung)

Doris Wendler, Vorstandsdirektorin Wiener Städtische

Wendler empfiehlt eine jährliche Kontrolle, ob die Versicherungssumme noch den Lebensumständen entspricht. Während Hagel und Sturm üblicherweise vom Versicherungsportfolio abgedeckt sind, werden die Zahlungen nach Hochwasser und Überschwemmungen außerdem von allen Versicherungen gedeckelt. Trotzdem betont Wendler, gerade angesichts der steigenden Zahl von Extremwetterereignissen erfüllten Versicherungsunternehmen bei Naturkatastrophen zusehends „eine wichtige volkswirtschaftliche Funktion“.

Stadt rüstet an allen Ecken und Enden nach
Wien ist allerdings – man denke an das Hochwasser im Herbst – vergleichsweise immer noch eine Insel der Seligen. Das liegt weniger an Glück als vielmehr an Vorsorgemaßnahmen, auch und gerade abseits von großen Projekten wie dem Wiental-Kanal, der vor Überflutungen im Wiener Stadtgebiet schützen soll. Die Feuerwehr nützt etwa zum Motorsägen-Training inzwischen ein eigenes Gerät, mit dem Verspannungen von umgestürzten Bäumen simuliert werden.

(Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com)

Vor allem aber setzt die Feuerwehr bei Anschaffungen zusehends auf Flexibilität, etwa Wechselaufbauten für Lkw und schnell zu wechselnde Ausrüstungsmodule für Einsatzfahrzeuge. Generell sehen sich die heimischen Einsatzorganisationen gut gerüstet für künftige Notfallszenarien. Die „Resilienz der Bevölkerung“, so heißt es in ihrem gemeinsamen Positionspapier für politisch Verantwortliche in ganz Österreich, habe allerdings Aufholbedarf: Auch hier brauche es „individuelle Vorsorgeempfehlungen“.

„Kurven wie zur schlimmsten Zeit der Pandemie“
Ein paar Zehntelgrad Celsius mehr könnten doch höchstens ein paar Zehntelprozent mehr Unwetter bedeuten, oder? „Das ist genau der fatale Irrtum“, sagt Marc Olefs, Leiter der Klimafolgenforschung bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). In einer „linearen Welt“ würde das stimmen, doch die Naturgesetze hielten sich eben selten an lineare Gesetzmäßigkeiten. Demnach sei der Klimawandel auf Diagrammen schon jetzt für Kurven gut, „die ausschauen wie in der schlimmsten Zeit der Pandemie.“ Pro Grad Celsius Temperaturzunahme etwa nehme die Atmosphäre sieben Prozent Wasserdampf mehr auf.

Flurbrände durch sommerliche Trockenheit betreffen auch die Bundeshauptstadt in steigendem Maß. (Bild: Feuerwehr Wien)
Flurbrände durch sommerliche Trockenheit betreffen auch die Bundeshauptstadt in steigendem Maß.

Und dabei geht es nicht nur um das Mehr an Wasserdampf, sondern dessen Verhalten: Die Luftpakete steigen dadurch höher, werden wärmer und speichern mehr Energie. All das führt zu immer intensiveren Niederschlägen, und auch da mit exponentieller Wirkung. Mit jeder Verdopplung der Größe eines Hagelkorns wächst der physikalische Schaden um das 16-Fache, rechnet der Wissenschafter vor. ZAMG-Daten würden zudem eindeutig belegen, dass Starkregen-Ereignisse um ein Drittel häufiger werden.

Und es bleibt nicht bei der Physik der Niederschläge: Die Kurve von Sterbefällen durch Hitze verlaufe „ebenfalls exponentiell“, warnt der Wissenschaftler. Er hält Hitze für „die tödlichste Zukunftsgefahr – weltweit, aber auch für Österreich.“ Dass „wir als Menschen nicht dafür gebaut sind“, das gegenseitige Aufschaukeln physikalischer Faktoren erfassen zu können, bestärkt den Forscher umso mehr in seiner Gewissheit: „Die Klimakrise ist nicht mit Hausverstand zu lösen, sondern nur mit Sachverstand.“

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