Bis zu 150 Millionen Euro soll der Staatsfunk laut blauen Plänen einsparen. Jetzt warnt Stiftungsrats-Chef Lothar Lockl eindringlich vor einem radikalen Schnitt: „Dann bleibt nur mehr ein ORF-Gerippe übrig!“ Österreichische Tatort-Krimis, Universum-Folgen oder die Übertragung der Star-Nacht wären gefährdet.
FPÖ-Grande Christian Hafenecker hatte bekanntlich den Sparplan für Ministerien auch als Latte für den Öffentlich-Rechtlichen ausgegeben. Die schwarzen Verhandler wollen indes die Haushaltsabgabe nur ab der neuen Legislaturperiode 2027 einfrieren bzw. nicht an die Inflation anpassen. Am Freitag treffen sich die Medienverhandler beider Parteien zum zweiten Mal.
Der blaue Spar-Hammer sieht jedenfalls – je nach Berechnung ob nur von der Haushaltsabgabe oder eben dem Milliarden-Budget – zwischen 100 bis 150 Millionen Euro weniger für den ORF vor. Das ließ in der Wiener Zentrale am Küniglberg die Alarmglocken schrillen. Der Redakteursrat sprach davon, dass „die Zerstörung beginnt“. Auch eine Petition zum Erhalt des Staatsfunks wurde ins Leben gerufen.
Drohendes Aus für heimische TV-Produktionen
Jetzt meldet sich auch der grüne Stiftungsratschef Lothar Lockl mit einer eindringlichen Warnung: „Kommt das, können wir den gewohnten Leistungsumfang nicht mehr aufrechterhalten. Dann bleibt vom ORF nur mehr ein Gerippe übrig!“ Man setze ohnehin schon ein hartes 325-Millionen-Sparpaket in den nächsten Jahren um. Zusätzliche Kürzungen hätten einen Programm-Kahlschlag zur Folge. Österreich-Folgen von Tatort, Universum und Bergdoktor sowie Sport-Berichterstattung und die Übertragung der Star-Nacht wären infrage gestellt.
Auch der Verfassungsgerichtshof hat klargestellt, dass es eine Verpflichtung des Staates gibt, dem ORF ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag zu erfüllen.
Lothar Lockl
Bild: Zwefo
Weiters betont der ehemalige Wahlkampfstratege von Bundespräsident Alexander Van der Bellen: „Auch der Verfassungsgerichtshof hat klargestellt, dass es eine Verpflichtung des Staates gibt, dem ORF ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag zu erfüllen. Damit ist klargestellt, dass Radikal-Kürzungen, die zu einem kompletten Programm-Kahlschlag führen, nicht mit verfassungsrechtlichen Bestimmungen im Einklang stehen.“
In dieselbe Kerbe schlägt auch der Leiter des ÖVP-Freundeskreises im Stiftungsrat, Thomas Zach: „Hätte der ORF in den letzten Jahren nicht massiv an der Kostenschraube gedreht, hätte er heute Ausgaben von 1,5 Milliarden Euro. Möglich war das durch auch massiv vom Stiftungsrat eingeforderte Effizienzsteigerungen in den Strukturen. Und dieser Kurs wird fortgesetzt!“
Appell an blau-schwarze Regierungsverhandler
Für Sport, Kultur und Regionen hätten Programm-Einstellungen massive Konsequenzen. Nur wenn Sport- und Kultur-Ereignisse im TV sichtbar sind, gelinge es regionalen Veranstaltern, Sponsor-Einnahmen zu bekommen, die diese Events finanzieren. Der grüne Stiftungsrat: „Der Verlust von ORF-Sportrechten hätte nicht nur massive Auswirkungen für die Sportverbände, sondern auch für den heimischen Tourismus.“
Ähnliches gelte für die Film- und Musikwirtschaft, die ohnehin mit Streichungen von Fördergeldern zu kämpfen hat. Die Kürzung von ORF-Produktionen wäre ein zusätzlicher Keulenschlag. „So unangenehm diese Auswirkungen sind, so sehr ist es meine Aufgabe, rechtzeitig und in aller Deutlichkeit auf diese hinzuweisen. Ich ersuche alle Verhandler, sich der Konsequenzen weiterer massiver Kürzungen für das österreichische Publikum und die heimische Kultur- und Sportszene bewusst zu sein“, so Lockl eindringlich.
Die große ökonomische Bedrohung der österreichischen und europäischen Medien seien vielmehr die Tech-Giganten aus den USA und China, die mit digitalen Plattformen über 90 Prozent der Online-Werbeeinnahmen absaugen. Der grüne Stiftungsrat: „Wenn es weiter einen starken ORF und starke heimische Medien geben soll, braucht es neben Sparvorgaben auch die Mittel, den öffentlich-rechtlichen Programmauftrag aufrechtzuerhalten.“
Bitte warten bei Abschaffung der Haushaltsabgabe
Indes heißt es beim Prestigeprojekt der Freiheitlichen auf dem Weg ins Kanzleramt – die Abschaffung der ungeliebten ORF-Abgabe – durch den angespannten Haushalt weiter bitte warten. FPÖ-Chef Herbert Kickl hatte bei der Neujahrsansprache für die erneute Ankündigung den meisten Applaus bekommen. Jetzt könnte die Zwangsgebühr in einem ersten Schritt nur gesenkt und erst in zwei Jahren gänzlich gestrichen werden.
Der Treppenwitz dabei: Eine Finanzierung aus dem von uns Steuerzahlern finanzierten Budget würde erst wieder eine politische Abhängigkeit des ORF bedeuten, die ja alle Parteien immer beklagen.
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