Der Asylantrag Snowdens sei am Montagnachmittag bei der österreichischen Botschaft in Moskau eingebracht und anschließend weitergeleitet worden, erklärte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vor dem Ministerrat am Dienstag. Mikl-Leitner betonte allerdings, dass ein solcher Antrag eigentlich nur direkt im Land gestellt werden kann und nicht über die Botschaft. Snowden hat also keinen formal korrekten Antrag gestellt.
Innenministerin: "Keine sofortige Abschiebung"
Auf die Frage, ob Österreich Snowden - gesetzt den Fall, er würde ins Land einreisen - abschieben würde, meinte die Innenministerin, dass dies nicht passieren würde: "Es liegt kein internationaler Haftbefehl vor." Den Vorstoß von Grünen-Chefin Eva Glawischnig, dass Österreich dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Asyl gewähren sollte, kommentierte Mikl-Leitner folgendermaßen: "Ich halte nichts von politischen Zurufen." Die Asylbehörde bzw. der Asylgerichtshof seien dafür zuständig und träfen in einer solchen Angelegenheit eine Einzelfallentscheidung.
Abstimmung in der Infobox: Soll Snowden Asyl in Österreich bekommen?
Erst am Montag hatte Glawischnig politisches Asyl für Snowden gefordert: "Für den Aufdecker des US-Abhörskandals, Edward Snowden, sollte es in Österreich oder einem anderen EU-Staat Asyl geben", meinte Glawischnig zur "Krone". Snowden, derzeit Amerikas Staatsfeind Nummer eins, müsse "vor Verfolgung geschützt werden", erklärte die Bundessprecherin der Grünen.
Zu den Spionage-Vorwürfen seitens der USA an sich meinte Mikl-Leitner am Dienstag, dass nach "derzeitigen Informationen" keine Abhöraktionen in Österreich stattgefunden hätten. Die gemeinsam mit Deutschland angeforderten Informationen sollten innerhalb der nächsten Wochen eintreffen. "Je rascher, desto besser", sagte die Ministerin.
Russischer Offizier übergab Schreiben an 19 Staaten
WikiLeaks zufolge wurden Schreiben mit Asylbegehren an Snowdens derzeitigem Aufenthaltsort auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo an einen russischen Offiziellen übergeben, der die Schriftstücke an die jeweiligen Botschaften weiterreichen sollte. Unter den 19 Staaten, in denen Snowden nun um politisches Asyl angesucht hat, finden sich neben Österreich unter anderem Ecuador, Deutschland und die Schweiz.
Russland befindet sich mittlerweile nicht mehr unter den Wunschdestinationen Snowdens. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zufolge habe der 30-Jährige seinen Asylantrag zurückgezogen. Grund seien die von Präsident Wladimir Putin genannten Asylbedingungen (siehe Infobox).
USA üben Druck auf Staaten aus: "Snowden sofort ausliefern"
Indes versucht die US-Regierung, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um an Snowden zu gelangen. Mit einem diplomatischen Schreiben, das in ungewöhnlich scharfem Ton gehalten ist, verlangen die USA die sofortige Auslieferung des Ex-Geheimdienstmitarbeiters.
Die US-Botschaft müsse sofort benachrichtigt werden, wenn Snowden im Anflug sein sollte, zitierte die "Presse" in ihrer Dienstagsausgabe aus dem Schreiben. Demnach "verlangen" die Amerikaner, dass die betreffenden Behörden Snowden in die USA zurückschicken, ganz egal, ob per Ausweisung, Deportation, Einreiseverweigerung oder durch andere Rechtsmittel.
Scharfe Kritik an US-Regierung: "Staatsbürgerschaft als Waffe"
Unterdessen übte der EX-Geheimdienstmitarbeiter in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme seit seiner Flucht nach Russland scharfe Kritik an den Vereinigten Staaten. In einer am Montagabend auf WikiLeaks veröffentlichten Erklärung warf er der US-Regierung "Täuschung" vor und bezeichnete sich angesichts seiner für ungültig erklärten Papiere als "staatenlos".
Snowden warf der US-Regierung vor, "Staatsbürgerschaft als Waffe" einzusetzen. Ohne eine gerichtliche Anordnung sei sein Pass annulliert worden. Außerdem sei er seines "Grundrechts auf Asyl" beraubt worden. Snowden hielt der US-Regierung außerdem vor, letztlich nicht vor ihm Angst zu haben, sondern "vor einer informierten, verärgerten Öffentlichkeit, die jene rechtsstaatliche Regierung fordert, die ihr versprochen wurde".
Lobend äußerte er sich in einem Brief über Ecuador. Es gebe nur wenige Staatsführungen, "die es riskieren, sich für die Menschenrechte eines Einzelnen einzusetzen und sich gegen die mächtigste Regierung der Welt zu stellen", hieß es in dem auf Spanisch geschriebenen Brief. "Der Mut von Ecuador und seinem Volk ist ein Beispiel für die ganze Welt."
US-Außenamt: "Snowden hat Recht auf fairen Prozess"
Der Sprecher des US-Außenministeriums, Patrick Ventrell, sagte unterdessen in Washington, Snowden sei noch immer ein US-Bürger und habe daher auch "das Recht auf einen freien und fairen Prozess für die Verbrechen, die ihm zur Last gelegt werden". Er wies Vorwürfe, die USA würden den 30-Jährigen im Stich lassen, zurück. Die Regierung könne Snowden jederzeit ein Dokument zur Einreise in die USA ausstellen.
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