Florenz-Ass im Talk

Georgieva: „Weiß nicht, ob die je weggehen werden“

Fußball International
10.02.2025 07:00

Sie ist dabei gewesen, als Österreich bei der EM 2017 das Halbfinale und bei der EM 2022 das Viertelfinale erreicht hat; sie hat in ihrer Vitae u.a. Engagements bei Österreichs Serienmeister SKN St. Pölten, beim gesamtdeutschen Rekordmeister Turbine Potsdam oder bei Scheich-Klub Paris SG stehen. Inzwischen nach Italien zur Fiorentina gewechselt spricht Marina Georgieva im ersten Teil des großen sportkrone.at-Interviews u.a. über ihre Social-Media-Affinität, den Reiz der Serie A, ihre Zeit in Paris und die Vorurteile, mit denen der Frauen-Fußball zu tun hat …

krone.at: Marina, gleich zu Beginn zu einem Video von Dir, das mir vor einiger Zeit untergekommen ist und das mich nicht mehr loslässt: Wieso umarmst Du Bäume und wieso brüllst Du Sonnenuntergänge an?
Marina Georgieva: Tatsächlich war das in einer Phase, wo ich das Gefühl hatte, eine innere Unruhe zu haben, mich nicht so ganz wohlzufühlen. Da habe ich mich in den Sozialen Medien ein bisschen erkundigt, was man so machen kann – meine Mama hat auch immer sehr viele Tipps für mich. Und das habe ich versucht umzusetzen: mir einfach einmal Zeit für mich selbst zu nehmen, rauszugehen in die Natur, alleine zu sein mit der Natur. Es gibt wissenschaftliche Studien, die beweisen, dass man tatsächlich Energie generieren kann, alleine indem man barfuß mit der Erde verbunden ist oder durch Kontakt mit Bäumen.

krone.at: Das ist also nicht einfach nur ein Gag gewesen, sondern hat tatsächlich einen Hintergedanken gehabt …
Georgieva: Das ist tatsächlich ernst gemeint gewesen, ja ...

krone.at: Generell scheinst Du mir eine sehr fleißige Social-Media-Nutzerin zu sein. Wie wichtig ist Dir ein guter Auftritt auf Instagram, Facebook, Tiktok und Co.? Wie viel Zeit wendest Du dafür auf?
Georgieva: Gute Frage! Früher ein bisschen mehr als heute. Im Moment habe ich eine Phase, in der ich den Fokus auf andere Dinge lege, nicht so viel Lust habe zu posten. Prinzipiell mache ich das aber gerne, es ist eine Leidenschaft von mir. Es macht mir Spaß, Videos zu posten, Behind-the-Scene-Videos zu zeigen, mich von einer anderen Seite zu präsentieren. Es ist für mich eine Kunst, ein Hobby – deswegen mache ich das. Klar ist es schön, wenn man gut ankommt – aber das primäre Ziel ist eher authentisch zu sein als gut anzukommen.

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„Ganz unwichtig ist es mittlerweile nicht, was ich ein bisschen schade finde!“

Marina Georgieva

krone.at: Ist Deine Social-Media-Affinität tief aus Dir selbst heraus erwachsen oder gehört das Auftreten auf Instagram, Tiktok, Facebook und Co. einfach auch irgendwie zum Dasein als Spitzen-Fußballerin dazu?
Georgieva: Ich glaube, ganz unwichtig ist es mittlerweile nicht, was ich ein bisschen schade finde. Es sollte nicht so viel Relevanz im Zusammenhang mit dem Fußballerinnen-Leben haben. Für mich jedoch ist das nie im Vordergrund gestanden ...

Marina Georgieva (Bild: GEPA)
Marina Georgieva

krone.at: Du bist jetzt nicht unbedingt auf der Jagd nach immer größeren und größeren Follower-Zahlen …
Georgieva: Natürlich freue ich mich, wenn ich mehr Follower habe. Das kann nur gut sein und helfen, wenn man zukünftig irgendwelche Vorstellungen hat. Aber wie gesagt, Authentizität ist mir sehr, sehr wichtig!

krone.at: Lass uns ein bisschen ernsthafter werden: Laura Feiersinger, Carina Wenninger und Verena Hanshaw sind teilweise bis vor Kurzem bei der AS Roma gewesen – Isabella Kresche auch bei der Roma und Du in Florenz sind aktuell hier engagiert. Was macht die Serie A so attraktiv für ÖFB-Damen?
Georgieva: Was die Serie A ausmacht, ist, dass die Spiele sehr, sehr technisch sind. Es wird viel klein, kurz gespielt. Ich glaube, es ist eine sehr, sehr gute Liga und interessant für jede Fußballerin. Also ich glaube, es ist eine der Top-Ligen.

