Eine Kennzeichnungspflicht könnte viel verändern. Doch es müssen alle Experten an den Tisch, damit Nutztiere wirklich bessere Lebensbedingungen bekommen, und nicht nur neue Schilder im Supermarktregal.
Schon mehrmals wurde in den letzten Jahren ein einheitliches System angedacht, um uns Konsumenten im Supermarkt eine aktive Entscheidungsmöglichkeit zu geben. Denn für viele Menschen ist das Sprichwort „Du bist, was du isst“ nicht nur eine Floskel, sondern sie interessieren sich wirklich dafür, unter welchen Bedingungen das Tier gelebt hat, von dem sie sich Fleisch oder Milch kaufen.
Die Frage ist: Will ich ein Steak von einem Rind essen, das sein ganzes Leben in einem geschlossenen Stall auf einem harten Vollspaltenboden verbracht hat? Oder bin ich bereit ein Bio-Produkt zu kaufen, das mir auf einen Blick zeigt, dass das Schwein auf Stroh liegen konnte und sogar ins Freie durfte.
Der Konsument wünscht sich mehr Transparenz
Eines ist klar: bessere Haltung kostet auch mehr Geld! Derzeit gibt es im Einzelhandel viele Tierwohl-Programme mit unterschiedlichen Siegeln, und genau das sorgt für Verwirrung. Was bedeutet welches Label? Viele Konsumenten blicken nicht mehr durch.
Ein einheitliches System würde endlich Klarheit schaffen. Wer zu Produkten aus besseren Haltungsbedingungen greifen will, soll das auf den ersten Blick erkennen können – ohne langes Rätselraten im Supermarkt. Mehr Transparenz bedeutet mehr bewusste Kaufentscheidungen – und eine Chance auf mehr Tierwohl.
Beim Nachbarn funktioniert es
In Deutschland gibt es bereits ein einheitliches System zur Haltungskennzeichnung. Dort ist klar erkennbar, wie ein Tier gehalten wurde – und das hat Konsequenzen. Produkte aus schlechteren Haltungsstufen werden immer öfter aus dem Sortiment genommen, während die Nachfrage nach tierfreundlicheren Alternativen steigt. Die Verbraucher entscheiden bewusster, und das verbessert langfristig die Bedingungen für die Tiere.
Auch in Österreich wäre das der einzig richtige Weg für die Zukunft. Denn die österreichische Lebensmittelproduktion kann nicht mit Masse punkten, dafür ist sie zu klein. Sie hat nur dann eine Chance, wenn sie auf allerhöchstem Qualitätsniveau produziert. Hier gehört die Tierhaltung ganz klar dazu. Um diese Qualität auch sichtbar zu machen, braucht es aber Transparenz – und dafür ist eine Haltungskennzeichnung unbedingt notwendig.
Neue Regierung muss es auf den Weg bringen
Doch trotz aller Ankündigungen der letzten Regierung kann man sämtliche Vorstöße als „gut abgehangen“ bezeichnen, denn wirklich passiert ist seitens der handelnden Akteure wenig. Bereits im Jänner des Vorjahres wurde vom Gesundheitsministerium eine Consulting-Firma damit beauftragt, ein Konzept auszuarbeiten.
Im ersten Halbjahr 2024 wurden die Ergebnisse präsentiert – doch danach stagnierte der Prozess erneut. Und so steht nun die nächste Regierung vor der Herausforderung, ein System zu entwickeln, das den Bedürfnissen der Landwirtschaft, der Konsumenten und der Tiere gerecht wird. Keine leichte Aufgabe, denn das Thema Tierhaltung ist sehr komplex und könnte zwischen SPÖ und ÖVP für Spannungen sorgen.
Harter Preiskampf
In Österreich ist die Landwirtschaft kleinstrukturiert. Unsere Bauern haben nur eine Überlebenschance, in dem sie hochwertig produzieren. Durch das Mercosur Abkommen geraten sie in einen noch härteren Preiskampf. Sie können gegen Kontinente wie Südamerika, in denen die Auflagen für Tierhaltung oder Pestizideinsatz nicht annähernd so hoch sind wie bei uns, nicht mithalten. Konsumenten und die großen Handelsketten (siehe Stimmen unten) fordern zu Recht Transparenz bei unseren Lebensmitteln.
Und es geht vor allem darum, unsere Bauern und die Wirtschaft zu stärken, aber auch die Wertschöpfung in unserem Land zu belassen. Bei jedem Griff ins Regal sollten die Österreicher genau daran denken!
Wir setzen uns für mehr Transparenz ein: Bis 2030 werden wir unser gesamt- es Frischfleisch-Sortiment auf tierwohlverbesserte Haltung umstellen. Bereits jetzt übererfüllen wir mit unseren Eigenmarken „Zurück zum Ursprung“ und „FairHOF“ die österreichischen Qualitätsmaßstäbe der Fleischproduktion in den Bereichen Nachhaltigkeit, Regionalität und Tierwohl.
Eine gemeinsame Haltungskennzeichnung in der Branche begrüßen wir. Wir sind jedoch nicht für den kleinsten gemeinsamen Nenner, sondern für ein gegenüber den Konsumenten glaubwürdiges und tragfähiges System. Dieses muss dem Kunden volle Transparenz über alle Haltungsklassen hinweg bringen.
Wir finden eine Haltungskennzeichnung wichtig. Daher sind wir von Anfang an Mitglied der Gruppe, die sich mit damit beschäftigt, wie eine solche freiwillige Kennzeichnung sinnvoll aussehen könnte. Das ist nicht ganz einfach, weil viele Anforderungen von Produzenten, Händlern und der Landwirtschaft unter einen Hut gebracht werden müssen.
Neben dem Ausbau des Tierwohlsortiments setzen wir uns aktiv für die Einführung eines freiwilligen, branchenweiten Haltungskompasses für tierische Lebensmittel ein. Wichtig ist, dass dieser einen echten Mehrwert bietet. Gerade zum Start soll er gleichzeitig die Wertschöpfungskette nicht überfordern.
Als Bauer weiß ich, wie meine Tiere leben – das erlebe ich jeden Tag hautnah mit. Als Konsument im Supermarkt weiß ich das oft nicht. Denn auf Lebensmitteln wie Fleisch oder Milch findet man zwar eine Vielzahl an Siegeln, was diese bedeuten, kann man als normalsterblicher Konsument aber nur erahnen. Deshalb brauchen wir unbedingt eine einheitliche Haltungskennzeichnung, mit der die Menschen auf einen Blick erkennen, wie das Tier hinter einem Lebensmittel gelebt hat.
Damit dürfen wir aber natürlich nicht unserer eigenen Lebensmittelproduktion schaden. Deshalb muss die Haltungskennzeichnung unbedingt auch für importierte Lebensmittel gelten. Sonst kann es passieren, dass die österreichische Wurst mit der niedrigsten Haltungsstufe neben der ungarischen Wurst ohne Kennzeichnung liegt – und zu welcher würden Sie dann greifen? Abgesehen davon bin ich überzeugt: Die Menschen haben Transparenz verdient, wenn es um Tierhaltung geht. Und wir Bauern haben es verdient, dass die Menschen auch erkennen, dass wir auf Tierwohl in der Haltung achten.
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