Kärnten Museum

„Wir hatten Angst. Viel Angst. Vor der Zukunft“

Kärnten
02.02.2025 16:04

„darüber sprechen“ konnten viele Überlebende lange nicht. 14 Zeitzeugen beleuchten Nationalsozialismus und Holocaust. Die gleichnamige Ausstellung im Kärnten Museum sollte jeder sehen. Lesen Sie hier berührende Einblicke in besondere (Über-)Lebensgeschichten.

„Am 11. November 1938 sammelten die Nazis Juden ein. Wir wussten, sie kommen auch zu uns. Wir hatten Angst. Viel Angst. Was würde die Zukunft bringen?“, erinnerte sich Richard Schoen in einem Videointerview, das in der Wanderausstellung „darüber sprechen“ von „erinnern.at“ derzeit im Kärnten Museum in Klagenfurt berührt. „Es klopfte an der Tür. Die SA hat meinen Bruder und mich geholt. Sie brachten uns in einen großen Raum mit 300 oder 500 Menschen. Irgendwann sagte mein Bruder laut: ,Was haben wir Juden falsch gemacht?’ Sie brachten ihn sofort weg. Ich wollte ihm helfen, wollte was sagen, aber mein Verstand sagte: Nein, es hilft nichts. Die bringen dann auch mich um. Das war das letzte Mal, dass ich meinen Bruder sah. Ich fühle mich heute noch oft schuldig“, erzählte Richard Schoen mit tränenerstickter Stimme.

14 (Über-)Lebensgeschichten von Zeitzeugen des Nationalsozialismus und Holocausts, die mittlerweile bereits gestorben sind, sind in Videos, Fotos und auf Texttafeln gesichert, um allen Nachkommenden eine Erinnerung an die Millionen Ermordeter und ein Mahnmal für die menschenverachtenden Geschehnisse zu sein.

Die Ausstellung „darüber sprechen“ versteht sich als Türöffner für Themen aus der Zeit dieser Diktatur. So erinnert sich Jehudit Hübner an Antisemitismus in der Schule: „Ich habe wenig gefrühstückt, daher aß das Mädchen, das neben mir saß, immer mit. Und ich sagte ihr ein, wenn sie im Unterricht eine Antwort nicht wusste. Eines Tages aber sagte sie plötzlich: Du bist Jüdin! Ich kann nicht neben dir sitzen!“

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,Jude‘ wurde auf unser Schaufenster geschrieben. Und davor stand ein SA-Mann und fragte potenzielle Kunden: ,Wissen Sie, dass das ein Judengeschäft ist? Wollen Sie da wirklich hineingehen?‘

Dorli Neale erinnert sich an ihre Kindheit, als ihre Eltern ein Bekleidungsgeschäft führten

Im Widerstand war Elisabeth Jäger aktiv; sie erinnert im Video an die demütigende Aufnahmeprozedur im KZ: „In Ravensbrück wurden uns alle Körperhaare abrasiert. Sie nahmen mir meinen Namen, ich bekam eine Nummer. 68393. So musste ich mich fortan melden.“

„Sichtbare Erinnerung – Erinnerungszeichen für Opfer des NS-Regimes in Kärnten/Koroška“ von Nadja Danglmaier – Eine Dokumentation von 250 Erinnerungszeichen an Widerstand und Verfolgung im NS-Regime in Kärnten/Koroška und zugleich der Entwicklung der Erinnerungskultur von 1945 bis heute. Die Publikation ist im Shop des kärnten.museum in Klagenfurt erhältlich. (Bild: StudienVerlag)
„Sichtbare Erinnerung – Erinnerungszeichen für Opfer des NS-Regimes in Kärnten/Koroška“ von Nadja Danglmaier – Eine Dokumentation von 250 Erinnerungszeichen an Widerstand und Verfolgung im NS-Regime in Kärnten/Koroška und zugleich der Entwicklung der Erinnerungskultur von 1945 bis heute. Die Publikation ist im Shop des kärnten.museum in Klagenfurt erhältlich.

250 Erinnerungszeichen an Widerstand und Verfolgung in Kärnten
„Sichtbare Erinnerung – Erinnerungszeichen für Opfer des NS-Regimes in Kärnten/Koroška“ heißt das Buch von Nadja Danglmaier, das im Kärnten Museum in Klagenfurt erhältlich ist. Auf 348 Seiten dokumentiert die Autorin 250 Erinnerungszeichen an Widerstand und Verfolgung im NS-Regime in Kärnten/Koroška – Gedenktafeln, Straßenbezeichnungen, künstlerische Interventionen – und macht damit die Entwicklung der Erinnerungskultur von 1945 bis in die Gegenwart nachvollziehbar. 

Bis 16. Februar im Kärnten Museum
Die Ausstellung, die bis 16. Februar bei freiem Eintritt äußerst empfehlenswert ist, stimmt nachdenklich, macht betroffen und traurig, ist aber auch tröstlich, wenn etwa David Weiss im Videointerview sagt: „Ich hatte Hassgefühle, natürlich. Viele aus meiner Familie wurden in Auschwitz ermordet. Aber wenn ich jemanden treffe, der einen Namen hat, mit dem ich reden kann, dann frage ich mich immer: Können wir was Gemeinsames finden? Und dann spüre ich: Nein, ich hasse dich nicht.“

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