Carina Wenninger (Bild: GEPA pictures)
Carina Wenninger

krone.at: Der Frauen-Fußball ist aber noch nicht unbedingt auf dem Level wie vielleicht in Deutschland oder England, etwa von der Stellung des Frauen-Fußballes im Land, oder?
Georgieva: Das kann sein. Von den Zuschauerzahlen her auf jeden Fall – leider gibt’s da schon einen großen Unterschied zu England, wo die Stadien zum Teil ausverkauft sind. Aber ja, er ist im Kommen, sagen wir einmal so ...

Marina Georgieva im Kreise ihrer Fiorentina-Kameradinnen (Bild: www.facebook.com/acfwomens)
Marina Georgieva im Kreise ihrer Fiorentina-Kameradinnen

krone.at: Aktuell stehst Du mit Deiner „Viola“ in der Serie A hinter Juve, Inter und AS Roma auf Platz 4. Nach den Rängen 7, 5 und 3 in den Vorsaisonen bleibt ja nach mathematischer Logik heuer nur mehr ein Platz übrig? Ist das realistisch? Platz 1 nämlich …
Georgieva: Naja, momentan schlagen wir uns nicht so gut, haben momentan eine nicht so gute Phase. Ich glaube, jetzt ist primär einmal das Ziel, dass wir wieder in den Fokus kommen, unsere Leistung abzuliefern. Da schaut man eher step-by-step und konzentriert sich erst einmal auf den nächsten Platz.

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„Die Menschen generell hier in Italien sind sehr, sehr lebensfroh, sie brauchen nicht viel, um glücklich zu sein!“

Marina Georgieva

krone.at: Wenn Du auf inzwischen eineinhalb Jahre Fiorentina zurückblickst, wie zufrieden bist Du auf persönlicher Ebene mit Deiner Zeit hier in Florenz?
Georgieva: Also ich würde sagen, dass ich sehr zufrieden sein kann. Es macht wahnsinnig viel Spaß hier. Ich habe eine tolle Mannschaft, ich habe ein tolles Umfeld, der Staff ist supernett. Die Menschen generell hier in Italien sind sehr, sehr lebensfroh, sie brauchen nicht viel, um glücklich zu sein. Dementsprechend geht es mir sowohl sportlich als auch persönlich sehr gut hier.

krone.at: Wie zufrieden bist Du konkret mit Deinen sportlichen Leistungen?
Georgieva: Prinzipiell haben wir eine sehr, sehr gute Saison gespielt. Dementsprechend bin ich sehr zufrieden mit den Leistungen, die wir erbracht haben. Wir haben es auch ins Pokal-Finale geschafft, sind leider dort gescheitert, was sehr schmerzhaft war. Wie vorhin gesagt, jetzt momentan hängt es ein bisschen, da müssen wir schauen, dass wir wieder auf den richtigen Weg kommen, aber ich bin sehr zuversichtlich.

Marina Georgieva (Bild: APA-PictureDesk/Lisa Guglielmi / PA / picturedesk.com)
Marina Georgieva
Marina Georgieva (Bild: APA-PictureDesk/Sara Esposito / PA / picturedesk.com)
Marina Georgieva

krone.at: Potsdam, das ist die Stadt mit Berlin als Vorort, Paris das unumstrittene Zentrum Frankreichs und Florenz hat auch nicht gerade den Ruf eines versifft-verkommenen Rattenlochs – wie ist es für Dich als Mädl aus dem ruhig-beschaulichen Niederösterreich gewesen, Dich auf einmal in diesen strahlenden Metropolen wiederzufinden?
Georgieva: Ich war schon früher immer sehr, sehr gerne etwa in Wien, in großen Städten, in belebten Städten. Von dem her würde ich mich als Stadtmensch bezeichnen ...

krone.at: Nicht zu vergessen St. Pölten …
Georgieva: Genau, St. Pölten … (lacht) … Dementsprechend war es in Berlin super, das war eine sehr, sehr coole Stadt. Paris, ebenfalls eine wunderschöne Stadt, Wahnsinn! Und Florenz ist auch auch wunderschön – ich würde sagen, Florenz ist „anders“ belebt als Paris zum Beispiel. Paris ist ein bisschen moderner, Florenz ist ein bisschen „architektischer“ .

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„Florenz ist auch auch wunderschön!“

Marina Georgieva

krone.at: Da spürt man die Geschichte vielleicht ein bisschen noch mehr …Georgieva: Ja! Jedenfalls ist es hier touristischer – obwohl … (überlegt kurz) … Paris ist auch touristisch. Paris ist einfach moderner ...

krone.at: Nur wenige Kilometer von hier entfernt hat zuletzt die Männer-Mannschaft der Fiorentina vor rund 20.000 Zuschauern gespielt. Blickt man da nicht etwas enttäuscht hinüber, wenn ihr vom Frauen-Team in der Liga durchschnittlich nur von rund 700, 800 Leuten angefeuert werdet?
Georgieva: Natürlich ist es enttäuschend, wenn man weniger Zuschauer hat. Irgendwie ist es aber auch verständlich, dass die Männer mehr Interesse wecken, dass mehr Zuschauer kommen. Ich will auch nicht unzufrieden wirken, ich bin froh über jeden Zuschauer, der zuschauen kommt. Aber natürlich würde man sich wünschen, dass das Stadion voll ist. Ich glaube, das wünscht sich jeder Fußballer.

