Möbel aus Litauen, Pflastersteine aus Portugal – damit soll bei öffentlichen Ausschreibungen Schluss sein. Mehr heimische Firmen sollen zum Zug kommen, die Produkte „Made in Austria“ herstellen. Die FPÖ will dieses Vorhaben auch ins Regierungsprogramm aufnehmen. Eine Lösung muss jedoch mit dem Recht der EU vereinbar sein.
FPÖ und ÖVP waren sich schnell einig beim angepeilten Stopfen des gigantischen Budgetlochs. Ein EU-Verfahren konnte abgewehrt werden. Auch bei einem anderen Wirtschaftsthema sind die mutmaßlichen Koalitionspartner einig. Blau und Schwarz wollen mehr Produkte „Made in Austria“ bei Großaufträgen, vor allem bei öffentlichen Ausschreibungen. Aus Steuergeldern werden jährlich 65 Milliarden Euro pro Jahr vergeben – von der Bundesbeschaffungsagentur bis zum Gemeindeamt.
Qualität spielt zu geringe Rolle
Wie viel davon in Österreich bleibt, ist schwer festzumachen. Wenn österreichische Betriebe einen Zuschlag erhalten, dann häufig nur, weil sie billige, im Ausland produzierte Ware liefern, heißt es von Verhandlern. Es werde zwar meist das Bestbieterverfahren angewendet, „aber auch in diesem werden Qualitätskriterien mit teils nur fünf Prozent viel zu wenig berücksichtigt.“ Der Preis dominiert. Kein EU-Land bewerte die Qualitätskriterien so niedrig wie Österreich. Dabei sollte es aber um heimische Produktion gehen, wo auch immer diese möglich ist, ist aus den Verhandlungen zu hören.
Pflastersteine aus Portugal, Möbel aus Litauen
Die jetzige Situation führt zu skurrilen Auswüchsen, wie Pflastersteinen aus Portugal für den Marktplatz von Bad Goisern und Büromöbel aus Litauen und der Türkei für die Ausstattung in der öffentlichen Verwaltung. Vor allem der FPÖ ist dies ein Dorn im blauen Auge. Im Wahlprogramm der Freiheitlichen war jedenfalls bereits von einem „dringend nötigen österreichischen Wirtschaftspatriotismus zu lesen“. Betriebe, die in österreichischem Besitz sind und rot-weiß-rote Produkte erzeugen, sollen steuerliche Vorteile genießen und offenbar auch bei Ausschreibungen eher zum Zug kommen. Ein freiheitlicher Verhandler zur „Krone“: „Bei soviel Geld muss man danach trachten, dass österreichische Firmen zum Zug kommen zu lassen, denn die zahlen hier Steuern und schaffen bei uns die Arbeitsplätze.“
Bei den Büromöbelherstellern sei etwa der Waidhofner Unternehmen Bene erwähnt, der hier über 1000 Mitarbeiter beschäftigt. Auch Neudörfler, Hali oder Blaha statten Büros mit österreichischen Möbeln aus. Reinhard Gleiss, Betriebsratsvorsitzender von Bene, sagt zur „Krone“: „Wir haben bei Ausschreibungen im öffentlichen Bereich, trotz höchster Qualität, kaum noch Chancen, weil unsere Lohnstückkosten jene von Mitbewerbern aus der Türkei oder Litauen zu Recht deutlich übersteigen.“ Man produziere und exportiere selbst von London bis Dubai. Doch öffentliche Stellen würden ihre Büroausstattung teils lieber anderswo einkaufen. „Daher braucht es Unterstützung seitens der Politik, um die Standortsicherung und den Klimaschutz in den Fokus zu rücken.“
EU verbietet Diskriminierung von Ländern
Wie eine Anschaffung teurerer Möbel mit der Budgetvorgabe vereinbar ist, 15 Prozent bei Sachaufwänden in Ministerien einzusparen, bleibt offen. Zudem könnte Blau-Schwarz bei dem Vorhaben Unionsrecht dazwischenkommen. Firmen aus anderen Ländern explizit auszuschließen, ist verboten und widerspricht den Prinzipien des EU-Binnenmarkts, stellt der Rechtsprofessor Walter Obwexer klar. Allerdings kann die öffentliche Hand bei Ausschreibungen mehr auf kurze Transportwege und Regionalität sowie Qualität und Nachhaltigkeit achten, wodurch heimische Firmen trotz höherer Preise eher zum Zug kommen. Das wäre ein gangbarer Weg, um am Ende mehr „Made in Austria“ zu erreichen, meint der Experte.
Die Pflastersteine aus dem weit entfernten Portugal oder Möbel aus der Türkei könnten dann nämlich wegfallen, wenn die Gewichtung in Ausschreibungen angepasst wird. Allerdings gilt auch bei Regionalität, dass diese grenzübergreifend verstanden wird: Für das Rathaus in Kufstein kann der Lieferant auch aus Bayern sein. Bei einem Waldviertler Auftraggeber zählt auch ein Produzent aus dem tschechischen Brünn als regional. Obwexer betont auch, dass Österreich vom Binnenmarkt sehr viel profitiert. Dieser sei aber keine Einbahnstraße, unsere Firmen wollen bei Aufträgen im Ausland ja ebenso zum Zug kommen und nicht diskriminiert werden. Außerdem könnte eine Benachteiligung ausländischer Firmen auch internationale Investoren abschrecken.
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