Das Männer-Team der Fiorentina darf sich regelmäßig über rund 20.000 Zuschauer bei Heimspielen freuen … (Bild: www.facebook.com/ACFFiorentina)
Das Männer-Team der Fiorentina darf sich regelmäßig über rund 20.000 Zuschauer bei Heimspielen freuen …

krone.at: Aus Deiner Erfahrung mit den Ligen Österreichs, Deutschlands, Frankreichs und Italiens: Wie schaut‘s mit dem Niveau des Fußballs aus, der in all diesen Ländern gespielt wird?
Georgieva: Im Vergleich? Wie ich bereits erwähnt habe, ist Fußball überall ein bisschen unterschiedlich. Ich würde sagen, in Deutschland ist es sehr, sehr taktisch, in Italien ist es sehr, sehr technisch und in Frankreich war es extrem robust, schnell und athletisch. Dementsprechend ist es schwer, es zu vergleichen. Jede Liga hat ihre Stärken und ihre Schwächen. Ich glaube, alle drei Ligen gehören zu den Top-Ligen in Europa, von dem her sind alle sehr gute Ligen.

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„In Deutschland ist es sehr, sehr taktisch und in Italien ist es sehr, sehr technisch ...“

Marina Georgieva

krone.at: Und von der Infrastruktur und vom Publikumszuspruch her? Beim SC Sand in Deutschland, bei dem Du ja auch aktiv gewesen bist, geht’s sicher etwas beschaulicher zu als etwa bei PSG oder auch hier in Florenz.
Georgieva: Ja, ich kann mich auch an Spiele in Sand erinnern, wo die Leute auch außerhalb des Zauns noch gestanden sind … (lacht) … Es kommt, glaube ich, immer auf das Spiel drauf an, auf die Gegner. Ich habe schon mal in Paris weniger Zuschauer gehabt, ich hatte schon mal hier weniger. Ich habe schon in allen drei Ländern zu dem Zeitpunkt, wo ich gewesen bin, nicht so viele Zuschauer gehabt, wie ich es von meinen ÖFB-Teamkolleginnen zum Beispiel aus England höre ...

krone.at: Gibt’s bei der Fiorentina bzw. hat’s bei PSG davor Berührungspunkte mit den Akteuren des Männer-Teams gegeben? Existiert ein Bewusstsein dafür, dass Frauen und Männer ein und denselben Klub formen?
Georgieva: Also Berührungspunkte in der Hinsicht zum Beispiel, dass wir uns bei verschiedenen Charity-Aktionen oder bei Foto-Shootings begegnet sind. Da ist mir schon auch einmal Mbappé über den Weg gelaufen, auch einen Lionel Messi habe ich getroffen. Aber in dem Sinne, dass man sich jetzt auf freundschaftlicher Ebene unterhält, das jetzt nicht. Hier zum Beispiel essen wir alle gemeinsam in der Mensa …

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„Aber in dem Sinne, dass man sich jetzt auf freundschaftlicher Ebene unterhält, das jetzt nicht ...“

Marina Georgieva

krone.at: Also hier im Viola Park von Florenz ...
Georgieva: Genau, hier im Viola Park essen wir gemeinsam mit den Männern an den Nebentischen. Also das sind unsere Berührungspunkte.

krone.at: Ist das in Paris anders gewesen?
Georgieva: Ja, da haben wir nicht alle zusammen gegessen. Obwohl jetzt, glaube ich, ist es schon wieder anders. Ich weiß nicht genau, ob sie zusammen essen, aber sie sind auf jeden Fall alle in einem Gebäude.

Kylian Mbappé (Bild: AFP)
Kylian Mbappé

krone.at: Etwas allgemeiner, über alle Stationen, wo Du in den vergangenen Jahren gespielt hast: Wie schaut’s mit den Vorurteilen gegenüber Frauen-Fußball aus – hat sich da in den vergangenen Jahren etwas getan?
Georgieva: Ja, getan hat sich auf jeden Fall etwas! Aber egal, ob es jetzt weniger sind oder mehr: Man merkt es einfach, die Vorurteile sind da. Ich weiß nicht, ob die jemals weggehen werden. Ich hoffe, dass es besser wird und man einfach versteht, dass man Männer- und Frauen-Fußball nicht vergleichen kann und sollte.

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(Bild: KMM)



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